27.08.2024
Felix Ganster: Solar-E-Tankstelle, Wassersprudler, Wickeltisch für Alle
100 Jahre Traditionsbetrieb, aber ganz modern gedacht, das schafft nicht jeder. Friseur Ganster in St. Ingbert ist in der vierten Generation und präsentiert sich mit vielen zeitgemäßen Services und neuer Einrichtung.
Felix Ganster im Gespräch mit Raphaela Kirschnick
Herzlichen Glückwunsch zum 100-jährigen Jubiläum. In der wievielten Generation sind sie jetzt?
Felix Ganster: In der vierten Generation, mein Urgroßvater hat den Salon 1924 gegründet, fast an gleicher Stelle wie heute, ca. 50 Meter Luftlinie entfernt.
100 Jahre, das können nicht viele sagen. Viele Friseurdynastien scheitern daran, dass der Nachwuchs nicht ins Handwerk einsteigen möchte. Waren sie von Anfang an begeistert vom Friseurberuf?
FG: Ich habe mir den Beruf erst mal angeschaut, ganz ohne müssen und ohne Druck. Bei Oliver Bohn in der Friseurschule startete ich, um möglichst rasch einen breiten Einblick zu erhalten. Das hat gepasst und 18 Jahre später sitze ich hier und habe es nie bereut.
Friseur Ganster feiert 100-jähriges Jubiläum, ►hier nachlesen.
Sind Sie der offizielle Geschäftsführer?
FG: Nein, das ist aktuell noch mein Papa Nico. In den nächsten Jahren wird es peu à peu auf mich übergehen.
Wie hält man an Tradition fest, ohne verstaubt zu wirken?
FG: Ich denke, das ist personenabhängig. Irgendwann sieht man, dass es Bereiche gibt, die nicht mehr modern sind. Mit dem Generationenwechsel ergibt sich das auch irgendwie automatisch, der Nächste sieht Dinge anders, meist zeitgemäßer.
Diese Übergaben gestalten sich häufig schwierig, wie läuft das bei ihnen?
FG: Ein Generationenwechsel ist immer eine Herausforderung, das liegt in der Natur der Sache. Natürlich kommt es während des Prozesses zu Reibereien, da müssen alle Beteiligte loslassen lernen.
Gibt es Empfehlungen, die sie aus dem Prozess herausgeben würden?
FG: Miteinander reden! Ich denke, jeder hat gute Argumente und die sollten gegeneinander offen abgewogen werden. Irgendwann muss man sich entscheiden, ob man mal herunterschluckt oder lieber für die Durchsetzung kämpft. Wenn man da die richtige Balance findet, dann schafft man das.
Sie gönnen sich zum Jubiläum ein neues Einrichtungskonzept, was wird anders?
FG: Die Substanz des Salons bleibt bestehen, wird aber komplett renoviert und neu bestückt. Hierfür arbeiten wir mit einem großen Friseureinrichter zusammen. Ganz wichtig ist ein vollkommen neues Technik- und Lichtkonzept.
Worauf wurde beim Lichtkonzept geachtet?
FG: Es ging vorrangig darum, alle technischen Anforderungen zu erfüllen, was Lumen etc. angeht. Es gibt ja strenge Richtlinien, die man als Gewerbebetrieb erfüllen muss. Gleichzeitig wollten wir, dass der Salon heller, frischer und größer aussieht. Hierfür haben wir eng mit einem regionalen Anbieter zusammengearbeitet, der das Ganze für uns konzipiert hat.
Und das Technikkonzept?
FG: Wir haben vieles im Salon automatisiert, mit Smart Home Adaptern, die alles steuern. Wir haben den Computerstandplatz erweitert, einen Computer in die Mix-Ecke gestellt. Im Digitalen haben wir den Terminplan sichtbarer eingebettet. Es gibt jetzt ein rundes Musikkonzept. Aber auch Kleinigkeiten wie einen eingebauten Wassersprudler.
Was ist ein eingebauter Wassersprudler?
FG: Wir haben eine sehr hohe Wasserqualität, jetzt kommt das gekühlte Sprudelwasser direkt aus dem Hahn, das spart sehr viel Zeit, aber auch die Lagerung von Wasserflaschen fällt weg.
Wir haben zusätzlich auch einen Kühlschrank direkt in die Wand einbauen lassen. Quasi Technik kombiniert mit Servicecharakter, um ein umfassendes Getränkeangebot von Saft, über Bier, bis Sekt anbieten zu können. Das ist bei uns gratis dabei.
Ihr habt auch eine Solar-E-Ladesäule für Kunden. Das ist gratis?
FG: Sie ist pauschal immer für unsere Kunden gratis. Allerdings gibt es eine Einschränkung, sie wird ausschließlich aus Solarenergie gespeist. Der Kunde tankt grün und solange Strom da ist, steht dieser gratis zur Verfügung. Dieser Parkplatz ist ebenso barrierefrei und von dort aus kommt man ebenerdig direkt in den Salon.
Das klingt sehr durchdacht und serviceorientiert. Und es geht ja weiter. Ihr bietet auch einen öffentlichen Wickelplatz. Was heißt öffentlicher Wickelplatz?
FG: Das war eine Initiative der Stadt St. Ingbert, an der wir uns beteiligt haben. Wir sind hier in einem relativ kleinen Ort, in dem es genau eine öffentliche Toilette gibt. Diese war irgendwann einmal kaputt und die Stadt startete die Aktion „nette Toilette“, mit der sie Gewerbeteilnehmende bat, während der Geschäftsöffnungszeiten eine Toilette plus Wickeltisch bereitzustellen. Das wurde sehr gut bezahlt und daran haben wir uns gerne beteiligt.
Ich finde es großartig, was ihr euren Kunden servicetechnisch bietet. Gibt es noch andere Sachen?
FG: Ja. Wir haben eine große Terrasse und nutzen unseren Raum auch für besondere Anlässe. Im Sommer gab es ein Gin-Tonic- und ein Whiskey-Tasting, im Winter ist ein Glühwein-Tasting geplant. Also, wir bieten da schon viel.
Sehr cool, das habe ich noch nie gemacht. Ist das denn gratis?
FG: Nein, das muss sich auch für uns rechnen und diese Veranstaltungen sind teuer. Was nichts kostet, ist nichts wert und so zahlen Kunden dafür. Es kommen auch immer so um die 30 Kunden zusammen. Für uns stärkt das die Bindung zu unseren Kunden.
Mit welcher Vorfreude gehen Sie ins Jubiläum und die große Feier am Wochenende?
FG: Also natürlich freue ich mich über den Abschluss der Umbauarbeiten und eine gewisse Rückkehr in die Normalität. Ich freue mich aber auch sehr auf unser Fest, das wir nun schon lange planen. Wir erwarten tolle Gäste von Oberbürgermeister, Politikern und unseren wichtigen Partnern aus der Branche, wie unserem langjährigen Industriepartner Wella und den Intercoiffeuren, wo mein Vater im Vorstand sitzt. Auch Presse kommt, es wird klasse. Ich nehme mich da noch ein wenig zurück, ich hatte ja bisher den geringsten Anteil an den 100 Jahren und freue mich auf das Fest gemeinsam mit meinem Vater.
Ich wünsche ein wundervolles Fest und viel Erfolg für die nächsten 100 Jahre.