17.07.2020

Andreas Mignon – Wir können Wissen doch nicht nur for free raushauen

Als Education-Chef von Kao stand Andreas Mignon in Corona Zeiten vor neuen Herausforderungen. Jetzt will er den Seminarbereich revolutionieren … Hybrid Education ist sein Lösungswort.

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Andreas, Du leitest die Kao-Education D-A-CH. Education stand ja mit Corona vor ganz eigenen Herausforderungen. Wie habt ihr die Zeit genutzt?
Andreas Mignon:
Wir haben in der Krise innerhalb von zwei Wochen unsere Educator auf 100% Online Education umgestellt. Mit allen verfügbaren Tools haben wir weiterhin 1:1 Education gemacht und in sechs Wochen 3.500 Menschen erreicht. Zusätzlich hat uns Global eine neue Plattform zur Verfügung gestellt: die Virtual Education.

Siehst Du in Virtual Education Zukunft?
AM:
Man kann nicht einfach sagen, wir machen nur noch virtuelle Education. Friseure wollen das Persönliche, das geht nie weg. Aber eine Menge Leute haben erkannt, dass das Digitale gar nicht mal so schlecht ist. Aber man kann das ja auch auf verschiedene Kanäle aufteilen, quasi dreidimensional denken.

Wie kann ich mir das vorstellen?
AM: Kanal 1 ist ► Kao Virtual Education
mit regelmäßig und zu gleichen Zeitpunkten stattfindenden, kostenlosen Webinaren
Kanal 2 ist die direkte Kommunikation via Webex unserer Field Educator mit ihren Kunden, zum Beispiel für Produktschulungen.
Kanal 3 ist die neue ► Hybrid Education als Teil unserer Academy Education. Dieser Kanal ist kostenpflichtig und bietet den Teilnehmern großen Mehrwert

Andreas Mignon im Video-Interview mit Raphaela Kirschnick

Habt ihr nicht Angst, das Persönliche geht bei Virtual Education verloren?
AM:
Ganz wichtig ist mir, dass jedes Webinar, Seminar oder Training gehostet wird, also immer ein Educator dabei ist, der Fragen beantworten kann und auch noch mal etwas erklärt. Wir möchten die Verbindung zum Friseur auf keinen Fall verlieren, mehr noch, wir möchten sie ausbauen.

Was ist für eure Educator die Herausforderung?
AM:
Naja, die machen erst mal etwas, was sie so davor nie gemacht haben. Dafür hat übrigens jeder von mir nach den sechs Wochen eine Flasche Champagner bekommen. Alle haben die Chance erkannt, dass sie jetzt zusätzliche Möglichkeiten haben, mit ihren Kunden zu kommunizieren. Jetzt, wo es wieder mehr Salonschulungen gibt, ist es ideal nach dem Training durch den Educator via Webex nachzuschulen und zu sehen wie es gelaufen ist und was funktioniert.

Und wie kam es dann zur Idee der Hybrid Education?
AM:
Eigentlich ist jedes Seminarformat in unserem Beruf universell gleich aufgebaut. Der erste Teil ist die Vermittlung von Theorie, der zweite Teil die Demo eines Artists und der dritte Teil ist die Umsetzung. Das passiert dann häufig an 2 oder mehr Tagen: Kunden kommen in die Academy, es folgen Stunden mit Theorie und dann Praxis. Danach ist die Erwartung, dass der Teilnehmer, das Erlernte umsetzt und über lange Zeit behält.

„It takes 90 days to create a habit“

Wurde aber immer so gemacht!
AM:
Genau, dabei hat niemand an das Lernverhalten eines Menschen gedacht „It takes 90 days to create a habit“, nämlich in kleinen Dosen über eine längere Zeit lernen und wiederholen ist viel effizienter.

Hat nun was mit Hybrid zu tun?
AM:
Wir gehen den nächsten logischen Schritt und verteilen 2 Tage auf mehrere Wochen. Unsere Kunden sollen zukünftig kleine Dosen über 6 Wochen verteilt lernen. Teilweise virtuell und alles Praktische in unseren Academies.

