Cristian Canthal, Geschäftsführer Kao Salon Divison DACH und CZ | Credit: Kao Salon Division

12.12.2023

"In der Krise ist erfolgreiches Unternehmertum gefragt. Dafür braucht es einen fairen Rahmen, der heute nicht gegeben ist"

Die Politik muss ein faires Wettbewerbsumfeld schaffen, fordert Kao. Dazu gehören eine einheitliche Mehrwertsteuer, die Bekämpfung von Schwarzarbeit und eine Deregulierung. Außerdem müssen Betriebe, die ausbilden, unterstützt werden.

Geht es dem Friseur schlecht, geht es der Industrie schlecht. Wir sitzen alle in einem Boot, gemeinsam kämpfen wir für eine gerechte und sichere Zukunft für das Friseurhandwerk.

Beim großen Zukunftskongress am 15.1.2024 ist Kao wichtiger Partner, um #NeueWegeFriseurHandwerk zu diskutieren und zu finden. Dafür werden wir am  ► Zukunftskunftskongress politisch.

imSalon fragt Cristian Canthal, Geschäftsführer von Kao Salon Division DACH, zur Zukunft des Friseurhandwerks 

imSalon: Welche Hilfe benötigen Friseure, ihre Kunden, aktuell am dringendsten?
Cristian Canthal:
Aus dem engen Austausch mit unseren Kundinnen und Kunden werden uns immer wieder zwei Themen als besonders drängend zurückgespielt. Das eine ist die Mitarbeitergewinnung und die langfristige Bindung an das Unternehmen. Das andere ist die Tatsache, dass Inflation und Krisen die Kosten steigen lassen.

Mit weniger Mitarbeitenden und steigenden Kosten, kann man nur wirtschaftlich arbeiten, wenn es gelingt den Umsatz pro Salonkundin* zu erhöhen. Aus Marktforschungsstudien wissen wir, dass sehr viele Menschen gerne bereit sind, mehr für Schönheit und besseres Aussehen auszugeben. Und es gibt kaum eine andere Dienstleistung, bei der eine positive Veränderung so unmittelbar sichtbar und erlebbar ist wie nach einem Haarschnitt oder einer Farbveränderung im Salon. Wenn die Beratungskompetenz und die Servicequalität passen, sollte es möglich sein, einen höheren Preis zu verlangen. In dieser großartigen Branche haben wir die richtigen Voraussetzungen und genug Unternehmertum, um aus eigener Kraft Veränderungen herbeizuführen und gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

Allerdings können Friseuruntermehmerinnen* nur dann erfolgreich unternehmerisch tätig sein, wenn es faire Wettbewerbsbedingungen für alle gibt. Das ist heute leider nicht unbedingt der Fall. Die Politik muss ein faires Wettbewerbsumfeld schaffen. Dazu gehört u.a. eine einheitliche Mehrwertsteuer, die Bekämpfung von Schwarzarbeit und eine Deregulierung. Außerdem müssen Betriebe, die heute noch ausbilden, unterstützt werden.

Wo sehen Sie den dringendsten Handlungsbedarf, wenn Sie an die Zukunft der Branche denken?
CC: 
Alle in der Friseurbranche aktiven Marktteilnehmer* müssen den Umstand akzeptieren, dass wir uns in einer Phase der Transformation befinden, die auch noch weiter anhalten wird.  

Auch wenn Endverbraucher grundsätzlich bereit sind, mehr für Schönheitsveränderungen auszugeben, so handeln auch diese rational. Solange es am Markt genug günstigere Angebote gibt, gibt es keinen Grund, warum jemand für die gleiche Leistung mehr Geld bezahlen sollte. Von 80.000 Salonunternehmen am Markt sind 30.000 steuerbefreit. Das schafft eine Ungleichheit und einen Kostenvorteil von 20%. Dazu kommt eine zunehmende Zahl an Schwarzarbeiten. Das macht es den redlichen Salonunternehmern schwer, ihre Preise zu erhöhen.

Die Konsequenz ist, dass sie dadurch nicht in der Lage sind, ihren Mitarbeitenden faire Löhne zu bezahlen. Sehr viele können nur den Mindestlohn bieten. Das verstärkt den Mitarbeitermangel und macht den Beruf für viele Berufseinsteiger unattraktiv – vor allem für die mit höheren Qualifikationen. Wir hatten im letzten Jahr 20% weniger Azubis in der Branche.

Dazu kommt, dass sich in der Situation viele dafür entscheiden, sich zu verkleinern oder allein zu arbeiten. Im Durchschnitt liegt die Zahl der Mitarbeitenden pro Salon in Deutschland bei 1,5. Da ist es gar nicht mehr möglich, Nachwuchs auszubilden.

