30.12.2014
Giuseppe Petrelli wird wieder italienisch - Interview
Tellerränder, italienische Beauty-Mentalitäten, Nachhaltigkeit und psychologische Barrieren bei Mitarbeitern prägen Giuseppe’s neuen Weg zum Distributeur von Kemon …
Fakten
- Gebürtiger Süd-Italiener aus Apulien
- Friseurlehre 1985
- Fachtrainer Stationen: Intercoiffure | Goldwell | Paul Mitchell | Wella Professional
- Saloninhaber: Seit 2005 in Seeheim-Jugenheim und seit 2011 Darmstadt
- Eigene Friseurakademie in Darmstadt
- Salon-Coach
- Salonstar Gewinner Best Stage Artist 2011
- Seit 1.10.2014 Distributeur für Kemon der Wild Beauty AG
imSalon: Du bist Friseur, Salonunternehmer, Topakteur und jetzt auch Distributeur für die italienische Marke Kemon. Wie kam es dazu?
Ich habe schon immer über den Tellerrand und Grenzen geschaut. Die Marke Kemon kenne ich seit vielen Jahren. Als die ‚Wild Beauty‘ die Marke ins Portfolio aufnahm, haben sie mich angesprochen und ich war sofort begeistert.
"Die italienische Frau sagt 'Mach mich schön'"
imSalon: Wo ist für dich der Unterschied zwischen Italien und Deutschland?
Ich liebe die italienische Beauty-Mentalität auch wenn ich im Herzen längst Deutscher bin. Aber die italienische Frau geht zum Friseur und sagt ‚Mach mich schön‘, die deutsche Frau sagt: ‚Ich hätte gerne dies und das, aber nicht das und jenes und nur so‘.
imSalon: Was ist das Besondere daran, jetzt Distributeur zu sein?
Ich spreche in Zukunft mit potentiellen Kunden über Konditionen, verhandle. In dieser Kundenrolle war ja bisher immer ich. Das ist spannend, die andere Seite kennenzulernen und mitzugestalten.
imSalon: Wie organisierst du das neben dem Salongeschäft?
Es wird einen Außendienstmitarbeiter geben und mein langjähriger Salonleiter Damian Dworuschka wird die Akademie in Darmstadt führen und auch Trainings durchzuführen.
imSalon: Wie bereitest du dich auf die Aufgabe vor?
Ich habe einen großen Mentor und das ist Reinhold Wild. Er hatte mich damals als Fachtrainer zu Goldwell geholt, dort machte ich erste Gehversuche auf der Bühne, es prägte meine Karriere. Auch von Noah Wild lerne ich in Gesprächen immer wieder viel.
imSalon: Und wie groß wird dein Gebiet sein?
Von Wiesbaden bis Kaiserslautern und ein bisschen mehr.
imSalon: Und wie verdienst du als Distributeur?
Ich erhalte Verkaufsprovision. Die Produkte selbst liegen bei der ‚Wild Beauty‘ im Lager und das Handling läuft auch über diese.
"Mitarbeiter frisieren gerne noch so, dass man es sieht"
imSalon: Dein großes Steckenpferd war ja immer die Farbe, wo siehst du die großen Trends 2015?
Die Kundin mag nicht mehr gefärbt ausschauen! Der Trend geht hin zum Natürlichen, zum Glamourösen, zu vielen Farben, hochwertigem Look, nur gefärbt darf es nicht aussehen.
imSalon: Und worin liegt die Herausforderung?
Naja, das ist eine heikle Situation mit der Dienstleistungsbewertung. Man sieht die Farbe nicht und soll Geld dafür nehmen, das ist für viele Mitarbeiter noch eine psychologische Barriere.
Das ist genauso mit dem Undone Styling. Es ist bei Weitem kein leichtes Stylen, nur Mitarbeiter frisieren gerne noch so, dass man es sieht, das rechtfertigt dann den Preis.
imSalon: Worauf legst du beim Training deiner eigenen Mitarbeiter wert?
Schon lange nicht mehr nur auf das Fachliche. In der heutigen Zeit ist Beratungsqualität und Kundenservice viel wichtiger geworden, das steht häufiger im Fokus.
Giuseppe Petrelli's Team
imSalon: Du hast ja auch Erfahrung als Inhaber von „Billigsalon-Konzepten“, hattest einmal 5 niedrigpreisige Salons. Das war nur von kurzer Dauer, warum?
Genaugenommen 2 Jahre und dahintergestanden habe ich nie so richtig, was das eigentliche Problem war. Mitarbeiter können sich in diesem Konzept nicht entfalten. Es gibt keine Beratung, keine Kreativität, sondern nur Umsatzdruck. Das war ein Stretch, denn bei mir im Salon wurde so nie gearbeitet. Ich bin mit Leib und Seele Friseur und so hab ich es ganz schnell wieder aufgegeben.
"Man erkennt nicht, ob Kundin Aldi oder Alnatura kauft"
imSalon: Wird es leicht sein das Thema Nachhaltigkeit zu verkaufen?
Nein! Viele Friseure erkennen den Trend noch nicht. auch am Kunden ist es sehr schwierig zu erkennen, denn man sieht ihm ja nicht an, ob er Aldi oder Alnatura kauft. Im Gespräch kann man es herausfinden, aber das ist ein Prozess und der Begriff LOHAS (lacht), diesen zu erklären, da kann ich Geschichten von stundenlangen Seminaren erzählen …
Man muss das Thema im Salon bespielen, so dass es wahrgenommen wird. Vor Allem sollte man selbst mit seinem Handeln dahinterstehen.
imSalon: Begleitet dich auch ein wenig Angst vor dem Neuen?
Derzeit bin ich noch sehr euphorisch und muss achtgeben, dass ich Mitarbeiter nicht überfordere. Natürlich ist es kein leichter Markt, aber spannend ist er und ich genieße neue Freiräume, kann eine gewohnte Fachtrainer Routine ablegen. Auch genieße ich es wieder mehr Zeit am Wochenende für mich und meine Familie zu haben.
imSalon: Als Distributeur hat man aber auch Umsatzdruck, oder?
Wir wollen langsam aber gesund wachsen und dabei Spaß haben, das ist die Philosophie der ‚Wild Beauty‘ und auch meine.
imSalon: Du bist Teil der Intercoiffure! Was gefällt die an dieser Vereinigung?
Das sind einfach tolle Menschen und bei den Treffen kommen Meinungsbildner der ganzen Branche zusammen. Dieser Austausch gefällt mir. Zudem werde ich jährlich auf Basis mehrerer Testkundenbesuche bewertet. Das ist ein schöner Spiegel, wo ich mich mit meinem Salon befinde.
imSalon.at: Worin liegen für dich die größten Herausforderungen der Branche 2015?
Ich sehe eine große Chance für kleinere Firmen, die viel schneller auf Trends reagieren können, als die Großen.
Das Thema Sonntagsschulung wird die Branche revolutionieren, denn wie schule ich in Zukunft und wann? Das wirft viele offene Fragen auf.
Wir müssen uns wieder mehr auf Basisdienstleistungen besinnen: Schöne Haare und hochwertige Farbe. Es braucht noch mehr tolle Techniken.
Die Dauerwelle bleibt tot, solange sie nicht in Kombination mit der Farbdienstleistung top sein kann. Färben ist wesentlich lukrativer – wir verzichten auf die Dauerwelle für die Farbe.
Haarberuhigung und schonende Glättung werden stärker thematisiert werden.
ImSalon: Danke Giuseppe Petrelli für einen spannenden Ein- und Ausblick, wir wünschen viel Erfolg!
Das Interview führte Raphaela Kirschnick