Credit: Zur Verfügung gestellt von Daniela Mezzapesa

13.07.2017

Daniela Mezzapesa frisiert im "Bordel!"

Daniela Mezzapesa ist Urberlinerin, Migrantenkind und besitzt zwei Filialen vom Berliner "Salon Bordel!"...

Im Interview mit Birgit Senger


imSalon: "Salon Bordel!" Ein Name bei dem sich vielleicht nicht jeder Kunde traut einen Termin zu buchen...
Daniela Mezzapesa: Kann schon sein, wahrscheinlich eher entspannte und humorvolle Menschen.

„Wir bleiben lieber beim Wesentlichen...“

Du arbeitest seit 20 Jahren mit Simone zusammen, euer Erfolgsrezept?
DM: Wir sind beide sehr rational und bodenständig. Wenn es etwas zu verändern oder zu besprechen gibt wird es aufgeschrieben, man schläft drüber, redet miteinander und findet eine Lösung. Wir brauchen nicht das große tolle Auto, Simone fährt Fahrrad und mir reicht mein Fiat500, weil es praktisch ist. Viele fangen an, sich mit so viel Drumherum zu schmücken, sobald sie es sich leisten können. Wir bleiben lieber beim Wesentlichen, klar und sachlich. Das lässt uns Platz unser Unternehmen mit viel Leidenschaft voranzubringen und wachsen zu lassen.

Was ist für dich Luxus?
DM: Luxus ist für mich freie Zeiteinteilung, Reisen und Flexibilität! Ich liebe meine Arbeit und ich kann mir aussuchen, wer in meinem Laden steht. Ich habe die Möglichkeit mich ständig weiterzuentwickeln und dazuzulernen. Habe die Wahl als Mensch stehenzubleiben oder weiter wachsen zu wollen.

"Führungsperson ist man oder man ist es nicht..."

Wo hast Du Führung gelernt?
DM: Ich habe ein sozialpädagogisches Abitur gemacht. Ich denke, man Führungsperson oder man ist es nicht. Teamarbeit und Führung hat mich schon immer interessiert, dennoch steckt Arbeit dahinter: Ich habe mich coachen lassen, Seminare besucht, Lektüren gelesen, mich sehr viel mit Freunden und Kunden ausgetauscht, die in unterschiedlichen Branchen Menschen führen. 

„Bei uns wird kein Hokuspokus versprochen“

Was kann der Kunde bei euch erwarten?
DM: Es wird kein Hokuspokus versprochen. Wir konzentrieren uns auf unsere Kunden, arbeiten als Team gemeinsam und kümmern uns um Qualität. Das heißt, wenn einem im Team was auffällt was man besser machen könnte, spricht er es an und macht einen Vorschlag.

Ist es Dir schon passiert, dass sich ein Kollege dabei unwohl fühlt?
DM: Nein, eher im Gegenteil. Neue Kollegen sind es oft nicht gewohnt zu kommunizieren und waren es eher gewohnt Schwächen kaschieren zu müssen. Bei uns im Team wird Ihnen die Angst genommen, keiner wird alleine gelassen. Bei uns gehört es zum Beispiel beim Haarefärben dazu einen Fahrplan zu erstellen: Ist-Zustand ermitteln, Ziel erfassen, Fahrplan erstellen. Das machen wir so lange gemeinsam bis klar ist "Ich fühle mich auf meinem Level sicher" bis "Ich bin in der Lage einen Level weiter zu gehen."

Wie findet ihr eure Mitarbeiter?
DM: Bisher sind die immer einfach gekommen. Sicherlich viel über unsere Aktivität bei Facebook. Für unseren neuen Salon brauchen wir 9-15 Leute auf einmal. Ende des Jahres bauen wir unseren Salon in Schöneberg um und werden dort für 3 weitere Mitarbeiter Platz schaffen. Das ist eine Menge. Da dachte ich: Holen wir mal weiter aus und schalten bei JOKIRA eine Anzeige.

„Das wird so eine mega Hütte in Mitte – das wird laufen!“

Wie gehst du mit Schwangerschaft oder Elternzeit um?
DM: Ganz ehrlich, das hatten wir noch nie. Aber von den 3 Mitarbeiterinnen, die ich für den neuen Salon in Mitte ausgesucht habe, haben mir 2 gesagt, dass Sie in nächster Zeit schwanger werden könnten. Ich finde toll, dass sie so ehrlich mit mir kommunizieren. Wenn es weiter gehen soll, müssen auch Kinder auf die Welt gebracht werden. Ich brauch für den Start meines Salons ein tolles Team und das habe ich. Vielleicht wird davon jemand im nächsten Jahr schwanger oder ist es schon und fällt in einem halben Jahr aus. Das wird so eine mega Hütte in Mitte - das wird laufen.

"Ich bin überzeugt, dass der Friseurberuf einen Aufschwung erleben wird..."

Du siehst die Zukunft rosig?
DM: Ich weiß nicht, wie schnell es kommen wird und ich bin kein Schwarzmaler, aber es werden doch in den nächsten Jahren auf Grund der voranschreitenden Technik viele Arbeitsplätze wegfallen. Wird es zum Beispiel den Taxifahrer in 10 oder 20 Jahren noch geben? Ich bin überzeugt, dass der Friseurberuf hingegen einen Aufschwung erleben wird. Der Beruf wird sich gut entwickeln, weil er Potenzial hat sich neu zu definieren, es wird wieder ein Beruf sein, der großes Ansehen genießen wird.