Also Theorie gibt es dann nur noch virtuell?
AM:
 Genau, Wissen in kleinen verdaulichen Teilen, das dauert vielleicht zwei Stunden pro Woche. In der nächsten Woche gibt es dann den nächsten Part, da wird mehr gelernt, aber auch viel wiederholt und in der dritten Woche kommen dann alle persönlich in die Academy, da können sie dann die Theorie umsetzen und weitere praktische Arbeit machen.
Nach einer Woche, wenn alle wieder zu Hause sind, machen wir ein Check-up über Zoom, sodass sie das Erlernte noch mal wiederholen können.

„Der Gedanke, dass virtuell nicht zur Community beiträgt, ist falsch.“

Geht dabei nicht das Netzwerken verloren?
AM:
Nee, die Leute gehen ja nicht offline, wenn das Seminar vorbei ist. Die bleiben im Call, holen sich einen Drink und plaudern. Dieser Gedanke, dass virtuell nicht zur Community beiträgt, ist falsch. Unsere Aufgabe jedoch ist es proaktiv zu stimulieren.

Kostet es den Salon mehr?
AM:
Nein, die Preise fürs Seminar bleiben die gleichen und alle Beteiligten haben einen Mehrwert. Der Salon spart Reisekosten, produktive Salonzeit und kann sich auf seine Corona Recovery konzentrieren. Und der Mitarbeiter, der bei uns ist, der kann die Live Session jederzeit im Salon mit Kollegen wiederholen. Es ist ein sehr modernes Konzept, das eigentlich längst überfällig war. Jetzt müssen wir da dranbleiben.

Wann startet das erste Hybrid-Seminar?
AM:
Am 25.08. startet ‚World of Blonde‘. Ich bin absolut begeistert und glaube es ist genau das Richtige. Im Prinzip ist es das, was wir aus der Krise an positiven Dingen mitgenommen haben, um in der Friseurwelt im Jahr 2020 anzukommen. Es hat sich in den letzten 35 bis 40 Jahren in der Education nicht viel verändert.

Wenn ich das jetzt gebucht habe, aber genau an dem Tag dann krank bin, verpasse ich ja einen Baustein, wie kann ich den dann nachbereiten?
AM:
Das Seminar wird aufgezeichnet. Wir schicken dann einen Zugangscode, da kann man dann innerhalb von 10 Tagen alles nachholen.

Ihr arbeitet ausschließlich mit Zoom?
AM:
Ja, wir haben ein Lizenz Agreement. Es gibt zusätzlich Passwörter und vor allem durch unsere mit ihnen abgeschlossene Data Protection sind unsere Kunden absolut sicher.  

Wird es Seminare, wie wir sie kannten, denn überhaupt noch geben?
AM:
Ja klar! Es wird beides parallel angeboten. Nur was ich als Hybrid-Format anbiete, wird es auch nur als Hybrid Format geben und das Live-Format auch nur als Live-Format.  

Hattest du das Konzept schon länger im Kopf?
AM:
Das Thema Virtual Education habe ich schon länger auf dem Schirm. Mit der Corona-Situation gab es jetzt einfach einen Katalysator, der die Umsetzung enorm beschleunigt hat. Wir haben so viel Wissen an unsere Kunden und Nichtkunden gebracht, for free. Langfristig geht es mir darum, das wir klar unterscheiden zwischen Info die wir kostenlos herausgeben und Fachwissen, dass bezahlt werden muss. Das Stichwort ist -Mehrwehrt durch eine andere Darreichungsform schaffen. Es kam dann eins zum andern und das Puzzle hat sich zum Ganzen zusammengesetzt.

„…für mich ist das Ziel entweder oder.“

Gibt es schon Reaktionen aus dem Markt?
AM:
Unsere Kunden sind sehr begeistert. Ich glaube, wir sind da an etwas ganz Großem dran. Wir werden das jetzt als Pilotprojekt laufen lassen und werden dann kontinuierlich bewerten. Wir müssen das ausprobieren, aber für mich ist das Ziel entweder oder.

Andreas, vielen Dank für die Insights, ich bin gespannt, mit welchen Learnings du uns im Herbst updatest.