Credit: Martin Steiger

10.05.2024

Wenn der Staat selbst das schlechteste Vorbild ist

Mit zweierlei Maß wird gerne gemessen! Wenn der Staat das tut, dann läuft sehr viel schief, vor allem, wenn es so offensichtlich ist… Ein Plädoyer für einen Blick auf Frauen-Nicht-Rechte, die Friseurunternehmerinnen besonders treffen ...

Kommentar von Raphaela Kirschnick

„Wir brauchen MEHR … Quotenregelung, Kinder, viel mehr Kinder, Nachwuchs, Frauen in Technikberufen, Führungspositionen, Unternehmerinnen, Frauen an die Macht, Kampf der weiblichen Altersarmut, Gegen die Ungleichbehandlung von Frauen“, die Liste der Forderungen rund um Frauenrechte ist lang. Politiker suhlen sich gerne im Trog all dieser wünschenswerten, gut klingenden Floskeln.  

Denn die Regierung hat viele Forderungen, nur wie sieht es aus mit ihrer Vorbildfunktion? Wie sieht es aus mit der eigenen politischen Arbeit? Und ich rede nicht von ausgewogener Besetzung von Ämtern in eigenen Reihen, sondern von den Gesetzen, die zu einer Gleichberechtigung der Frau in der Gesellschaft beitragen, und zwar in den Bereichen, die für Frauen höchst relevant sind.

Kinderkriegen ist nach wie vor eine der größten Hürden auf dem weiblichen Karriereweg. Das beginnt bereits mit der Schwangerschaft. Als werdende Mutter wird man in allerlei Hinsicht von der halben Welt in Watte gepackt. Jeder Arbeitgeber kann ein Lied davon singen, ob der unglaublichen Auflagen, die er zu erfüllen hat, damit schwangere Mitarbeiterinnen ja alles unbescholten überstehen.

Aber wie sieht es aus mit all den Unternehmerinnen, die man zu Recht fördern will? In Punkto Mutterschutz sieht es da ziemlich Mau aus, den gibt nämlich nicht.

Jetzt sind wir in einer Branche mit 68% Unternehmerinnen. Insgesamt ist das Friseurhandwerk zu 80% weiblich. Viele junge Friseurinnen machen sich über so manches im Zuge der Selbstständigwerdung Gedanken, sicherlich nicht darüber „Was, wenn ich schwanger bin“. Mutterschutz ist in der westlichen Arbeitswelt ein so heiliges Gut, dass man gar nicht auf die Idee kommt, dass es diesen für Unternehmerinnen nicht gäben könnte. Mutterschutz gilt für alle Politikerinnen und Beamtinnen, für jede Frau, im von uns finanzierten Staatsapparat.

Unternehmen werden genötigt massive Auflagen umzusetzen, die Schwangere im Job massiv schützen sollen. Als Schwangere hat man heutzutage alle Rechte dieser Erde, vorausgesetzt, man ist angestellt.

Für Unternehmerinnen scheint dies nicht zu gelten. Man arbeitet bis zum letzten Tag und kommt so bald wie möglich wieder zurück, denn, ihnen zahlt niemand, die vom Gesundheitswesen streng verordneten Auflagen. Unternehmerinnen-Embryos werden offensichtlich einer ungemeinen Gefahrenlage ausgesetzt.

Jetzt mag das in Unternehmen mit großen Strukturen noch leichter umsetzbar sein. In personalintensiven Gewerken, wie Friseurhandwerk, Kosmetik, Massage, etc., wo Chefin selbst am Stuhl, in der Küche, usw. steht, ist es das mit Sicherheit nicht.

Dann werde halt nicht schwanger, das ist ja eine bewusste Entscheidung argumentierte vor Kurzem ein Mann mit mir. Nun, Mann kann sich auch gegen Adipositas, für Bewegung und gegen schlechte Ernährung entscheiden und damit Herzinfarkt und anderen Folgeerkrankungen vorbeugen. Denn damit erhalte ich zumindest eine Betriebsausfallversicherung. Für Schwangere schlichtweg unmöglich.

„Dann sollen Frauen eben angestellt bleiben, ist eh besser“ Das sind Argumente die Meinung machen, verunsichern und Frauen sofort in die noch immer allzu oft männergewollte Rolle zurückwerfen.

Wo bist du lieber Staat? Wo sind Gesetze, die schwangere Unternehmerinnen schützen, ihnen Rechte einräumen, die es ermöglichen wichtigen Nachwuchs für dieses Land zur Welt zu bringen?

Aktivistin Florynce Kennedy hat einmal gesagt „Wenn Männer schwanger werden könnten, wäre die Abtreibung ein heiliges Sakrament.“ Genauso ist es in einer nach wie vor von Männern regierten und dominierten Welt.

Im Jahr 2024 hat es der Staat immer noch nicht geschafft, Gleichberechtigung und Fairness vollends zu fördern, zu leben und zu initiieren.

Liebe Bundesfrauenministerin Lisa Paus, im Dezember lobten Sie ihre Regierungsarbeit „Unsere Führungspositiongesetze tragen entscheidend dazu bei, dass mehr Frauen Führungsverantwortung übernehmen. Der Bund geht hier mit gutem Beispiel voran …  gelingt ein Kulturwandel. ….  davon profitiert auch die Gesellschaft, weil es einen echten Fortschritt bei der Gleichstellung der Geschlechter bedeutet.“

Sie haben es in der Hand Gesetze anzustoßen, die Mutterschutzthematik liegt seit Jahren auch Ihnen per Petition vor. Tun sie etwas Relevantes für Unternehmerinnen, für Gleichbehandlung und halten Sie ihr Wort und gehen Sie mit gutem Beispiel voran: Schaffen Sie die gesetzlichen Rahmenbedingungen, so dass Frauen, die Führungsverantwortung übernehmen und Unternehmertum leben, abgesichert sind, wie alle anderen Frauen auch. Oder sie schmeißen weiterhin dicke Steine in den Weg eines jeden jungen Mädchens, dass in einer Männerwelt Fuß fassen möchte.

In den letzten Wochen hatte ich zahlreiche Gespräche mit schwangeren Unternehmerinnen, die sich in einer Zeit, die die wichtigste im Leben einer Frau sein sollte, mit Existenzängsten rumschlagen. Das darf nicht sein.

Ich bin zutiefst schockiert über die inkonsequente und ignorante Frauenpolitik unserer Regierung.

#MutterschutzFürAlle ist unser Fokusthema im Mai

Eure Raphaela Kirschnick