Was macht euch als Arbeitgeber interessant?
DM: Gute Ausbildung, stetige Weiterbildung, faire Bezahlung.

Welche Aufstiegsmöglichkeiten bietet "Salon Bordel!" seinen Mitarbeitern?
DM: Wir bieten von Student über Salonmanager bis Salonowner Perspektiven.

Wie lange bleiben Mitarbeiter bei euch?
DM: Entweder wir finden schon in der Probezeit heraus, dass es nicht passt oder sie bleiben mindestens 4 Jahre.

Was versteht ihr unter fairer Bezahlung?
DM: Auf jeden Fall, dass man weit über dem Mindestgehalt nach Hause geht. Wir haben ein klares Bonussystem: Grundgehalt plus Summe X wenn Y erreicht ist, gibt es monatliche Bonuszahlungen.

"Ab einer gewissen Größe muss man sich entscheiden: Arbeite ich im oder am Unternehmen"

Wieviel arbeitest selbst noch am Kunden?
DM: Mit der Eröffnung des zweiten Salons werde ich nicht mehr beim Kunden sein. Ich kümmere mich um das Management der beiden Salons, Systematisierung, Schulung, Rekrutierung, das Vermarkten unserer eigenen Produktlinie. Fakt ist, ab einer gewissen Größe muss man sich entscheiden: Arbeite ich im oder am Unternehmen.

"Fancy Haarpflegeprodukte findet man im Bioladen nicht"

Zu deinen Unternehmungen gehört seit kurzem auch eine eigene Bio-Pflegeserie. Warum Bio?
DM: Guck dich um, ich bin überzeugt alle die hier in Mitte an uns vorbeilaufen kaufen gerne im Biosupermarkt. Aber richtige fancy Haarpflegeprodukte findet man im Bioladen nicht. Healthy Lifestyle ist wichtig. Ich will nicht sagen mit dem was wir haben, vergiften wir uns, aber ich will was benutzen können was FREI ist von Parabenen, Silikonen, Sulfaten, Mineralölen oder Mikropartikeln. 

Wieviel Arbeit, wieviel Geld steckt hinter der eigenen Marke?
DM: Als erster Schritt sollte man sich entscheiden, reicht mir ein Produzent, der mir fertige Produkte mit eigenem Label liefert oder möchte ich an den Produktrezepturen selbst mitarbeiten? Die erste Variante ist kostengünstiger. Wenn man dann so picky ist wie ich und alles in Bioqualität mit biozertifizierten kaltgepressten Ölen erarbeiten lässt ...muss man eine ganz schöne Stange Geld da lassen.

Wieviel davon ist von Dir und was hast du in Auftrag gegeben?
DM: Ich habe alles selbst gemacht, Namen, Text, Rezepturen. Ich habe mir alle Standardrezepturen zuschicken lassen und nach und nach so viel geändert, bis zum Schluss nichts mehr Standard war. Gerade bei den Stylingprodukten hatte ich konkrete Vorstellungen. Ich wusste genau wie die Konsistenz sein muss. Das war nicht einfach. Dann braucht es Zeit das Produkt zu beobachten. Die Bio Produkte sind ein halbes Jahr haltbar. Ich wollte sehen, wie verhält es sich nach 2-3 Monaten, verändert es seine Konsistenz, bleibt die Wirkung gleich, wie verhält sich das Produkt nach dem Verfallsdatum? 

Wie lange hast du gebraucht bis das erste Produkt fertig war?
DM: Vom Kontaktieren des ersten Produzenten bis zum fertigen Produkt mit Verpackung, Logo, Text: 2 Jahre!

"Als Urberlinerin weiß man, hier gibt es alles 2x"

Aus welcher Motivation heraus eröffnet ihr in Mitte?
DM: Erst einmal möchten wir weiter wachsen, uns professionalisieren und damit auf ein neues Level heben. Und ich als Urberlinerin und alle, die Berlin gut kennen, wissen, hier gibt es alles 2x einmal im Westen und einmal im Osten.

Warum ist es euch so wichtig in eurem Salon und auf eurer Website nur selbstproduzierte Fotos zu zeigen?
DM: Alles andere hätte mir viel zu wenig Personality. Es motiviert uns und unterstreicht unsere Arbeit, wenn die Kunden die Bilder bewundern. Uns regelmäßig mit unserer eigenen Kollektion zu präsentieren, ist uns wichtig.

Ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche euch einen guten Start mit tollen Frisuren in eurem neuen Salon in Mitte.

Über Bordel!

  • Since 2007
  • Inhaberinnen: Daniela Mezzapesa (Urberlinerin), Migrantenkind, italienische Eltern & Simone Greve (Schleswig Holstein), kennen sich seit 20 Jahren

2 Salons:

  • Berlin Schöneberg (110 qm)
  • Berlin Mitte (170 qm)
  • Mitarbeiter: 6+2 Azubis und geplant 8 Friseure 3-4 Azubis