C: Mit freundlicher Genehmigung von Roberto Laraja

04.06.2021

Roberto Laraia: Gesetze haben wir genug, es fehlt die Exekutive

Was nützen Regeln, wenn sich manche nicht daran halten? Zum Glück sind Friseure Botschafter im Einhalten der Hygienemaßnahmen, aber leider gibt es Schwarze Schafe im Billigsektor...

Gerne würde Salonunternehmer und Obermeister Roberto Laraia ein Exempel statuieren. Über diese und andere spannende Herausforderungen in der Innungsarbeit erzählt Roberto Laraia im Gespräch mit Raphaela Kirschnick.

Herr Laraia, wie läuft es aktuell in Baden-Württemberg mit der Testpflicht?
Roberto Laraia:
Die Testpflicht ist weg, außer in einzelnen Landkreisen. Bei uns in Reutlingen liegen wir bei 35, das ist natürlich spitze. Aber es entscheidet jeder Landkreis für sich. Dabei darf man nicht abschärfen, aber verstärken.

Sie haben 2 Salons, Reutlingen und Tübingen, erlebt man da lokale Unterschiede?
RL:
Ja, Tübingen war ja ein frühes Pilotprojekt mit Testpflicht, dafür hatte aber auch alles offen. Das war bisweilen unglücklich, weil Kunden, die weniger zum Testen bereit waren, dann nach Reutlingen fuhren.  Insgesamt lief es in Tübingen aber schon wunderbar, denn da hatte ja auch alles andere geöffnet. Man merkt schon, wenn nur der Friseur offen hat, ist die Motivation nicht ganz so groß, das ist jetzt zum Glück besser.

Wie gehen heute die Kunden mit der Situation um?
RL:
Zu Beginn, sehr zurückhaltend. Das hat sich jetzt komplett geändert, man geht bei niedrigen Inzidenzen und jetzt, wo alles andere wieder geöffnet hat, auch wieder lieber zum Friseur. Gut, wenn sich bald noch mehr lockert.

Sie sind Obermeister der Reutlinger Friseurinnung – wie haben Sie sich eingesetzt
RL:
Die ersten Wochen nach dem Lockdown im März waren böse, da haben wir als Verband ordentlich gepocht und das ist uns auch gelungen, es wurde alles besser.

Was war für Sie besonders?
RL:
Alle meine Mitarbeiter habe ich den Rot-Kreuz-Kurs machen lassen, das war einfach mal was ganz anderes, das hat Spaß gemacht, das ist doch etwas Gutes. Nun testen sich Mitarbeiter fleißig weiter und wenn Kunden wollen, dann können sie auch einen Selbsttest durchführen.

"Wir haben eine Hygiene-Sau!"

Wie verrechnen Sie all die Ausgaben?
RL:
Wir haben eine Hygiene-Sau! Unsere Kunden sehen den Mehraufwand und das wir dafür nichts verrechnen, die schmeißen dann gerne etwas ins Schweinchen. Das wird dann mit den Mitarbeitern verbraten. Aber natürlich fangen wir auch einen Teil dank der Überbrückungshilfe 3 auf.

Benutzen Sie die Luca App?
RL
: Ja, seit dem ersten Tag, auch hier waren Friseure ja die Vorreiter, andere Dienstleister waren ja noch zu. Wir haben vielen unserer älteren Kundinnen geholfen die App aufs Handy zu laden, die haben sich so über diesen Service gefreut. Die App benötigt man ja auch für Gastro und so waren die Damen nun vorbereitet und hatten ihren Männern was voraus.

Welche Lockerungen erwarten Sie als Nächstes?
RL:
Ich denke, als Nächstes wird die Nachverfolgung gelockert, aber das ist bei uns ja eh kein Problem, da wir ja Terminieren. Eher bei den Billigfriseuren, aber da habe ich wenig Mitleid. Ich fände es gut, wenn die Terminierung bleiben würde.

