Roman Bartl stellt Haarschneid Tutorials ins Internet | C: David Königsmann

13.01.2021

Roman Bartl: Seid selbstbewusst, ihr wisst, was ihr könnt!

Seinen KundInnen zeigen, wie man sich selbst die Haare schneidet, ist für viele ein Tabu. Der Hamburger Schneideprofi erklärt, weshalb er es dennoch macht … Von KundInnen gelobt, von KollegInnen kritisiert – Roman Bartl will KundInnen in Not helfen ...

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Wie geht es Ihnen aktuell im dritten verlängerten Lockdown?
Roman Bartl:
Eigentlich ganz gut. Ich habe das Glück, dass ich in Deutschland lebe und auf Unterstützung zählen kann. Außerdem arbeite ich allein, das heißt, ich muss mich um keine MitarbeiterInnen kümmern, das ist in der Krise ein Vorteil. Das alles zu organisieren ist eine Riesen-Hacke. Da spreche ich allen Kollegen meinen tiefsten Respekt aus.

Sie haben Videos auf Ihren YouTube Kanal gestellt, in denen Sie Tipps geben zeigen wie man sich selbst Pony, Konturen etc. schneiden kann. Wie kam es dazu?
RB: Steffen Hallaschka, der Moderator von Stern TV, ist ein Kunde von mir. Da ich ja wegen des Lockdowns viel Zeit hatte, rief ich Ihn an und fragte, ob er den nicht Lust hätte, mit mir zusammen zum Thema Haare etwas zu machen. So kam es zu meinem Auftritt im Stern TV mit einem ‚hair coaching‘. Ich zeigte Ihm dann über Skype, wie er sich selbst seine Augenbrauen, Konturen und Konturen etwas kürzer schneidet, sodass er sich bis zu seinem nächsten Besuch bei mir einigermaßen wohlfühlt.

Und so kamen Sie dann auf die Idee, DIY Videos zu produzieren?
RB: Genau, ich habe die Videos schon im ersten Lockdown aufgenommen. Ich bin sehr selbstkritisch und hatte das Gefühl, ich schaue zu ernst drauf aus. Dann im zweiten Lockdown vor Weihnachten war’s mir dann doch egal und hab die Videos veröffentlicht.

„Eure KundInnen werden nicht zu eurer Konkurrenz!
Seid selbstbewusst, ihr wisst, was ihr könnt!“

Und von Kollegen gab es daraufhin massive Kritik? Was sagen Sie denen?
RB:
Ich denke, dass viele Friseure Angst haben, damit ihre Kundinnen zu verlieren.
Aber mit so viel Wissen und Erfahrung, wie es die meisten Friseure haben, ist das doch gar nicht möglich, einen solchen zu ersetzen. Eure KundInnen werden nicht zu eurer Konkurrenz! Seid selbstbewusst, ihr wisst, was ihr könnt!

Nur eine Frage des Selbstbewusstseins?
RB:
Für mich ist es noch mehr, es ist Stammkundenpflege und letztendlich wertschätzen uns Kunden jetzt nur noch mehr. Und seien wir ehrlich, es ist doch nicht einfach sich selbst oder auch jemand anderem ohne Kenntnisse die Haare zu schneiden, es bleibt immer eine Notlösung.

Und Ihre KundInnen waren begeistert?
RB: Ja! Die Videos sind ja nur eine Hilfestellung, eine Unterstützung, wie man sich aus dieser Notsituation herausholt, sich nicht das Auge aussticht und seine Haare nicht komplett verschneidet. Dann wenn alle wieder zum Friseur gehen können, ist es für uns einfacher, aus halbwegs gut selbst nachgeschnittenen Haaren wieder eine schöne Frisur zu machen. Die Leute fangen sowieso aus Verzweiflung an, sich die Haare zu schneiden, warum soll ich dann nicht helfen?

Und dafür sind Ihre KundInnen und alle anderen ZuschauerInnen natürlich dankbar!
RB: Definitiv! Letztens rief mich eine Kundin an und ärgerte sich, dass sie meine Videos nicht angeschaut hatte, bevor sie sich selbst die Haare schnitt. Ich bin dankbar, dass ich so treue KundInnen habe und sie die Friseurarbeit auch immer mehr schätzen.

„Schwierig wird es eher für den niedrigen Sektor mit Laufkundschaft…“

Wie viele Schnitte mussten Sie denn schon reparieren?
RB: Nicht viele. Die KundInnen sind relativ vorsichtig und haben ein wahnsinnig schlechtes Gewissen, wenn sie ihre Haare selbst geschnitten haben. Ich mache dann etwas Tolles daraus, wofür meine KundInnen natürlich sehr dankbar sind. Die Wertschätzung von Seiten aller Kunden steigt vor allem im dritten Lockdown – mit unseren StammkundInnen werden wir stabil durch die Krise gehen. Schwierig wird es eher für den Niedrigpreissektor mit Laufkundschaft…

Es gibt 6 Tutorial Videos auf YouTube – keins von denen behandelt Farbe. Warum nicht?
RB:
(lacht) Ich bin untalentiert im Färben. Mit Anfang 20 habe ich mich entschieden mich zum Haarschneidespezialisten ausbilden zu lassen– ich weiß zu wenig übers Färben, um darüber etwas sagen zu können.

Das heißt, Sie haben einen eigenen Salon, aber färben nicht?
RB: Genau (lacht), in meinem Salon gibt es keine Farbdienstleistungen. Ich empfehle den KundInnen dann einen von zwei Salons, bei denen ich weiß, dass sie gut aufgehoben sind. Mit diesen Salons arbeite ich seit Jahren zusammen.

Ungewöhnlich. Ihre Haarschnitte sind eher hochpreisig?
RB:
Ja. Ein Frauenhaarschnitt kostet beim ersten Besuch 90€, ein Männerhaarschnitt 80€. Wenn die Kunden innerhalb von 6 Wochen zum nächsten Haarschnitt kommen erhalten Sie 10%, innerhalb von 3 Monaten, 5% Preisnachlass. Ich möchte so meine Wertschätzung an Kunden ausdrücken, die mich öfters besuchen.

Es gibt ein eigenes Augenbrauen-Schneiden Video… Ist das ein Thema?
RB: Ja ist es! Aber ein Männerthema. Genau so wie Haare in den Ohren oder in der Nase…

Rufen viele Kunden an und wünschen Hausbesuche im Lockdown?
RB: Ja, immer mal wieder. Ich weise dann daraufhin, dass keine körpernahen Dienstleistungen erlaubt sind und ich bis 25.000€ Strafe zahlen müsste. Glücklicherweise habe ich total verständnisvolle Kunden. Die sollen sich alle einfach umso mehr auf den nächsten Salonbesuch freuen!

Ich wünsche Ihnen ein gutes neues Jahr, vielen Dank für das offene Gespräch!
 

Zu Roman Bartl
Friseurmeister mit Spezialisierung auf Haarschnitte mit umfangreicher Schneideausbildung bei Sassoon.

Während des Corona-Lockdowns hat Roman Bartl begonnen, DIY Tutorials zu drehen, darin  erklärt er, wie sich KundIn selbst behelfsweise Pony und unschöne Stellen schneidet.