Credit: ANDREA MÜLLER-SCHULZ

02.05.2024

"Ich bin Innungsmitglied, weil Friseure eine Lobby brauchen!"

Cihan Bulut ist bekannt als Erdbeerschnitte und neuerdings Mitglied der Innung. Er will nichts „unprobiert“ lassen und mit diesem Schritt der Branche, die ihn gestützt hat, Support zurückgeben. Denn ohne Innung keine Lobby, so seine Meinung.

"Wenn wir keinen Spot haben, um uns auszutauschen und auch auszukotzen, wo soll das sonst passieren?"

Cihan Bulut im Interview mit Juliane Krammer

Cihan, du bist ganz neu der Innung beigetreten. Wie kam es dazu?
Cihan Bulut:
Ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt, Innungsmitglied zu werden. Das war damals schon, als ich mich selbstständig machte, jedoch verspürte ich damals keine Benefits für mich und meinen Salon. Mir ist nun aber klar: Wenn alle so denken, haben wir Friseure keine Lobby und es wird nichts passieren. Wenn wir keinen Spot haben, um uns auszutauschen und auch auszukotzen, wo soll das sonst passieren? Es braucht Raum für alle Gedanken und Meinungen! Nur Herumsitzen und Beschweren geht nicht!

… und dann wurdest du Mitglied?
CH
: Ich habe mich zu Beginn mit Innungsmitgliedern getroffen, über Probleme gesprochen und meine Gedanken geteilt. Danach fiel mir die Entscheidung leicht, denn ich hatte Lust und Power, Teile der Branche zu erreichen und zu begeistern, damit wir gemeinsam Veränderung schaffen. Aktuell finde ich mich in dieser Rolle ein und bis jetzt habe ich zwei Shows für die Innung gemacht, zwei weitere folgen jeweils im Juli und Oktober.

Wie waren die Innungs-Veranstaltungen für dich?
CH:
Die Innung ist mutiger geworden. Sie laden Leute ein, die anders denken, nicht die Norm sind. Ich zähle mich hier dazu. Es geht auch darum, eine andere Zielgruppe zu erreichen. Die Hoffnung ist, damit die jungen Friseure anzusprechen und ich hoffe, dass ein paar coole Kollegen nachziehen.

Warum hat dich die Innung jetzt erreicht, aber nicht als du als Jungunternehmer gestartet hast?
CH:
Als Unternehmer, der sich für die Innung interessiert, glaubte ich lange, dass man da nicht wahrgenommen bzw. nicht als wichtig genommen wird. Das muss von Seiten der Innung besser gespielt und an den Friseur gebracht werden. Aber auch Friseure müssen offener sein, denn alles was bequem ist, ist ungesund! Beide müssen sich ins Zeug für unsere Branche legen.

"Ich will das nun 4-5 Jahre probieren und wenn es gut weiter geht – wunderbar! Ich habe nichts zu verlieren, kann dazulernen und wachsen, aber jederzeit auch wieder gehen. Diese Branche hat mir so viel gegeben, da will ich nichts „unprobiert“ liegen lassen. Ich bin es dem Handwerk schuldig.

Welche Erwartungen hast du an dich in dieser neuen Position?
CH:
Ich will das nun 4–5 Jahre probieren und wenn es gut weiter geht – wunderbar! Ich habe nichts zu verlieren, kann dazulernen und wachsen, aber jederzeit auch wieder gehen. Diese Branche hat mir so viel gegeben, da will ich nichts „unprobiert“ liegen lassen. Ich bin es dem Handwerk schuldig.
So wie in jeder Verbindung, die man eingeht, müssen sich beide Partner kennenlernen und in der Phase befinde ich mich gerade. Ich möchte nun herausfinden, was ich verändern kann. Mit meiner Expertise und meinem Wissen versuche ich, den Nachwuchs zu erreichen, aber auch diejenigen, die schon 20–30 Jahre mit dabei sind. Diese Gruppe wird oft vergessen. Die müssen wieder abgeholt und im Talk zusammengebracht werden.

"Eine Innungsmitgliedschaft ist teilweise sehr negativ behaftet. Ich gebe Positives rein und bekomme auch viel zurück."

Was hat sich verändert, seitdem du Teil der Innung bist?
CH:
Es spricht sich natürlich rum, dass man den Schritt wagt. Viele fragen mich, was ich davon habe oder tun es als Zeitverschwendung ab. Eine Innungsmitgliedschaft ist teilweise sehr negativ behaftet. Ich gebe Positives rein und bekomme auch viel zurück. Zum Beispiel dieses Interview jetzt und auch meine Kunden merken, dass sich ihr Friseur um die Branche kümmert.

"Die Innung muss raus aus den alten Schuhen! ...  das passiert aber nur, wenn Leute da sind, die sich diese neuen Schuhe anziehen."

Was sagst du, wenn jemand der Meinung ist, dass die Innung veraltet ist?
CH
: Es liegt an einem selbst, was man einbringt. Es stimmt auch nicht, dass man nicht modern sein darf. Ich blieb bei den Shows meinem Stil treu und war sehr laut! Und es hat gefruchtet. Über 400 Azubis waren dabei. Die haben mir anschließend auf Instagram geschrieben, andere haben sich sogar beworben. Die Innung und auch die Friseure müssen über ihren Schatten springen und die neue Verbindung wagen. Man muss sein Ego herunterschrauben und schauen, wovon man wirklich profitiert. Aber allen voran brauchen wir eine Lobby! Es hilft auch nichts, wenn man sich als Salon an Trends aus dem Ausland orientiert. Letztendlich sind unsere Salons in Deutschland und da muss ich ansetzen, um Dinge zu verbessern. Ich weiß, es ist eine Monsteraufgabe und allein schaffe ich das nicht, deswegen schreie ich es raus, damit sich Leute anschließen.

Welche Erwartungen hast du von Seiten der Innung?
CH:
Die Innung muss raus aus den alten Schuhen! Das ist schon seit meiner Lehrzeit so, das passiert aber nur, wenn Leute da sind, die sich diese neuen Schuhe anziehen. Außerdem erwarte ich mir Wertschätzung den Künstlern und Artists gegenüber. Alle müssen mit ins Boot genommen werden und es müssen Benefits da sein, denn niemand macht etwas ohne Vorteil.

Danke, Cihan, für das spannende Gespräch und alles Gute für die Zukunft!