07.12.2022
Umsatzverteilung im Friseurhandwerk und deren Auswirkung
Das Handwerk hat goldenen Boden - Ist das noch so, fragt sich Rene Krombholz und zerpflückt die aktuellen Umsatzentwicklungen im Friseurhandwerk
Kommentar von Rene Krombholz
„Das Handwerk hat goldenen Boden“, so hieß es früher. Auch heute sieht, dass die Mehrheit der Verbraucher bestätigt, besonders wenn es um das Friseurhandwerk geht. Die Miete, ein paar Scheren und Bürsten, Wasser, Strom … und die Mitarbeiter verdienen ohnehin wenig – da muss ja der Chef das Geld mit der Schubkarre nach Hause fahren.
So abwegig ist diese Meinung über die Gedanken der Friseurkunden nicht. Selbst Mitarbeiter, nach der Gewinnspanne in ihrem Salon befragt, schätzen diese in der Regel mit 40-60 % Gewinn ein.
Über die Realität redet kaum einer, wer will schon als Unternehmer zugeben, dass nicht alles so golden ist, wie es scheint. Die Probleme der Branche werden oft auch persönlich genommen und totgeschwiegen.
Stellt man allerdings Branchenkennzahlen mit diversen Angaben des Statistischen Bundesamtes oder des Zentralverbandes gegenüber, dann wird schnell deutlich, dass man nicht der Einzige ist, der mit irgendwelchen Problemen hadern muss.
Rund 86.021 Friseursalons gibt es Ende 2021 in der Bundesrepublik
Das sind 22.344 mehr wie zur Jahrtausendwende (63.677).
Das bedeutet bei gleichbleibender Bevölkerungszahl deutlich weniger Kunden für jeden einzelnen Salon und damit weniger Umsatz.
Diese 86.021 Salons teilen sich auf in
- 54.464 Salons, die steuerpflichtig sind und von ihrer Einnahme 19 % Umsatzsteuer abführen.
- 31.557 Salons, die steuerbefreit keine Umsatzsteuer abführen müssen. (Kleinunternehmen)
Die Kleinunternehmen
Sie verzeichnen einen Jahresumsatz von WENIGER als 22.000,- Euro im JAHR und sind aus diesem Grund von der Umsatzsteuer befreit. Das bedeutet einen Umsatz im Monat von weniger als 1.833 Euro oder bei 22 Arbeitstagen von weniger als 83,- Euro pro Tag.
Früher wurden diese in der Handwerkszählung mitgezählt. Da die Zahl der Betriebsstätten aber dramatisch gestiegen ist, wurde politisch entschieden: Diese Kleinbetriebe werden ab sofort nicht mehr mitgezählt. Ihre Zahl ermitteln wir aus der Zahl der Betriebe, die bei der BGW gemeldet sind, abzüglich der steuerzahlenden Betriebe lt Umsatzsteuerstatistik.
Nach Abzug aller Kosten dürfte sich der Gewinn / Lohn für den/die Unternehmer/in kaum über eine Summe von brutto 1000,- Euro im Monat hinausbewegen.
Die Frage muss erlaubt sein: Wie kann man davon dauerhaft seinen Lebensunterhalt bestreiten? Wie sind hier Qualitätssicherung und Weiterbildung möglich? Fragen, die bisher offen bleiben ...
Die steuerzahlenden Betriebe
32,4 Prozent der steuerzahlenden Salons (das sind 37.826 Salons) kommen über einen Jahresumsatz von 125.000 nicht hinaus. Dem Eva Paneel Betriebsvergleich (2018) entnehmen wir den Gewinn eines deutschen Friseursalons mit durchschnittlich 19,1 %. Neuere Angaben liegen hier nicht vor, es ist davon auszugehen, dass der Gewinn im Laufe der letzten Jahre sogar deutlich gesunken ist.
19,1 % Gewinn von maximal 125.000 €, das ergibt einen Gewinn pro Jahr von 23.875 Euro, was einem monatlichen Unternehmereinkommen von 1.990 Euro entspricht und damit im Bereich der Mitarbeiter Entgelte liegt.
Bedeutet: 81 % der Marktteilnehmer (Unternehmer) liegen in der Einkommensskala in der Nähe ihrer Mitarbeiter. Branchenkenner erschrecken bei diesen Zahlen absolut nicht, sondern vermuten eine hohe Kreativität bei der Kassenführung. Schwarzgeld scheint eines der größten Probleme dieser Branche, auch wenn aus der Not heraus entstanden, so zögert man eine Gesundung des Marktes hinaus.
Die wäre möglich, wenn sich einiges bewegen würde, die Ursache dieser problematischen Zahlen liegt schlicht und einfach in einer unzureichenden Wertschöpfung.
Das Statistische Bundesamt publizierte im Frühjahr 2020 eine hierzu passende Meldung.
- Im Jahr 2017 arbeiteten in Deutschland 240 000 Personen in der Friseurbranche. Sie waren für einen Umsatz von rund 6,7 Milliarden Euro verantwortlich.
- Im Durchschnitt setzte somit jede der dort tätigen Personen mehr als 28 000 Euro im Jahr um.
- Im Vergleich mit anderen zulassungspflichtigen handwerklichen Berufen (im Durchschnitt rund 126 000 Euro Umsatz pro tätige Person) reihen sich Friseurinnen und Friseure damit am Ende der Skala ein.
Bei den derzeit drastisch steigenden Kosten sind immer weniger Entnahmen aus der Kasse möglich, einziger Rettungsweg sind steigende Umsatzzahlen.
Billiganbieter werden in Zeiten knapper Kassen genügend Zulauf haben, alle anderen sind jetzt gefordert. Es wird unumgänglich werden die Preise anzupassen, ebenso aber die Leistung, sonst bleiben die Kunden verärgert aus.
Diese Zeit bietet Chancen
Dabei bieten sich unglaubliche Möglichkeiten, wenn man sein Augenmerk einmal darauf lenkt, was wir tagtäglich im Salon leisten. Vieles ist selbstverständlich geworden und vieles ist anders als beim Billigfriseur. Service, Betreuung, Beratung ….. Man muss es nur sehen, herausstellen und darüber reden. Alleinstellungsmerkmale schaffen nennt man das, in der Friseurbranche zu selten praktiziert.
Seien Sie mutig, wagen und unternehmen Sie etwas, alles, was sie anders machen, trägt zu ihrer Einzigartigkeit bei, die sie jetzt brauchen, um sich im Markt abzuheben.
Viel Erfolg dabei
Ihr Rene Krombholz