Wie sieht es mit der Billigszene und Kontrollen aus?
RL:
Wenn ich mit dem Fahrrädle durch die Straßen fahre und sehe, dass in solchen Läden keine Masken getragen werden, dann ärgere ich mich schon. Als Innung haben wir uns diesbezüglich bereits im Lockdown mit dem Bürgermeister zusammengesetzt und darauf aufmerksam gemacht. Die haben daraufhin im März ordentliche Grundkontrollen gemacht, da sind einige herausgepickt worden und werden auch noch nachkontrolliert.

Wie geht es Ihnen als Unternehmer?
RL:
Ich habe einen Cousin, der hat seinen Salon in Rom. Jedes Mal, wenn ich mit ihm spreche, dann weiß ich, uns geht es in Deutschland sehr gut. Auch wenn noch nicht alles angekommen ist, ich weiß es kommt.

"... es müssen viel mehr Exempel statuiert werden."

Woran mangelt es?
RL:
Gesetze haben wir genug, es fehlt an der Umsetzung, der Exekutive. Ich bin da schon für rigorosere Strafen. Und es müssen viel mehr Exempel statuiert werden.

Ihr Erfolgsrezept?
RL:
Ich überlasse nix dem Zufall und bereite mich auf alle Eventualitäten mit Weitsicht vor, dann kann mich nichts mehr überraschen.

Ihre Erfahrungen als Obermeister in der Krise?
RL: Ich wurde viel angerufen, zumeist von Nicht-Innungsmitgliedern. Unsere Mitglieder waren ja vorab immer per Mail gut informiert worden.

Haben sie durch Corona Mitglieder verloren?
RL:
Im Gegenteil, wir haben viele dazu gewonnen, die plötzlich gesehen haben, wie wichtig eine Vertretung ist. Und für € 20 bis € 30 im Monat ist das doch erschwinglich. Wir sind ja die einzige Arbeitgeber Gewerkschaft, die es gibt. Viele Handwerksbereiche beneiden uns darum.

Woran liegt es, dass viele die Innungsmitgliedschaft scheuen?
RL
: Ich nehme an, an der Bezahlung.

"Fußballer... Das war wie ein Trojanisches Pferd der Kommunikation."

Der Zentralverband musste einige Verbalattacken über sich ergehen lassen, wie sehen Sie das?
RL:
Wir auf Landesebene sind der schnellere Dienstweg für unsere Mitglieder. Regional kann ich mehr und schneller bewegen.
Aber man muss auch auf Bundesebene zusammenhalten, denn da wird die große Politik gemacht. Da hat der Zentralverband mit seinen Kontakten unglaublich viel bewegt, das sieht nur keiner. Zum Beispiel die Fußballer Aktion, die ging von uns in Baden-Württemberg aus, mit dem Hintergedanken andere Themen zu transportieren, was uns auch gelungen ist, danach war der Friseur in aller Munde und wir haben Gehör gefunden. Das war wie ein Trojanisches Pferd der Kommunikation.

Was könnte der Zentralverband besser machen?
RL:
Ich glaube es wäre gut, wenn er in den Sozialen Netzwerken aktiver wäre. Leider beteiligt sich da niemand an den vielen Diskussionen, ich glaube aber, das wäre gut. Auch wir arbeiten daran und können da noch viel besser werden.

Apropos Weitsicht, was muss als Nächstes in den Fokus rücken?
RL:
Digitalisierung! Diese muss vorrangiger werden. Und damit auch die Kommunikation ob geschäftlich oder auf Innungsebene.
Wir haben jetzt bei unseren jungen Mitarbeitern einen Tik-Tok Chef und eine Insta Chefin, die bekommen das zusätzlich bezahlt und sind da für uns aktiv. Das ist ein Anfang.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!
 

Über Roberto Laraia

Inhaber 2 Salons LARAIA Hairlive in Reutlingen und Tübingen
Art-Director Landesinnungsverband Baden-Württemberg
Obermeister Reutlingen