

09.05.2025
"Extensions macht man nicht mal so nebenbei…"
Spezialisiert ist die Berliner Salonunternehmerin Teresa (Reza) Hofmeister auf das Färben und Stylen von Perücken, damit ist sie mittlerweile auch auf den großen Showbühnen angekommen. Eine Passion, die mehr ist als ein Job, ein Herzensprojekt und ein Business, wo Menschen Schlange stehen…
Reza Hofmeister im Gespräch mit Raphaela Kirschnick
Herzlichen Glückwunsch liebe Reza, heute ist nicht nur dein Geburtstag, sondern du stehst zum ersten Mal mit deiner eigenen Show auf einer großen Bühne beim Wella Destination Event vor 1.500 FriseurInnen aus aller Welt. Wie fühlst du dich?
Teresa Hofmeister: Richtig aufgeregt! Mit 16 Jahren habe ich das Preisfrisieren angefangen und damals zu so vielen großen ArtistInnen aufgeschaut. Und jetzt (mit 34 Jahren, Anm. Red.) stehe ich neben meinen Idolen auf der Bühne und arbeite im gleichen Backstagebereich. Es ist so geworden, wie ich es mir als junges Mädchen erträumt habe.
„Wir sind darauf spezialisiert, Perücken zu färben und zu schneiden.“
Du hast viel dafür getan, ich kenne dich ja bereits, seit du mit 16 Jahren für den Newcomer Award nominiert warst. Heute hast du einige Awards gesammelt, einen eigenen Salon und bist sehr gefragt. Was wird heute auf der Bühne passieren?
TM: In meinem Friseursalon in Berlin-Mitte habe ich vor ein paar Jahren mit meinem lieben Kollegen Nik in der 2. Etage ein Perückenatelier eröffnet. Wir sind darauf spezialisiert, Perücken zu färben und zu schneiden, also zu personalisieren. Im Prinzip setzen wir wie bei einem Friseurtermin die gewünschte Dienstleistung für unsere Kunden auf ihrer Perücke um. Wir heben uns damit ab und ergänzen klassische Perückenstudios. Es ist wie eine kleine Brücke zwischen Perückenstudio und Friseursalon. Auf der Bühne werden wir showcasen, wie wir Perücken färben und was wir damit alles machen können, ob für Fotoshootings, Musikvideos oder auch für die ganz normale Kundin im Alltag.
Schon bei den gestrigen Trendshows der Wella Artists erhielt ich den Eindruck, dass Extensions und Haarteile voll salonfähig geworden sind. Früher war das, außer bei Avantgarde, eher verpönt. Wo siehst du Zukunft der Perücke?
TM: Man denkt bei Perücken ganz schnell an Chemopatientinnen, es sind aber in erster Linie Alopecia Erkrankte und das betrifft jede siebte Person in Deutschland. 80% unserer Kundinnen sind Frauen mit dieser Erkrankung.
Zu wievielt seid ihr im Perückenstudio?
TM: Zu zweit, aber ich mache ja auch viel im Salon oder bin auf Shows. Deshalb teilen Nik und ich uns die Arbeit. Ganz wichtig ist aber unsere Bürokraft, die die ganzen Abrechnungen mit den Krankenkassen macht. Das ist ein bürokratischer Wahnsinn, der viel ihrer Zeit in Anspruch nimmt, aber ich bin sehr froh sie zu haben.
Mit welchen Herausforderungen kommen die Menschen zu euch?
TM: Es fängt an mit einer kahlen Stelle, bis hin zu gar keine Haare mehr. Wir haben ganz viele Teenager, die uns in diesem Zusammenhang erreichen. Es sind so viele Themen, wo wir auch noch lange nicht ausgelernt haben, sondern uns täglich durch unsere Kundinnen weiterbilden.
„Wir arbeiten mit 7 verschiedenen Extensions-Herstellern…“
Also arbeitet ihr auch mit Haarteilen?
TH: Wir versuchen immer, individuelle Lösungen zu finden. Einige Leute in unserem Team sind superaffin mit der Nähmaschine und nähen auch Haarteile auf Maß. Wir arbeiten mit 7 verschiedenen Extensions-Herstellern, denn jeder bietet unterschiedliche Qualitäten, die situativ benötigt werden. Das kann eine dünne Naht oder ein besonderes Knüpfverfahren sein, was zum jeweiligen Haar oder der Kopfhautstelle passt.
Wie hast du dich für diesen Bereich trainiert?
TH: Ich habe direkt nach meiner Friseurausbildung eine maskenbildende Ausbildung in der Abendschule angehängt. Das war overwhelming, einmal lernst du Tattoos abdecken, einmal Hartteile knüpfen und dann noch Special Effects. Das Ganze hat mich 15.000€ gekostet und danach wusste ich gar nicht, was ich damit anfangen soll, vor allem, wenn du keine Routine hast, um die Erfahrung auszubauen. Später war ich dankbar, denn das hat mir die Grundlage für den Haarteil-/ Perückenbereich gegeben.
Du sprichst von 7 verschiedene Extensionanbietern im Salon. Wie holt man sich all das individuelle Wissen?
TM: Learning by Doing und viele One-on-One-Classes, die ich mittlerweile Friseuren auf Anfrage gebe. Da lernt man nicht nur, sondern tauscht wertvolle Erfahrung aus. Der Markt ist ja voller Anbieter, Zweithaar ist in wie noch nie. Neben der Haarfarbe ist das meine größte Leidenschaft.
Stimmt, wir sehen viel Zweithaar bei Messen, aber in den Salons scheint es in der Breite noch nicht wirklich angekommen zu sein. Was empfiehlst du KollegInnen, die dahin wollen?
