Sarah Lehner führt ihren Barbershop Kopfsache in Kremsmünster | Credit: Michael Gärtner Fotografie

21.12.2023

Absage innerhalb 24h vor Termin kostet vollen Preis

Sarah Lehner entschied sich, ihren gut funktionierenden Salon für einen Barber-Shop aufzugeben. Dafür holte sie ihren Mann, der davor Bauleiter war, in ihren Salon, und das erfolgreich, mit Regeln, an die sich die Kundschaft halten muss.

Sarah Lehner, Kopfsache, im Interview mit Juliane Krammer

Sarah, du führst einen Barber-Shop, warum?
SL:
Ich habe bereits in meiner Lehre die Liebe zum Herren-Service entdeckt. Schon als Lehrling hatte ich fixe Kunden, die ausschließlich von mir die Haare geschnitten bekommen wollten. Ich bin schon immer sehr direkt, war nie schüchtern und mit den männlichen Kunden war ich immer auf einer Wellenlänge.

Und nach der Lehre hast du dich dazu entschlossen, einen Barber-Shop zu eröffnen?
SL:
Ganz und gar nicht. Vor 10 Jahren habe ich das Geschäft gekauft und drei Jahre lang war das ein klassischer Friseur-Salon, mit 4 Angestellten und immer ausgebucht. Vor acht Jahren, als das Thema Bart so langsam bei uns aufschlug, sah mein Mann – damals schon mit Bart – einen Mangel an Bartpflegeprodukten. Gemeinsam setzten wir einen Onlineshop, spezialisiert auf Bartpflege, um.

Wie entschließt man sich, vom gutgehenden klassischen Friseur-Salon zu trennen, um einen Barbershop zu eröffnen?
SL:
Auf Rockabilly-Events oder auch Tattoo-Conventions stellten wir unsere Bartpflege-Produkte vor und immer mehr Interessierte kamen mit uns ins Gespräch wollten wissen, ob sie in meinen Salon zum Bartservice kommen können. Ich hatte aber keine Kapazitäten. Im Spaß sagte ich zu meinem Mann Andi, dass er das Barber-Handwerk erlernen muss, um diese Sparte zu bedienen. Er war damals Bauleiter bei einer Dachdecker-Firma, aber nach wiederholten Anfragen von potenziellen Kunden, probierten wir es aus.

Wie wird ein Bauleiter zum Top-Barber?
SL:
Andi war jeden Tag nach der Arbeit noch 3h bei mir im Salon und dort lernte ich ihm das Herren-Handwerk. So lief das fast ein ganzes Jahr. Den Abschluss machte er in Rotterdam bei Schorem, einer Oldschool Barber Academy. Jetzt führen wir gemeinsam Kopfsache und den Onlineshop.

Was ist aus deinem alten Salon geworden?
SL:
Von dem habe ich mich getrennt, um mich mit Andi voll und ganz auf Kopfsache inklusive Schulungen sowie unseren Online-Shop zu konzentrieren. Außerdem sind wir erfolgreich mit ASMR-Videos und ► verdienen mit Barber-Shop Geräuschen Geld.

Wieviel zahlt Mann durchschnittlich pro Besuch?
SL:
Das ist unterschiedlich. Es ist keine Seltenheit, dass das große Relax Treatment um 300 Euro gebucht wird. Haarschnitt und Bartservice kosten 85 Euro, ein Haarschnitt ohne Waschen 46 Euro. Kunden kommen im Normalfall alle 4-5 Wochen wieder.

Warum habt ihr euch für eine Cash only Bezahlung entschieden?
SL:
Uns ist es unglaublich wichtig, das Bargeld zu behalten und es physisch in der Hand zu haben.

"Wir lieben unseren Beruf und wir stehen im Salon, weil es kein Hobby ist, sondern weil ich damit meinen Lebensunterhalt bestreite. Das muss die ganze Branche verstehen, nur so kann die Wertigkeit der Arbeit besser werden."

Bis 24h vor Termin ist die Stornierung kostenlos. Wieviel müssen Kunden bei zu später Absage oder Nichterscheinen zahlen?
SL: 100 %! Es kommt vor, dass sich jemand um eine halbe Stunde vertan hat und zu spät in den Salon kommt. Die Summe wird dann trotzdem voll gezahlt. Wer nicht persönlich vorbeikommt, erhält per Mail eine Rechnung. Die Kontaktdaten haben wir, weil sich jeder mit einem Kundenkonto registriert. Haarservice ist eine One on One Dienstleitung, wenn mein Kunde nicht da ist, verdiene ich kein Geld. Wir lieben unseren Beruf und wir stehen im Salon, weil es kein Hobby ist, sondern weil ich damit meinen Lebensunterhalt bestreite. Das muss die ganze Branche verstehen, nur so kann die Wertigkeit der Arbeit besser werden.

Was hättest du gerne zu Beginn deiner Ausbildung gewusst?
SL:
Es ist wichtig, dass man sich seine eigene Persönlichkeitsmarke aufbaut und sich selbst verkaufen muss. Eigen-Marketing ist das Um und Auf. Man soll zeigen können: Das sind meine Arbeiten, das ist mein Wert, das kann ich, … mit Social Media ist das heutzutage sehr einfach.

"Schau, dass deine Fähigkeiten so sind, dass du den Kunden nach jetzigen Standards zufriedenstellen kannst."

Wo siehst du die Zukunft der Friseur-Ausbildung?
SL:
In den Berufsschulen muss sich viel tun und wenn das nicht passiert, dann wird es für die Branche schwierig. Zu viele Lehrlinge können nicht das vorweisen, was in der heutigen Zeit relevant ist. Nach ihrer Ausbildung sind sie zwar am Blatt fertig, aber sobald sie in einen Salon wechseln, der nach jetzigen Standards arbeitet, können sie nicht mithalten. Als Betrieb musst du noch einmal von vorne beginnen, sie auf deinen Stand zu bringen. Wir sind immer noch die kreativste und innovativste Branche am Beauty Markt, dass man in der Berufsschule immer noch nicht lernt, wie man einen Verlauf mit der Maschine schneidet, dafür aber wie man Wellen legt, ist doch Irrsinn. Dass man Fertigkeiten lernen muss, ist logisch, aber neben der Haarschneide-Schere gibt es im Jahr 2023 viele andere Faktoren. Die Berufsschule bildet noch immer für den Kunden vom Jahr 2000 aus – es ist jetzt aber 23 Jahre später. Folgendes ist wichtig: Schau, dass deine Fähigkeiten so sind, dass du den Kunden nach jetzigen Standards zufriedenstellen kannst.

Danke Sarah, für das spannende Gespräch und alles Gute für die Zukunft.