Credit: Martin Steiger, imSalon Grafik

25.07.2023

Wie geht Arbeitszeiterfassung und was muss ich beachten?

Arbeitgeberinnen*Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeitszeit der Mitarbeitenden zu dokumentieren - was die sog. Arbeitszeiterfassung ist und was zu beachten ist...

Die Arbeitszeit bestimmen die Friseurunternehmen in Absprache mit den Beschäftigten und deren Bedürfnissen, unter Berücksichtigung der Kundinnenwünsche. So werden Salon-Besuche in den Nachmittags- und Abendstunden sowie am Wochenende erfahrungsgemäß favorisiert.

In Friseurbetrieben gilt die 5-Tage-Woche bei einer Arbeitszeit von 39 Stunden. Das Bundesarbeitsgericht hat im September 2022 einen Beschluss gefasst, wonach Arbeitgebende verpflichtet sind, die Arbeitszeit der Mitarbeitenden zu dokumentieren. Beschrieben wird ein strenger Rahmen, welcher die tägliche elektronische Erfassung der Arbeitszeit vorgibt. Viele Beschäftigte atmen auf, denn ohne eine regelmäßige Dokumentation ist eine verlässliche Ermittlung von Arbeitszeit, Überstunden und Ruhezeiten kaum möglich. Dies kann es Friseurinnen*Friseuren erschweren, ihre Recht geltend zu machen.

Was bedeutet Arbeitszeiterfassung?

Arbeitszeiterfassung beschreibt die Dokumentation der täglichen Arbeitszeit der Mitarbeitenden im Unternehmensbetrieb. Rechtlich gesehen ist die Arbeitszeit der Zeitraum, in dem Arbeitnehmerin*Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nachkommt. Diese Arbeitszeiten zu erfassen, ist für Arbeitgeberinnen wie Arbeitnehmerinnen wichtig und sinnvoll.

Das Friseurhandwerk ist in Deutschland rechtlich umfassend abgesichert. Dies betrifft Ausbildung, Arbeitsrecht oder Hygieneverordnungen. 

Dabei greifen folgende Gesetze:

  • Arbeitszeit-Gesetz (ArbZG)
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
  • Mindestlohngesetz (MiLoG)
  • Bundesurlaubsgesetz (BUrLG)

Das Arbeitszeit-Gesetz dient der Regelung von Höchstarbeitszeiten, Pausen, Ruhezeiten und mehr. Im Mai 2019 hat der Europäische Gerichtshof nun ein Urteil erlassen, welches Arbeitgeber zur systematischen Erfassung der Arbeitszeit verpflichtet. Damit soll der Arbeitsschutz erhöht und Verstößen entgegengewirkt werden. Begründet wird die Maßnahme als relevanter sozialpolitischer Grundsatz in Anlehnung an die Grundrechte der Arbeitnehmerinnen. Zusätzliche Hinweise zum Thema Arbeitszeiterfassung finden Sie im Ratgeber von arbeitsvertrag.org

Wann ist die Erfassung der Arbeitszeit Pflicht?

Das deutsche Arbeitszeit-Gesetz schrieb bislang nur die Dokumentation von Überstunden und Sonntagsarbeit vor. Mit dem Beschluss vom 13. September 2022 gilt dies inzwischen für die gesamte Arbeitszeit. Arbeitgeberinnen sind ab diesem Zeitpunkt zur Erfassung verpflichtet. Eine Übergangsphase wurde nicht bestimmt. 

Mehr Spielraum wird für die Einführung der elektronischen Erfassung der Arbeitszeit eingeräumt:

  • Unternehmen ab 250 Beschäftigten = ein Jahr 
  • Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten = zwei Jahre 
  • Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten = fünf Jahre 

WICHTIG: Sind im Salon zehn oder weniger Mitarbeiterinnen*Mitarbeiter beschäftigt, reicht es aus, die Arbeitszeit in Papierform zu erfassen.

Welche Vorgaben gibt es für die digitale Erfassung der Arbeitszeit?

