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29.03.2024

Schwarzarbeit: Über 77 Mio. Euro Schaden im Friseurhandwerk

Die Ergebnisse der Zollkontrollen 2023 zeigen, welche Auswirkungen Schwarzarbeit auf die Friseur-Branche hat. Hochgerechnet entsteht im Friseurhandwerk ein jährlicher Schaden von mehr als 77 Mio. Euro. und das ist nur ein Teil des entstandenen Schadens...

Zollkontrollen Gesamtmarkt Deutschland

2023 wurden in Deutschland insgesamt 42.631 Arbeitgeber/Betriebe diverser Branchen in Bezug auf Schwarzarbeit und zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung kontrolliert.

Ein drastischer Rückgang, wenn man die Vorjahreszahlen zum Vergleich heranzieht:
Zollkontrollen 2022: 53.182
Zollkontrollen 2021: 48.064

Beachtlich sind die Ergebnisse 2023 dennoch: Insgesamt führten die Ermittlungen in Deutschland zu Freiheitsstrafen von knapp 990 Jahren sowie Geldstrafen von € 30,5 Mio.
Die Schadenssumme der kontrollierten Betriebe beläuft sich insgesamt auf rund 615 Mio. Euro.

Die Schwerpunktüberprüfungen fanden u.a. im Baugewerbe, Hotel- und Gaststättengewerbe, in der Gebäudereinigung sowie im Speditions-, Transport und Logistikgewerbe statt. Auch Friseursalons werden jährlich von Zollbeamten aufgesucht und kontrolliert.  

Zollkontrollen Friseurhandwerk

Im deutschen Gesamtvergleich fielen 2023 3,6% der Zollkontrollen auf Friseur- bzw. Kosmetikbetriebe: 2023 wurden in Deutschland 1.576 Friseur-/Kosmetiksalons von Zollbeamten aufgesucht.

Im Zuge der 1.576 Betriebskontrollen wurden ebenfalls 10.504 Personen (Mitarbeiter und Kunden) überprüft. 

Arbeitgeberüberprüfung/Betriebskontrolle
Bei diesen Arbeitgeberprüfungen werden nach Angaben der Generalzolldirektion Geschäftsunterlagen u.a. der Arbeitgeber überprüft.

Personenüberprüfung
Alle bei der Kontrolle angetroffenen Personen werden befragt. Dies beinhaltet Mitarbeiterinnen* ebenso wie alle Kundinnen* vor Ort.

Ergebnisse der Kontrollen im Friseurhandwerk

Insgesamt wurden 2023

1.141 Strafverfahren eingeleitet und

1.123 Ordnungswidrigkeiten festgestellt

Strafverfahren

1.141 Strafverfahren wurden 2023 eingeleitet. In Folge wurden insgesamt Geldstrafen im Wert von 113.740  und 89 Monate Freiheitsstrafe verhängt.

Freiheitsstrafen für Friseur wurden hauptsächlich verhängt wegen
1. Beitragsvorenthaltung,
2. Illegalen Aufenthalts und
3. Leistungsmissbrauchs.

Strafverfahren beziehen sich z.B. auf Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt oder Sozialleistungsbetrug (Arbeitgeber führt die Sozialversicherungsbeiträge nicht in der richtigen Höhe an die Krankenkasse ab oder Sozialleistungen werden fälschlich von Personen bezogen)
 

Ordnungswidrigkeiten

1.123 OWi wurden eingeleitet und bis dato rund € 1,5 Mio. Bußgelder verhängt.

OWi sind Verstöße gegen die Bestimmungen des Mindestlohngesetzes, das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und das Arbeitnehmernehmerüberlastungsgesetz z.B. wegen Nichtzahlens des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohns oder Nichtführens der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsaufzeichnungen.

Angerichteter Schaden

Die entstandene Schadenssumme im Friseur- und kosmetikhandwerk beläuft sich 2023 auf über € 1,5 Mio.! Diese Gesamtschadenssumme setzt sich zusammen aus Sozialversicherungsschäden und Steuerschäden. Hochgerechnet würde dies ein jährlich entstandener Schaden von über € 77 Mio. im Friseur-/ Kosmetikhandwerk bedeuten.

