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13.06.2025

„Unser Ausbildungssystem hinkt fachlich hinterher“

Extensions und Haarverdichtung sind ein weites, aber vernachlässigtes Feld in der Aus– und Weiterbildung, ist Trainerin Heidrun Opitz überzeugt. Sie setzt bereits bei Azubis an, möchte den Blick von Friseursalons auf diese Azubi-Nische lenken und sieht auch Handwerkskammer und Fachschulen in der Pflicht.

Im Gespräch mit Katja Ottiger

Sie sind Head of Education in der AVAcademy, die mit 1. Januar 2025 gestartet ist. Ein Alleinstellungsmerkmal dort sind die Extensions-Azubi-Kurse. Was bieten Sie an?
Heidrun Opitz: Es ist tatsächlich so, dass der Fachbereich Zweithaar, Haarersatz und Extensions in der Friseurausbildung regulär nicht bedient wird. Zum einen, weil niemand da ist, der es vermittelt und zum anderen niemand da ist, der es abprüft. Ich bin in der Handwerkskammer in Aschaffenburg in der überbetrieblichen Ausbildung tätig, wir prüfen in diesem Jahr in Unterfranken gerade mal einen Auszubildenden im Modul Extension. Es wählen definitiv viel zu wenige dieses Modul, weil es nicht ausreichend geschult wird. Da hinkt unser System hinterher.

Sie sehen den Bedarf in den Salons?
HO:
Extensions ist seit 25 Jahren ein stetig wachsendes Thema. Extensions werden für Endkunden immer erschwinglicher und besser umsetzbar, weil die Range es zulässt. Man findet für alle und jedes Budget einen passenden Anbieter. Als Salon kann man es sich kaum erlauben, Extensions nicht anzubieten. Das ist, als würde ein Friseur sagen: „Nee, sorry, aber wir färben nicht.“ Nur Fakt ist, egal womit ich arbeite, die Technik muss funktionieren und ich muss sie irgendwo lernen können.

Die ►AVAcademy precht da jetzt vor?
HO:
Ja, denn ein Problem in Deutschland ist, dass die großen Extensions-Anbieter immer noch auf Basis von Knebelverträgen arbeiten: Klar dürft ihr bei uns Schulungen machen, aber dafür müsst ihr mit unseren Haaren arbeiten. Ihr wollt mit unseren Haaren arbeiten? Dann nur mit unseren Schulungen! Diese Verträge machen wir nicht, wir wollen das Ganze aufbrechen. Der Friseur, der im Kopf offen und kreativ ist, soll eigene Entscheidungen treffen dürfen. Wir schulen in allen Bereichen - Tapes, Wefts, Bondings, ►Haarverdichtung - egal, mit welchem Haaranbieter gearbeitet wird.

Ein breites Feld! Wie findet man da das richtige für sich selbst und seinen Salon?
HO:
Friseure sagen oft: „Ich würde ja mit Extensions arbeiten, aber womit soll ich anfangen?“ Unsere Wochenkurse bieten die Möglichkeit, sich alle Techniken mit Leihmaterial anzuschauen und anschließend zu entscheiden, mit welcher Technik man starten könnte. Viele Friseure wissen nicht, was ihnen Spaß macht, denn eine Tresse einzunähen ist eine ganz andere Arbeit, als ein Tape zu kleben.

Die Kurse gibt es unterstützend für Auszubildende und Lehrausbilder?
HO:
Ja, für die besonders! Azubis erlernen bei uns alle Techniken, die im Salon einsetzbar sind. In unseren Azubi-Wochen bieten wir zweiwöchige Kurse für Auszubildende und einwöchige Kurse für Friseurgesellen, bzw. vier Wochenkurse mit wöchentlichen Unterbrechungen für Quereinsteigende an. Auch sie sollen in der Branche Fuß fassen können. Denn der Fachkräftemangel ist extrem und wir wollen unseren Beitrag leisten. So kann sich ein Friseursalon auf Kleinstangestellten-Basis eine Assistenz aufbauen, die vielleicht samstags Extensionskunden für ihn einarbeitet.