Wir sollten alles dafür tun, dass sich die Ausbildung für die Auszubildenden und für die Ausbilder lohnt. Betriebe, die ausbilden, brauchen mehr Unterstützung. Außerdem muss der Beruf wieder attraktiver für Menschen mit höheren Schulabschlüssen gemacht werden.

In Deutschland tendieren wir oft dazu, das Glas halb leer zu sehen. Wir brauchen in dieser tollen Branche wieder ein positives Narrativ. Sie hat alles, um sich in großen Stücken aus eigener Kraft zu verändern. Wir müssen uns manchmal einfach mehr zutrauen und das in den Vordergrund stellen, was den Beruf einzigartig macht.

Friseurin* gehört zu den Empathie-Berufen. Der Besuch im Salon ist so viel mehr als eine Dienstleistung. In Zeiten von Digitalisierung und Technisierung sehnen sich mehr Menschen sich nach persönlicher Interaktion und Beratung. In einer Umfrage, die wir 2022 zusammen mit YouGov durchgeführt haben, haben zwei Drittel der Befragten angegeben, dass sie zum Friseur gehen, um sich selbst etwas Gutes zu tun. 60 Prozent fühlten sich nach dem Besuch selbstbewusster. Diese soziale und gleichzeitig psychologische Komponente ist ein Ass, das noch viel stärker gespielt werden kann. Hier liegt großes Potenzial.

Es gibt so tolle Beispiele von Unternehmerinnen* und Friseurkarrieren. Friseurinnen* können alles sein: Unternehmerin*, Artist, Handwerkerin*, Trainerin*. Über diese Karrieren und Persönlichkeiten sollten wir mehr berichten, um den Beruf wieder in das Licht zu rücken, das er verdient.

Für die Zukunft ist es wichtiger denn je Qualität und Kompetenz auszubauen und parallel zu schauen, wie man die Beratungskompetenz von Friseurinnen* gleichermaßen steigert. Wer das im Griff hat, wird auch weniger Probleme haben, faire Preise für seine Dienstleistungen im Salon zu verlangen.

Mit welchen Initiativen begleitet ihr Unternehmen den Friseur ins Jahr 2024?
CC:
Wir als Industrieunternehmen versuchen alle unsere Kundinnen* bestmögliche dabei zu unterstützen, unternehmerisch erfolgreich zu sein und den Umsatz pro Kundin* zu steigern.

Wir bieten einzigartige, qualitativ hochwertige Produkte, wie z.B. unsere Premium-Haarfarbe ELUMEN, die einzige permanente Haarfarbe ohne Oxidation, die das Haar nicht schädigt – eine Eigenschaft, für die viele Verbraucherinnen bereit sind, mehr zu bezahlen.

Darüber hinaus setzen wir setzen weiterhin auf ein ►erstklassiges Aus- und Weiterbildungsangebot, das sich auf die fachliche und betriebswirtschaftliche Weiterbildung konzentriert. Unser Seminarprogramm 2024 ist darauf ausgelegt, alle Bedürfnisse abzudecken – von Beratung bis Balayage. Es gibt einige neue Formate im Programm, die sich konkret an ausbildende Betriebe richten, wie z.B. das Seminar Azubi Star.

Wenn es um das Thema Positionierung und Alleinstellungsmerkmale geht, setzen wir neben unserer Farbkompetenz künftig noch stärker auf das Zukunftsthema Nachhaltigkeit, indem wir unsere Salonpartnerinnen* in eine nachhaltigere Salon-Zukunft zu begleiten.

In Österreich haben wir zusammen mit dem Arbeitsmarktservice Traun und AV Control GmbH die Initiative ►Beauty Assitent*in ins Leben gerufen, um Seiteneinsteiger für die Branche zu begeistern, und mehr Nachwuchs an unsere Salonpartnerinnen* vermitteln zu können. Eine Idee, die wir mit der Unterstützung der Politik sicher auch nach Deutschland bringen können.

Ich sehe uns auch in der Rolle des Vermittlers. Es gibt so viele tolle Erfolgsgeschichten und Salonunternehmerinnen* in unserer Branche. Wir bieten Plattformen zum Networking und Austausch, wie z.B. den Kao Salon Dialog oder die Marketing- und Business Clubs. Dort können wir die positiven Beispiele für ein Handwerk mit Zukunft (neue Arbeitszeitmodelle bis hin zu erfolgsbasierten Gehaltsmodellen) innerhalb unseres Kao Salon Netzwerks mit mehr Leuten teilen. Die Stärke unserer Branche liegt in der Gemeinschaft.

Vielen Dank an Cristian Canthal und Kao für die wertvolle Unterstützung! Am 15.1.2024 kämpfen wir gemeinsam für die Zukunft der Friseurinnen und Friseure, seid dabei beim ► Zukunftskongress!