Credit: Sandrino Donnhauser imSalon

13.10.2023

Was ist Scheinselbstständigkeit und die Konsequenzen im Friseurhandwerk

Scheinselbstständigkeit in Friseursalons - Was ist das? Wie verhindere ich das? Was passiert, wenn ich dieser bezichtigt werde? Eine Übersicht ...

In unserer Branche ist die Gefahr der Scheinselbstständigkeit besonders hoch. Viele Friseurinnen*Friseure arbeiten auf selbstständiger Basis in Friseursalons, sind als Stuhlmieterinnen und Stuhlmieter jedoch oft abhängig von den Salonbetreibenden: Sie haben feste Arbeitszeiten, nutzen die Infrastruktur des Friseurgeschäftes und unterliegen den Anweisungen der Salonbetreibenden hinsichtlich von Arbeitsabläufen und Kundenwünschen. Aber Vorsicht: Das alles könnte auf eine abhängige Beschäftigung, sprich auf eine Scheinselbstständigkeit, hinweisen.

Was ist Scheinselbstständigkeit?

Scheinselbstständige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind Personen, die als Selbstständige auftreten, aber im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV abhängig Beschäftigte sind. 

Wenn die Trennung zwischen Saloninhaberin*Saloninhaber und Stuhlmietendem nicht klar vollzogen wird, könnte daraus abgeleitet werden, dass es sich um ein Angestelltenverhältnis handeln könnte zum Zweck, Sozialversicherung einzusparen und Schwarzarbeit zu verschleiern. Im Einzelfall sind die tatsächlichen Verhältnisse für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung entscheidend.

Wie verhindere ich der Scheinselbstständigkeit bezichtigt zu werden?
 

Wichtig ist die 100-prozentige Trennung und Anmeldung beider Unternehmen (Stuhlmietende und Stuhlvermietende/Salonbetreibende) sowohl bei der Eintragung in die Handwerksrolle als auch der Gewerbeanmeldung. Zur Trennung, die von außen am Geschäft ersichtlich sein muss, gehört auch die Anbringung aller Logos aller Stuhlmieterinnen*Stuhlmieter vor dem Salon. Ebenso unterliegen beide Parteien der korrekten Einzahlungspflicht der jeweiligen Haftpflichtrentenversicherung sowie Steuern und sie brauchen eine individuelle, ordnungsgemäße Buchführung.

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht! Selbstständige sind verpflichtet, sich nötiges Wissen zu besorgen. Beide Seiten tragen gleichermaßen die Verantwortung!

In Zweifelsfällen sollte vom optionalen Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV Gebrauch gemacht werden, das sowohl vom Stuhlmieter als auch vom Stuhlvermieter schriftlich oder elektronisch bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) beantragt werden kann.   

Was kann passieren, wenn ich als „scheinselbstständig“ geoutet werde?

Bei einer Steuerprüfung durch das Finanzamt oder die Überprüfung durch die Sozialversicherungsträger, die in den meisten Fällen die Kontrollorgane darstellen, werden die Finanzen des Salons sowie die geschlossenen Verträge genau unter die Lupe genommen.

Ein erstes Indiz für Scheinselbstständigkeit ist, wenn sich zum Beispiel eine Differenz zwischen dem tatsächlichen Materialverbrauch und den Aufzeichnungen ergibt. Brenzlich wird es, wenn es sich um ein Angestelltenverhältnis handelt und Sozialversicherungsbeiträge seitens des Stuhlvermietenden unterschlagen wurden, denn dies hätte erhebliche Auswirkungen auf beide Parteien. Im schlimmsten Fall könnte man zur Zahlung rückwirkend belangt werden.

Scheinselbstständigkeit, ja oder nein?

Wenn du überprüfen möchtest, ob du in die Scheinselbstständigkeit fällst, stelle dir diese Fragen:

  • Bestimmst du über deine Arbeitszeiten selbst?
  • Liegt die freie Gestaltung deiner Tätigkeiten vor und kannst du selbst über deine eigene Arbeitskraft verfügen?
  • Grenzen sich deine Aufgaben von denen der Festangestellten im Salon ab?
  • Musst du gegenüber der Saloninhaberin oder des Saloninhabers Berichte über deine Leistungen erbringen?
  • Trittst du nach außen hin als Selbstständige oder Selbständiger auf (z.B. eigenes Logo, eigene Visitenkarten ect.)?
  • Bist du in der Kundenakquise und Werbung für dein eigenes Unternehmen aktiv?
  • Hast du unternehmerische Entscheidungsfreiheit und trägst dein unternehmerisches Risiko selbst (z.B. Preisgestaltung, freie Wahl der Produkte, freie Wahl bei Art der Bezahlung und Gewährung von Rabatten, eigenes Kassensystem)?

Wenn du diese Fragen überwiegend mit JA beantworten kannst, fällst du eher nicht in den Bereich der Scheinselbstständigkeit.

Der Zentralverband erklärt es folgendermaßen:Es ist wichtig, dass der Stuhlmieter seine eigene Salonstruktur hat. Alles, was man tut, muss völlig selbstständig und weisungsfrei sein und man muss nach außen hin verdeutlichen, dass es zwei getrennte Unternehmen in einem Salon sind. Der Stuhlvermieter und auch der Stuhlmieter müssen gesondert angemeldet sein, das heißt auch extra Steuern bezahlen, extra Buchführung, extra Kassen besitzen und so weiter. Falls das nicht der Fall ist und eine Kontrolle durch einen Rentenversicherungsträger durchgeführt wird, kann dies erhebliche Auswirkungen haben.“

Was bedeutet es eigentlich, einen Friseur-Stuhl zu mieten? Welche Punkte sind zu bedenken?

  • Handwerksrechtliche Voraussetzungen: Für die Ausübung von Friseurtätigkeiten als Stuhlmieter*in braucht es einen Meisterbrief
  • Handwerksrolle bei Handwerkskammer eintragen lassen, ansonsten ist Ausübung des Handwerks unzulässig und im schlimmsten Fall droht die Schließung des Betriebes.
  • Gewerbe beim Gewerbeordnungsamt anmelden
  • Betriebshaftpflichtversicherung abschließen
  • Zahlung der Haftpflichtrentenversicherung organisieren
  • Nicht verpflichtend, aber empfehlenswert ist es eine Krankenversicherung abzuschließen
  • Öffnungs- und Arbeitszeiten werden selbst bestimmt
  • Um Auslastung und Termin-Koordination muss man sich selbst kümmern
  • Unternehmerisches Risiko aufgrund der Eigenverantwortung
  • Es besteht eine eigene Kassenpflicht
  • Eine ordentliche Kostenübersicht muss geführt werden
  • Wenn nicht anders mit Stuhlvermieter*in vereinbart, ist ein eigener Unternehmensauftritt notwendig (Logo, Website, Salon-Schild)
  • Produkteinkauf muss organisiert werden, sofern die Verwendung der Salonprodukte im Salon nicht vereinbart wurde
  • Achtung: Nicht mit Sonderzahlungen oder finanziellen Zuwendungen rechnen