Azubis kosten richtig viel Geld, weil sie selten da sind. Und wir haben heute das Problem, dass die guten Friseure, die ausbilden, so gut gebucht sind, dass sie oft keine Zeit haben, ihre Azubis auszubilden. Ich habe in der Handwerkskammer die Jugendlichen vor mir sitzen, die sagen, sie lernen bei mir in zwei Tagen mehr als in einem Jahr Ausbildung. Warum? Weil ich mir Zeit für sie nehmen kann. Das ist kein Vorwurf an die Friseure, das ist schlichtweg unserem Fachkräftemangel geschuldet. Es gibt zu viele Kunden auf zu wenig Friseure. Es ist wichtig, dass Ausbildung extern stattfindet. Wir wollen keine Chefs auflaufen lassen, aber die Jugend dort abholen, wo sie steht. Denn leider fühlen sich viele im Stich gelassen, das macht unseren Beruf unattraktiv.

Also direkte Unterstützung für ausbildende Betriebe?!
HO:
Ja! Wir unterstützen ausbildende Unternehmen! Denn der Vorteil ist FÜR ALLEnicht von der Hand zu weisen: Wenn Azubis oder Mitarbeitende tolle Umsätze generieren, sind auch Ver-Provisionierungen möglich, denn ein eigener Kundenstamm stärkt die Salonbindung. Freigetränke für die Mitarbeiter reichen als Goodie schon lange nicht mehr aus. Mein Chef in der Ausbildung hat immer gesagt: Wenn du wirklich gute Mitarbeiter haben möchtest, bilde sie aus!

Sind Ausbildungen in der AVAcademy für Unternehmen förderbar?
HO
: Da sind wir gerade dran. Wir diskutieren mit dem Arbeitsamt wegen des Fachkräftemangels in unserer Branche, ob man mit Bildungsgutscheinen arbeiten könnte. Ich habe bereits eine Kontaktperson und bin gerade auf Terminfindung, dort unser Konzept zu präsentieren. Vielleicht gäbe es auch eine Option, in den Handwerkskammern oder über die Berufsgenossenschaft zu schulen, um erste Erfahrungswerte zu sammeln.

Was ist Ihr persönlicher Favorit, was schulen Sie am liebsten?
HO: Ich arbeite am liebsten mit Tape Lines und mit Microtapes. Aber letztlich finde ich alle Techniken interessant. Ich glaube, dass man im Extensions-Bereich kein Profi sein kann, wenn man nur eine Technik anbietet. Profi zu sein heißt, für meine Kunden die richtige Technik auswählen zu können, und nicht anzubieten, was mir selbst am meisten Spaß macht. In unserem Trainerteam sind wir zu fünft und jeder von uns kann alle Kurse geben, auch wenn jeder sein Spezialgebiet hat. Aus dieser Vielfältigkeit heraus ist ja auch die AVAcademy entstanden.

Sie sind selbst ein wandelnder Produktkatalog, wenn ich das mal so sagen darf. Sie selbst tragen verschiedene Extensions-Techniken am Kopf?
HO:
Ja, ich trage alle Techniken (lacht). Ich habe ►Butterflys und Tressen, Microtapes und Microbonds drin. Das gesamte Sortiment. Ich mag eben die Vielfältigkeit.

Über Heidrun Opitz:
Heidrun Opitz ist Head of Education in der AVAcademy und maßgeblich an der Konzeptionierung und (Weiter-) Entwicklung der AVAcademy und ihrem Schulungsangebot beteiligt – von Tapes und Tressen über Bondings und Butterflys bis hin zur Combline Haarverdichtung. Heidrun Opitz sieht Potenzial in der Extensions-Ausbildung vor allem bei Azubis und Gesellen, aber auch Quereinsteiger*innen, Rezeptionist*innen und Assistent*innen. 

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