Im Arbeitsschutzgesetz, § 3 Abs. 2 ist zu lesen, welche Punkte digital erfasst werden müssen:

  • Dauer der Arbeitszeit (Beginn und Ende)
  • Überstunden 
  • Pausenzeiten 

Die Erfassung hat laut Urteil des Europäischen Gerichtshofes objektiv und verlässlich zu erfolgen und muss gut zugänglich sein. An die Form der Erfassung werden keine spezifischen Vorgaben gemacht. Demzufolge sind elektronische Zeiterfassungssysteme ebenso zulässig, wie die Dokumentation der Arbeitszeit in einer Excel-Tabelle. 

Was zählt zur Arbeitszeit und was nicht?

Die Arbeitszeit schließt den Zeitraum zwischen Beginn und Ende der Arbeit ein. Die Ruhepausen gehören nicht dazu. Mittagspausen oder andere Pausenzeiten zählen nicht zur Arbeitszeit. 

Wichtig: Für Friseurinnen sind 30 Minuten Ruhepause à sechs Stunden Arbeitszeit vorgeschrieben. Bei einer Arbeitszeit von neun Stunden beträgt die vorgeschriebene Ruhepause 45 Minuten.

Ist die Raucherpause Teil der Arbeitszeit?

Nein. Firmen können abweichende Regelungen treffen und während der Arbeitszeit das Rauchen in den Räumlichkeiten gestatten. Dies ist jedoch im Friseurhandwerk keine Option.

Ist der Gang zur Toilette Arbeitszeit?

Der Toilettengang wird als Kurzpause eingestuft und wird damit als Arbeitszeit gewertet. Kurzpausen liegen auch vor, wenn technische Probleme, wie plötzliche Stromausfälle, den regulären Betrieb im Salon gefährden.

Ist die Kaffeepause Arbeitszeit?

Viele Arbeitgeber gestatten kurze Kaffeepausen von etwa fünf Minuten. Diese zählen damit zur Arbeitszeit.

Zählt die Umziehzeit zur Arbeitszeit?

In vielen Friseurbetrieben ist eine einheitliche Arbeitskleidung vorgeschrieben. Die nötige Umziehzeit zählt zur Arbeitszeit und wird vergütet. 

Wer muss keine Arbeitszeit erfassen?

Für einige Personengruppen gilt die Erfassung der Arbeitszeit nicht. Diese werden im Arbeitszeit-Gesetz, § 18 Abs. 1 aufgeführt.

Dabei handelt es sich um:

  • leitende Angestellte 
  • Chefärztinnen
  • Leiterinnen und Vertreterinnen öffentlicher Dienststellen
  • Arbeitnehmerinnen im öffentlichen Dienst mit Befugnis zu selbstständigen Personalentscheidungen
  • liturgische Bereiche von Kirchen und Religionsgemeinschaften

Wer kontrolliert die Arbeitszeiterfassung?

Die Dokumentation der Arbeitszeit kann von Arbeitgeber und Beschäftigten jederzeit eingesehen werden. Für die Einhaltung der Arbeitszeiterfassung ist primär die Arbeitgeberin verantwortlich. Ob die Bestimmungen des Arbeitszeit-Gesetzes erfüllt werden, überwachen die Gewerbeaufsichtsämter. Diese können entsprechende Maßnahmen anordnen, wenn sich Verstöße gegen das Gesetz ergeben.

Was gilt bei Verstößen bei der Arbeitszeiterfassung?

Obwohl es sich beim Arbeitsschutzgesetz und beim Arbeitszeit-Gesetz um Bundesgesetze handelt, obliegt deren Überwachung den einzelnen Bundesländern. 

Wenn die Arbeitszeiterfassung nicht wie vorgeschrieben eingeführt wurde, droht nicht automatisch ein Bußgeld. Allerdings ist die zuständige Arbeitsschutzbehörde befugt, eine Anordnung für die Einführung zu erlassen. Wer dieser Anordnung nicht unmittelbar nachkommt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. In diesem Fall sieht das Arbeitsschutzgesetz Bußgelder in Höhe von bis zu 30.000 Euro als gerechtfertigt an. 

Dieser Beitrag ist in Kooperation mit dem VFR Verlag für Rechtsjournalismus entstanden. Die Anwältinnen*Anwälte des VFR informieren ab sofort regelmäßig über spannende arbeitsrechtliche Themen für Friseurunternehmerinnen*Friseurunternehmer.