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06.04.2022

Janina Milius: Wir haben Öffnungszeiten abgeschafft, feste Arbeitszeiten sind altmodisch

Wie organisiert man einen Salon, in dem jeder arbeiten kann, wann er will. Janina Milius zeigt mit ihren 5 MitarbeiterInnen, wie es mit viel Vertrauen gehen kann. Ihre Mitarbeiterinnen berichten, wie sie damit ihr eigenes Leben besser organisieren, aber auch Kund*innen wesentlich zufriedener sind…

Flexible Arbeitszeiten gibt es in vielen Branchen. Auch in der Friseurbranche wird immer mehr darüber nachgedacht. Janina Milius ist Unternehmerin, Mutter, Trainerin im Friseurhandwerk und Lehrkraft in einer Berufsschule für Handwerksberufe. Flexible Arbeitszeiten sind in vielen Berufen möglich. Ob auch im Friseurberuf möglich wollte sie ausprobieren und startete im Juli 2021mit ihren Mitarbeiterinnen einen Versuchsballon. Aus dem Versuchsballon wurde ein Salon ohne feste Öffnungszeiten. Von ihr und ihren Mitarbeiterinnen wollten wir wissen, wie sich dadurch ihr Arbeitsalltag verändert hat.

Im Interview mit Birgit Senger
 

Warum habt ihr im Salon keine festen Öffnungszeiten mehr?
Janina Milius:
Flexible Arbeitszeitmodelle gibt es in vielen Berufen, warum nicht auch für uns Friseure? Diese Frage beschäftigte mich schon lange. In vielen Branchen wird nur noch nach Termin gearbeitet, dann braucht es auch keine festen Öffnungszeiten mehr. Welches Modell wäre also für uns im Salon zeitgemäß? Letztes Jahr habe ich dann meine Mitarbeiter gefragt, was sie davon halten würden, wenn wir feste Öffnungszeiten abschaffen und flexible Arbeitszeiten einführen würden. Die Zustimmung war prompt und riesig. Ich finde feste Arbeitszeiten altmodisch. Seit Juli 2021 arbeiten wir mit flexiblen Arbeitszeiten und es läuft mega!

„Flexible Öffnungszeiten… man braucht Vertrauen, um den Schritt zu tun!“

Was ist zu beachten, wenn man feste Öffnungszeiten abschafft.
JM:
 Die wichtigste Regel, sowohl für Unternehmer*innen und Mitarbeiter*innen heißt, der Umsatz muss stimmen, eigentlich ja nichts Neues. Wenn man mit einer guten Kassensoftware arbeitet, ist es für alle gut möglich ihre Umsätze im Blick zu behalten. Ich würde sagen, man braucht Mut und Vertrauen, um den Schritt zu tun. Ich habe meinen Mitarbeitern gleich gesagt, ihr braucht mir nicht zu sagen, wann ihr arbeiten wollt und wann ihr freihaben wollt. Macht einfach, so wie es euch passt, fürmich ist alles ok, solange der Umsatz passt. Für manche Mitarbeiter*innen war das anfangs ungewohnt. Ab und zu werde ich noch gefragt, kann ich den Nachmittag oder das Wochenende freihaben. Da kommt die jahrelange Gewohnheit durch.

„Ihr braucht mir nicht zu sagen, wann ihr arbeiten wollt und wann ihr freihaben wollt.“

Vergeben alle Mitarbeiter*innen ihre Termine selbst?
JM: Angefangen haben wir damit, dass alle fünf ihre Termine über ein Salonhandy direkt mit den Kunden gemacht haben, das war die reinste Katastrophe. Es wurden mehrere Kundentermine gleichzeitig zur Auswahl angeboten etc. Jetzt arbeiten wir mit WhatsApp Business und sind dazu übergegangen, dass ich die Terminvergabe verwalte. Gibt es Terminwünsche, die von den gewohnten Arbeitszeiten der Mitarbeiter abweichen, werden diese zwischen Friseurin und Kund*innen persönlich abgesprochen.

„Ich muss mir keine Gedanken mehr um Dienstpläne machen.“

Welche Vorteile siehst du als Chefin?
JM: 
Um Dienstpläne muss ich mir keine Gedanken mehr machen. Ich muss den Mitarbeitern, die in meinem Fall alle älter sind als ich, nicht vorschreiben, wann sie zu arbeiten haben. Jeder teilt sich seine Zeit selbst ein. Es gibt keine Leerlaufzeiten, weil Mitarbeiter*innen nur da sind, wenn sie auch einen Termin haben. Wir haben ein tolles Arbeitsklima, weil die Mitarbeiter*innen zufriedener sind. Oder gerade in den letzten Monaten, wenn Kund*innen wegen Quarantäne kurzfristig einen Termin abgesagt haben, dann muss man nicht im Salon bleiben, sondern kümmert sich in der Zwischenzeit um Privates und bietet den Termin den Kunden in den darauffolgenden Tagen am Abend. Das klappt wirklich prima.

 

Wie behältst du den Überblick über die geleisteten Arbeitszeiten?
JM: Jeder Mitarbeiter zeichnet seine Stunden selbstständig auf. Die Aufzeichnungen werden dann von mir unterschreiben und wie vorher auch monatlich ans Steuerbüro weitergegeben.

Habt ihr als Team feste Zeiten, in denen alle zusammenkommen?
JM: Ja, einmal im Monat haben wir Teamabend, da freuen sich alle drauf. Wir nutzen den Teamabend, um uns gegenseitig die Haare zu machen und alles, was sich in unserer Salonbox gesammelt hat, zu besprechen.

Welcher Box?
JM: Wir haben im Salon eine Box, in die jeder Zettel mit Kritik und Anregungen werfen kann. Die schütten wir dann aus und somit kommt alles auf den Tisch und wird besprochen, das ist mir sehr wichtig.

Werdet ihr bei diesem Arbeitszeitmodell bleiben?
JM: 
Ja, die Öffnungszeiten abzuschaffen war die beste Entscheidung.

Das sagen uns die Mitarbeiter zum neuen Arbeitsalltag?

“Ich bin viel freier und flexibler in der Organisation. Ich finde ein flexibles Arbeitszeitmodell familien- und kundenfreundlicher.“

Janna Spoolder
 

„Ich finde flexible Arbeitszeiten göttlich, gerade für mich mit 2 Kindern. Ich kann mich viel besser organisieren und fühle mich weniger unter Druck, da ich meine Arbeitszeit so einteilen kann, wie es für uns als Familie und mit der Betreuung meiner Kinder passt.

Andrea Venemann
 

„Ich bin flexibler, kann gut planen. Ich kann mich besser danach richten, wie es den Kunden passt. Die meisten meiner Kundinnen sind Mütter und fangen nach einem Jahr wieder an zu arbeiten. Sie schätzen es sehr, wenn man auch mal abends einen Termin anbietet, wenn der Mann zu Hause ist und auf die Kinder aufpassen kann.“

Silvia Niehoff
 

„Ich liebe das System der flexiblen Arbeitszeiten. Es macht es mir auch privat leichter, wenn es darum geht, Arzttermine zu vereinbaren oder wie gerade aktuell am nächsten Wochenende zu verreisen. Ich arbeite die Tage vorher einfacher mehr und mach dafür den Freitag frei.“

Ulrike Ekenhorst

Ihr hört euch alle sehr glücklich an. Danke für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.
 

Zum Salon

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Salongröße 55qm
Bedienplätze 5
Mitarbeiter 4+ Inhaberin
alle arbeiten Teilzeit von 30 bis 120 Stunden/ Monat.