10.01.2025
"Ich bilde ohne Pay-off für den Markt aus und fordere eine umlagefinanzierte Ausbildung"
Patrick Kolbe sieht die Branche aus zwei Blickwinkeln, einmal als Salonunternehmer mit 26 Betrieben und zusätzlich als Head of Sales für die zeitgeistige Marke Alter EGO...
Patrick Kolbe, Head of Sales & Communications Alter Ego Deutschland/ Saloninhaber Trend Hair, 26 Salons und 195 Mitarbeitende, im Gespräch mit Raphaela Kirschnick
Die CMC (Coiffeur Marketing Company) setzt in Deutschland auf die italienische, nachhaltige Marke Alter Ego. Wie hat sich die Marke etabliert und was ist eure Strategie?
Patrick Kolbe: Unser Motto lautet, wir wollen den Friseur glücklich machen und den Endverbraucher begeistern. Das baut auf 3 Säulen: hohe Produktqualität, starker Service und konsequenter Friseurfokus, ergänzt mit starker italienischer Identität und einem hohen Nachhaltigkeitsanspruch. Wir richten unsere gesamte Strategie auf den Salon aus und stellen uns kontinuierlich die Frage, wie Salons ihre Kunden optimal begeistern und langfristig binden können.
Wie lange gibt es die Marke Alter Ego eigentlich schon?
PK: Die Marke gibt es seit über 30 Jahren, in Deutschland haben wir vor 15 Jahren gestartet. Vor acht Jahren wurde Alter Ego dann von der CMC für den deutschen Markt neu positioniert.
Was ist es, was Endverbraucher begeistert?
PK: Die Marke ist äußerst zeitgemäß und steht für Innovation. Alter Ego ist eine moderne, aktuell ausgerichtete Marke mit gezielt entwickelten Produktlinien. Unser umfassendes Sortiment lässt keine Wünsche offen und richtet sich speziell an die Bedürfnisse von Profis. Dabei legen wir besonderen Wert auf Dienstleistungen, die nur im Salon angeboten werden können. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist der Lamination-Service mit dem Glas-Effekt, bei dem ein schützender Film auf das Haar aufgetragen wird, der das Licht prismenartig reflektiert. Diese exklusive Serviceleistung bereichert das Salonangebot und spricht vor allem trendbewusste Kundinnen an – ein echtes Win-win für alle Beteiligten.
Das kannst du ja gut selbst beantworten, denn du siehst den Markt aus zwei Blickwinkeln, als Industriepartner und gleichzeitig Saloninhaber von 26 Betrieben. Was sind denn aktuell die Herausforderungen, die du für das nächste Jahr siehst.
PK: Das makroökonomische Umfeld ist aktuell für alle Salons herausfordernd. Die aktuellen wirtschaftspolitischen Guidelines und der Zeitgeist verstärken den Trend zu kleineren Salons bis hin zu Microsalons und Soloselbstständigen. Diese Entwicklung führt zwangsläufig zu weniger Nachwuchs und weniger Fachkräften. Grundsätzlich sehe ich eine abnehmende Kompetenz im Markt, und das stimmt mich nachdenklich.
Wie nimmst du diese wahr?
PK: Es gibt immer weniger junge Menschen, die in die Ausbildung gehen, es mangelt an Fachkräften. Ich sehe bei einem Teil des Nachwuchses wenig Leidenschaft, und entsprechend schwach ausgeprägte fachliche Kompetenzen. Das birgt natürlich auch Chancen, denn Profis können sich nun mit ihren Dienstleistungen abheben. ‚Haare ab‘ schaffen viele, aber sobald es um einen Total-Beauty-Ansatz geht, nimmt die Kompetenz erschreckend ab.
Abnehmende Kompetenz auf Auszubildenden oder Ausbilder Seite?
PK: Na ich würde sagen auf beiden. Das Matching ist entscheidend. Was nutzt der gute Ausbilder, wenn der Azubi überfordert ist, und was nutzt der supermotiverte Azubi, wenn der Ausbilder nur Putzen einfordert, oder vielleicht methodisch zu wenig leisten kann.
"Ein Azubi kostet mich durchschnittlich 1.200 Euro im Monat, das refinanziert sich nicht..."
Ausbildung wird beim Zukunftskongress groß thematisiert. Was würdest du dir denn wünschen?
PK: Als Friseurunternehmer investiere ich relevantes Geld in die Berufsausbildung einer Generation, die keine Loyalität mehr entgegenbringt. Die sind in einer Freebie-Gesellschaft groß geworden, ich kann es ihnen nicht verübeln. Ein Azubi kostet mich durchschnittlich 1.200 Euro im Monat, das refinanziert sich nicht und noch weniger, wenn der Azubi dann nach der Lehre weggeht oder sogar aktiv abgeworben wird. Ich bilde für den Markt aus ohne Pay-off., ergo fordere ich eine umlagefinanzierte Ausbildung.
Was tut Alter Ego als Marke für die zukünftigen Herausforderungen im Markt?
PK: Alter Ego stellt sich den zukünftigen Herausforderungen im Markt, indem wir individuell auf die Bedürfnisse der verschiedenen Akteure im Salon reagieren. Wir wissen, dass Auszubildende, spezialisierte Fachkräfte und Saloninhaber unterschiedliche Anforderungen haben – sei es in der fachlichen Weiterentwicklung oder im wirtschaftlichen Bereich. Unser maßgeschneidertes Education-Programm ist hierbei unser wichtigstes Werkzeug, das wir gezielt auf die Bedürfnisse jedes Salons anpassen – vom großen Team bis zum Soloselbstständigen. Wir setzen auf kontinuierliche Innovation und Nachhaltigkeit, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen. Alter Ego beobachtet aufmerksam die Entwicklungen in der Friseurbranche und entwickelt Produkte sowie Services, die echten Mehrwert für Profis schaffen. Besonderes Augenmerk liegt auf umweltfreundlichen Lösungen – sowohl in den Produktformulierungen als auch bei den Verpackungen.
Welche Ziele habt ihr für die Marke in Deutschland?
PK: Wir möchten mit der Innovationskraft der Marke als Impulsgeber für das Friseurhandwerk wahrgenommen werden und damit einen positiven Impact auf den Markt haben.
Und wie viele Salons seht ihr als Kunden?
PK: Aktuell haben wir 400 Kunden. Mittelfristig wollen wir 1000 Salons begeistern.
Alter Ego ist sehr nachhaltig positioniert. Wie wichtig ist die Nachhaltigkeit im Friseursalon, wo gibt es noch Bedarf?
PK: Nachhaltigkeit ist in der DNA der Marke verwurzelt. Unser Company Nachhaltigkeitsreport ist ein Buch. Die Selbstverständlichkeit, mit der man die Nachhaltigkeitsziele umsetzt, ist beeindruckend. Das ist tief im Unternehmen verankert. Die Friseurbranche ist nah am Endverbraucher an der Gesellschaft dran. Die Thematik Nachhaltigkeit ist im gesellschaftlichen Diskurs angekommen und geht auch nicht mehr weg.
Ist Nachhaltigkeit im Salon angekommen?
PK: Ja, es ist ja mehr ein gesellschaftlicher Prozess und dort ist das Umweltbewusstsein sehr präsent, in manchen Köpfen mehr, in anderen weniger. Der Friseur ist hier keine Ausnahme. Grundsätzlich hat er keine andere Wahl als darauf zu reagieren und dies auch in seinem Konzept wiederzugeben.
Lieber Patrick, ich danke dir für das offene Gespräch und wünsche weiterhin viel Erfolg.