Credit: Rene Krombholz | imSalon Grafik

18.04.2024

Krombholz: "Die Gesetze gegen Schwarzarbeit greifen nicht – Ich AGs zurückführen"

Der Personalmangel stellt eine ernsthafte Herausforderung für die Branche dar. Experten schätzen, dass im Handwerk bereits in 5 Jahren rund eine Million Mitarbeiter fehlen werden. Bereits jetzt müssen Friseursalons aufgrund des Mangels an Fachkräften schließen. Es ist wichtig, dass die Branche Maßnahmen ergreift, um diesen Trend umzukehren und die Zukunft des Friseurhandwerks zu sichern.

Ein Kommentar von Rene Krombholz

Lösungsansätze
bieten sich an, wenn man einmal genauer auf die Problemstellen im Friseurhandwerk schaut.

Die Flucht aus den Salons zum Bürgergeld
Trotz des dramatischen Personalmangels haben nicht wenige Mitarbeitende dem Bürgergeld den Vorzug gegeben. Der Kundenwunsch nach preiswerter Friseurdienstleistung kommt hier gelegen und ist ein gutes Zubrot zur staatlichen Leistung.

Schwarzarbeit
Die Gesetze gegen Schwarzarbeit greifen nicht, sie sind kaum kontrollierbar. Hier gilt es, die Politik zu sensibilisieren, um an entsprechenden Stellen aktiv zu werden.

Deutlich höhere Löhne...
...sind zwingend notwendig. Für die Unternehmen sind diese schwer zu finanzieren. Auch, weil durch die Kleinstunternehmer, mit ihrem Wettbewerbsvorteil der Steuerbefreiung, eine marktgerechte Preisentwicklung deutlich erschwert wird.

Fairness
Der faire Salon“ spricht sich dafür aus, diese Kleinstunternehmende nicht generell zu verteufeln oder zu beschuldigen. Die Zahl dieser Soloexistenzen hat sich im Zeitraum von 2000 bis 2012 verdoppelt. Heute kommen Barber und andere hinzu, inzwischen ist jeder dritte Salon steuerbefreit.

Der Werdegang
Durch gravierende Umsatzeinbußen in dieser Zeit verloren fast 40.000 Mitarbeitende im Friseurhandwerk ihren Arbeitsplatz. Ein Vorgang, der weitgehend unbemerkt blieb, war es ohnehin die Zeit einer hohen Arbeitslosigkeit.

ICH AG
hieß die politisch gewollte Lösung und trug zur Explosion der Minisalons bei. Anfangs noch finanziell gefördert, fanden sich diese Soloselbständigen in einem Markt wieder, sich von rund 50.000 Unternehmen auf über 80.000 Salons fast verdoppelt hatte.

Fehlentwicklung 2000 bis 2010
-  21,6 % Umsatzrückgang im Friseurhandwerk und die Folge
-  22.9 % weniger Mitarbeitende, die von der Agentur für Arbeit gefördert für
+ 24,0 % neue Betriebe in diesem schrumpfenden Markt sorgten.

Heute sieht es so aus, dass viele davon (gerade nach Corona) wirtschaftlich kaum noch über die Runden kommen, teilweise mit Krediten und Verträgen am Unternehmen gefangen sind.

Mag der Vorwurf einer mangelnden Glaubwürdigkeit der Umsatzzahlen noch so berechtigt sein, so bleibt anzumerken, dass es im Friseurhandwerk deutlich zu wenig kaufmännisches Wissen gibt und viele dieser Soloselbstständigen unwissend und unbedarft mit staatlicher Hilfe in diese Situation geschoben wurden.

Mit einem maximalen Umsatz von 1.880 € im Monat
sind weder Entwicklung, Qualitätssicherung, Weiterbildung noch ausreichender privater Lebensunterhalt nebst Altersvorsorge möglich. Nicht wenige dieser Kolleginnen und Kollegen sind wirtschaftlich am Limit, durch Verträge und Verpflichtungen hilflos in dieser Situation gefangen. Sie benötigen Hilfestellung in Form von Beratung.

WIN Situation herbeiführen
Hier gilt es ihnen die Hand zu reichen und Hilfestellung zu geben. Eine Chance für die Solidargemeinschaft der Innungen und Verbände, die hier beratend tätig sein könnten. Es ist nötig, auch eine Vereinbarung mit der Politik / der Finanzbehörde zu finden, wie diese Unternehmen nach ihrer Schließung zu behandeln sind.

Bei rund 30.000 Solobetrieben würde bereits eine Schließungsquote von 10%  rund  3.000  neue Mitarbeiter, die jetzt den Beruf auch aus anderer Perspektive kennen, zurück in die Salons bringen und auch zur Marktbereinigung beitragen.

Im Sinne des Kodex
Ein solches Vorgehen wäre absolut im Sinne des Kodex für Friseure in Europa – „für ein besseres Miteinander“ – der unter Mitwirkung der EU entstanden ist und faire Wettbewerbsbedingungen wie auch ein gesundes Miteinander und ausreichende Gewinne vorsieht.

Im Sinne des Win-Prinzips
wäre das eine Situation, von welcher alle Beteiligten profitieren.

Die Soloselbstständigen könnten ihre Einkommenssituation deutlich verbessern, wären vom Risiko der Selbstständigkeit befreit, hätten wieder eine geregelte Arbeitszeit und soziale Absicherung.

Der Markt würde sich allmählich bereinigen, die Salons bekämen Mitarbeiter und das Allgemein-wohl wäre auch entlastet, denn vielfach beziehen die Betroffenen Hilfe zum Lebensunterhalt und würden auch in der Altersarmut landen. Für Innungen und Verbände wäre dies zwar mehr Arbeit, aber zugleich auch Werbung hinsichtlich potenzieller Mitglieder.

Somit möchte ich im Namen der Wertegemeinschaft „Der faire Salon“ diese Gedanken in Umlauf bringen und hoffe, dass diese auf fruchtbaren Boden fallen und zur Regeneration des Friseurhandwerks beitragen.