Dies ist jedoch ausschließlich der monetäre Verlust durch die eingeleiteten Straf- sowie OWi-Verfahren – nicht einkalkuliert ist die Summe, die durch Schwarzarbeit im privaten Bereich entsteht, entgangene Umsatzsteuer und der nachhaltige Schaden durch entgangenen Umsatz bei allen ehrlichen Unternehmern.

Vergleich 2023 vs. 2022: weniger Kontrollen, aber mehr Strafverfahren

Gab es von 2021 (1.265 Betriebe) auf das Jahr 2022 (3.919 Betriebe) noch eine deutliche Erhöhung der Zollkontrollen in der Beautybranche Fast 4.000 Schwarzarbeit-Kontrollen in Friseur-Salons im Jahr 2022, wurden im Jahr 2023 nur 1.576 Friseur-/Kosmetiksalons kontrolliert. Doch obwohl 2023 deutlich weniger Friseursalons in Bezug auf Schwarzarbeit unter die Lupe genommen wurden, gab es mehr Strafverfahren im Vergleich zum Vorjahr:

Strafverfahren 2023: 1.141
Strafverfahren 2022: 979

imSalon Schwarzarbeitsschwerpunkt

Bereits vor 8 Jahren hat sich das Bündnis zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung formiert, um Kontrollen voranzutreiben. Die Mitglieder dieses Bündnisses besteht aus dem Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks, dem Bundesfinanzministerium und ver.di. Die Zollbehörde ist das ausführende Organ dieser Kontrollen. Wie auch im ► Zukunftskongress Forderungspapier untermauert, ist eines der großen Probleme des Friseurhandwerks die Schwarzarbeit. Es ist wichtig, nicht nur die Politik darauf aufmerksam zu machen, sondern die gesamte Branche sowie Kundinnen* diesbezüglich zu sensibilisieren.

Interview mit ZV-Präsidentin Manuela Härtel-Dören

Seit Jahren kämpft der Zentralverband für mehr Kontrollen im Bereich Schwarzarbeit. Wenn diese durchgeführt werden, sind sie immer erfolgreich, nur gibt es viel zu wenige. Warum das so ist, darüber sprach Raphaela Kirschnick mit ZV Friseurhandwerk Präsidentin Manuela Härtelt-Dören. ► "Für das Finanzministerium lohnt es sich nicht, für uns ist es fatal."

Gordon Schnieder, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rheinland-pfälzischen Landtag war bei der Frühlingstagung in Ahrweiler zu Gast und nahm sich den Forderungen des Friseurhandwerks an ► CDU RLP beim Friseurlandesverband: Wir müssen, wenn notwendig, regulierend und überprüfend einschreiten.

imSalon verpflichtet sich, alle Informationen rund um das Thema Schwarzarbeit im Friseurhandwerk zu beleuchten und hinterfragen. Weitere Inhalte dazu findet ihr ► hier.

 

Was sind Ordnungswidrigkeiten in Bezug auf Schwarzarbeit?
Zu Ordnungswidrigkeiten zählen Verstöße gegen die Bestimmungen des Mindestlohngesetzes (MiLoG), das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AentG) und das Arbeitnehmernehmerüberlastungsgesetzt (AÜG), z.B. wegen Nichtzahlens des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohns oder Nichtführens der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsaufzeichnungen. Im Ordnungswidrigkeitenrecht können nicht nur natürliche Personen, sondern auch Unternehmen sanktioniert werden.

Im Strafrecht hingegen werden nur natürliche Personen belangt.

Straftaten in Bezug auf Schwarzarbeit

Um Straftaten aufzuklären, werden folgende Vorgehensweisen getroffen

  • Identitätsfeststellungen
  • Erste Vernehmungen von Beschuldigten, Betroffenen oder Zeugen
  • Sicherstellen und Beschlagnahmen von Beweismitteln
  • Durchsuchungen
  • Vorläufige Festnahmen

Diese Maßnahmen dienen dazu, um herauszufinden, ob ein Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt oder ein Sozialleistungsbetrug vorliegt (Arbeitgeber führt die Sozialversicherungsbeiträge nicht oder nicht in der richtigen Höhe an die Krankenkasse ab) oder ob zu Unrecht Sozialleistungen von Personen bezogen werden. Mit einem Urteil und Strafbefehl werden Geld- und/oder Freiheitsstrafen verhängt.