TH: Genau das ist der Punkt. Ich werde oft angesprochen: ‚Hey, wir würden nebenbei gerne Extensions anbieten, um extra Umsatz zu machen.‘ Da sage ich klar: Das ist nichts, was man nebenbei mal einfach so schnell macht. Wenn du das wirklich machen willst, dann nimm das Thema wirklich ernst. Eine Kundin in diesem Bereich will richtig beraten werden und ich finde, ihr steht es zu qualitativ hochwertig, mit Fachwissen bedient zu werden.
Also meine Empfehlung: Nehmt das Thema ernst und spezialisiert wenigstens einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin darauf, die dann wirklich auch dieses Wissen an die Hand gelegt bekommt. Schnelle Kohle ist nie nachhaltig und ich will ja auch, dass die Kundin zufrieden wiederkommt.
Im Zweithaarmarkt wird gefühlt stark separiert: Perücken für Alte und Kranke, Extensions für Fashion und Schönheit. Wie siehst du das?
TH: Genau das ist ja auch der Grund, warum wir uns klar definiert spezialisiert haben auf Einfärben und Schneiden von Perücken oder Haarteilen. Viele Kundinnen schreiben uns von ihrer Perücke und davon, dass der Farbton nicht richtig passt oder der Schnitt nicht gefällt. Das beheben wir, da ist es egal, weshalb man das Haarteil oder die Perücke hat, es ist der Grund, weshalb Menschen zum Friseur gehen, um sich wohl und hübsch zu fühlen.
In eurem Perückenstudio verkauft ihr auch Perücken und Haarteile. Wie wichtig ist es, das separat vom normalen Salonbetrieb zu haben?
TM: Da wir auch mit Krankenkassen abrechnen, sind wir dazu verpflichtet, einen Save Space zu schaffen, den man abschließen kann. Als Friseur begleiten wir hier unsere Kundinnen in einem sehr persönlichen, intimen Bereich mit großem Vertrauen. Aber es geht auch um Hygiene, wenn Kundinnen gerade in einer Behandlung sind, muss ein Infektionsrisiko minimiert werden.
Wie sieht der Umsatzaspekt für den Salon aus, wenn es um Perücken geht?
TM: Wenn wir keine Perücken mehr machen würden und im Salon am Kunden arbeiten würden, hätten wir jeden Monat deutlich mehr Geld in der Kasse. Man darf nicht vergessen, wie beratungsintensiv das ist, da gehen manchmal drei Stunden drauf, das kann man nicht weiterverrechnen. Aber es ist unser Herzensprojekt, hier gebe ich etwas weiter.
„Perücken: Ich liebe die Wandelbarkeit und ständig in neue Rollen schlüpfen zu können.“
Zurück zum Fashionaspekt. Du trägst selbst auch gerne Perücken, was ist dein Ansporn?
TH: Ich liebe die Wandelbarkeit und ständig in neue Rollen schlüpfen zu können. Das macht so viel Spaß, ich kann es jedem nur ans Herz legen, das auch mal auszuprobieren. Wenn man sich einmal überwunden hat, mit einer Perücke aus dem Haus zu gehen, dann wird man mutiger. Und es ist großartig für Social Media.
Arbeitet ihr hauptsächlich mit Echthaar?
TM: Ja, wir bieten natürlich auch an, Kunsthaarperücken zu schneiden und zu stylen. Gerade bei Shootings und Shows kommen viele Kunsthaarperücken zum Einsatz, allerdings kann man diese dann nicht färben.
Und brauchst du für Perücken und Haarteile eigene Produkte?
TM: Ich färbe ausschließlich mit Haarfarben von Wella. Man muss sich gut auskennen mit den Farben, denn Zweithaar ist meist chemisch vorbehandelt, hochgebleicht und entsprechend porös. Wir färben auch immer auf einer blonden Basis, damit die Knötchen, also die geknüpften Stellen, hell sind.
Spielt da der Hersteller eine Rolle?
TH: Nein, wenn die Kundin ihre Perücke mitbringt, dann können wir das ja nicht vorgeben.
Was wünschst du dir, was die StylistInnen von deiner Show mitnehmen?
TM: Ich zeige verschiedene Farbarbeiten an Perücken und wie ich diese style. Im Workshop zeige ich, wie man Perücken perfekt aufsetzt und klebt. Und, wenn die Perücke sitzt, dann möchte ich zeigen, wie man aus diesem Look weitere Looks kreieren kann. Die Besucher sollen die unglaubliche Wandelbarkeit sehen und wie es ist, einen Menschen komplett anders aussehen zu lassen.
„Ich wünsche mir für das Friseurhandwerk, dass es endlich die Anerkennung bekommt, die es verdient.“
Du bist enorm aktiv, nicht nur im Showgeschehen, sondern in den Sozialen Netzwerken, aber auch handwerkspolitisch. Was sind so deine Wünsche fürs Friseurhandwerk.
TH: Ich wünsche mir für das Friseurhandwerk, dass es endlich die Anerkennung bekommt, die es verdient. Dieses Klischee, dass aus einer Friseurin nichts werden kann, ist falsch, denn ich lebe das Gegenteil jeden Tag vor. Wenn man fleißig ist und den Ehrgeiz hat, dann kann man ganz, ganz viel erreichen.
Dein Tipp an junge FriseurInnen?
TH: Den Friseurberuf muss man aus tiefstem Herzen leben, es ist kein Nine-to-five-Job, sondern da steckt Liebe und Leidenschaft drin. Und wenn man das alles ernst nimmt, dann kann man Großes erreichen. Das sehe ich bei ganz vielen lieben Kolleginnen und Kollegen.
Danke liebe Reza für das offene und ehrliche Gespräch. Ich freue mich darauf, noch so viel mehr von dir zu sehen.