28.04.2021

Die Pflicht des Arbeitgebers zur Testbereitstellung

Wozu einer Seite eine Pflicht auferlegen, wenn die andere Seite diese nicht annehmen muss? Das alte Spiel: Persönlichkeitsrechte versus Datenschutz versus Arbeitsschutz…

Diese Woche hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die Corona Arbeitsschutzverordnung ergänzt mit den Worten: „Das Infektionsgeschehen bleibt besorgniserregend. Der Schutz der Beschäftigten muss weiter gewährleistet sein. Für Tätigkeiten vor Ort gelten weiter Abstand, Lüften, Maskentragen. Hinzu kommt jetzt eine Pflicht für Betriebe, Tests anzubieten.“

Freilich macht er es sich damit einfach, denn den Arbeitgeber nimmt er in eine Pflicht, Mitarbeiter werden entpflichtet, dabei sollte es doch um mehr gehen, nämlich den Schutz der KollegInnen und der KundInnen!

Das sagt die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung

„Alle Betriebe, Einrichtungen und Verwaltungen, deren Beschäftigte nicht im Homeoffice arbeiten, haben die Pflicht, jeder und jedem ihrer Beschäftigten mindestens einmal in der Woche einen Test (PCR-Test oder professionell/selbst angewendete Antigen-Schnelltests) anzubieten, welcher möglichst vor der Aufnahme der entsprechenden Tätigkeit wahrgenommen werden sollte. Die Kosten für die Tests haben Arbeitgeber*innen im Sinne des Arbeits­schutzgesetzes zu tragen.

Besteht ein tätigkeitsbedingt erhöhtes Infektionsrisiko, beispielsweise durch eine Vielzahl von Personenkontakten oder wenn geltende Schutzmaßnahmen nicht eingehalten werden können, so muss jede*r Beschäftigte mindestens zweimal pro Woche ein Testangebot vom Arbeitgeber erhalten.“

Dies ist im Rahmen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung verankert, wurde am 13.4. im Bundeskabinett beschlossen und trat mit 20.4. 2021 in Kraft.

Eine Testpflicht für ArbeitnehmerInnen gibt es nur bedingt

Für Friseurunternehmer bedeutet das:
Beschäftigten müssen verpflichtend Coronatestangebote gemacht werden! Als körpernaher Dienstleister, z.B. Friseure, mit regelmäßigem Kundenkontakt sind 2 Testangebote pro Woche vorgeschrieben.

Rechtsexperten sind sich weitestgehend einig, dass es aktuell keine Rechtsgrundlage gibt, Mitarbeiter zum Testen zu verpflichten.

Berlin und Bremen legen sich da schon klarer fest

Bremen: „Eine echte Testpflicht dient dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht im Homeoffice arbeiten können«, begründete Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) die Entscheidung, ►bereits ab dem 10. Mai die Corona Testpflicht in Unternehmen einzuführen

Berlin: Friseurunternehmer und ihre MitarbeiterInnen müssen sich zweimal pro Woche testen lassen, das gilt für Selbständige und deren Beschäftigte.
ArbeitnehmerInnen, die körperlichen Kontakt zu Kundinnen und Kunden oder sonstigen Dritten haben sind verpflichtet, dieses Angebot zweimal pro Woche wahrzunehmen. Diese Pflicht gilt in privaten und öffentlichen Arbeitsstätten und damit auch für Mobilfriseure, Sessionstylisten, etc.

Aktuell prüfen auch alle anderen Bundesländer die dahingehende Erweiterung regionaler Arbeitsschutzverordnungen.

Im Verdachtsfall Coronatest Anordnung möglich

Kann ein Arbeitgeber zum KundInnen- und Mitarbeiterschutz Tests von seinen Mitarbeitern verlangen?

Juristen betonen, dass ein Coronatest einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt und dadurch zusätzlich sensible Gesundheitsdaten (Datenschutz) verarbeitet werden.

Sollte jedoch ein Mitarbeiter coronatypische Symptome wie Husten oder Fieber haben, dann könnte das Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung eines Tests die arbeitnehmerseits betroffenen Grundrechte überwiegen, also eine eindeutige Ansteckungsgefahr für KollegInnen und KundInnen bestehen, damit könnte eine Testanordnung rechtens sein.

Aktuelle Juristische Lage

Freilich sind das viele ‚sollte‘ und ‚könnte‘! Juristisch beantwortet diese Fragen derzeit auch niemand eindeutig und verweist auf die noch ungenügende Datenlage von Seiten des Bundesarbeitsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht musste sich damit auch noch nicht beschäftigen, somit gibt es noch keine Urteile und keine Präzedenzfälle.

Das große Dilemma

Einerseits ist ArbeitgeberIn für den Arbeitsschutz zuständig und muss dabei alle Beschäftigten im Blick haben. Zudem ist Friseur als körpernaher Dienstleister auch zum Kundenschutz verpflichtet.

ArbeitnehmerInnen können wiederum auf ihr Persönlichkeitsrecht und den Schutz ihrer sensiblen Daten pochen. Seit der DSGVO wird die Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten besonders beachtet.

Mit der Corona-Notbremsen Verordnung hätte die Testpflicht umgesetzt werden können, an dieses Gesetz traut man sich jedoch nicht heran. Schon jetzt gibt es zu viele Angriffspunkte in der in Kraft getretenen Notbremsenverordnung.

Arbeitgeber Bashing

Und wäre diese Auflagen-Unsinnigkeit noch nicht genug, hört man plötzlich aus Politiker- wie auch Gewerkschaftskreisen „Unternehmen müssten endlich einmal ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bei der Pandemieeindämmung nachkommen,“ da stellen sich einem schon ordentlich die Nackenhaare auf.

Dagegen wehrt sich im Übrigen auch der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZdH), Hans-Peter Wollseifer und betont: „… das trägt Züge eines pauschalen Bashings, ist unangebracht und entspricht in keiner Weise dem tatsächlichen Engagement unserer Handwerksbetriebe. … Testungen können allenfalls ein flankierendes und überbrückendes Instrument zur Pandemiebekämpfung sein. Entscheidend ist und bleibt die Impfung.“

Wer zahlt den Spaß?

Schon distanzieren sich erste Instanzen verantwortlich dafür zu sein, die Kosten zu tragen. Für einen Unternehmer bedeutet das indessen eine ordentliche Investition, solange die entsprechenden Tests nicht gratis zur Verfügung gestellt werden. Dies hat Österreich im Übrigen vorbildlich geschafft. Testmöglichkeiten werden bundesweit, flächendeckend und unbegrenzt gratis allen Personen mit österreichischer E-card zur Verfügung gestellt.  Hoffen wir, dass das auch in Deutschland bald kommt, denn Friseurunternehmen tragen längst einen großen Batzen aller Auflagen.

Einzige Lösung

Gut für jene UnternehmerInnen, die ein gutes Arbeitsklima leben und ein vertrauensvolles Verhältnis mit ihren Teams haben. Dort gibt es weitestgehend keine Problemen. Die meisten Rückmeldungen zeigen, dass Mitarbeiter sich gerne Testen und sich ihrer Verantwortung KundInnen und KollegInnen gegenüber voll bewusst sind.

Welche Tests gelten?

Welcher Test dabei gefordert wird, ein PCR-Test bzw. Antigen-Schnelltest erforderlich ist oder ob ein Selbsttest ausreicht, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.

Das BGW empfiehlt:

  • Point-of-Care-Antigen-Schnelltests (Schnelltest)
  • Antigen-Schnelltests zur Eigenanwendung durch Laien (Selbsttest)