Credit: Milchmeier Merl

09.04.2018

Edith und Matthias Merl schicken Mitarbeiter alle 4 Wochen in Seminare

Mitarbeiter mit eigenen Karriereplänen, Eliteausbildung und pubertäre Pfleglinge in Bestform ...

Die quirlige Friseur-Weltmeisterin Edith Milchmeier-Merl entspringt einer Friseurdynastie und arbeitet gefühlt rund um die Uhr. Na und? Arbeit ist ihr Hobby! Sie und ihr Mann Matthias Merl leben eigene Karrierepläne und die pubertären Pfleglinge, sprich Azubis, sind in Bestform.

Im Gespräch mit Katja Ottiger

Fakten


Sie beide sind umtriebig in Sachen lernen. Jetzt testen Sie gerade Goldwells „Be the Best Program“?
Ja! Unsere Azubis sind mit die ersten, die dieses Pilotprojekt testen dürfen. Dieses erweiterte Ausbildungstool geht über 3 Jahre und ist an die Berufsschule gekoppelt.
Edith: Einmal im Monat fährt mein Mann mit 6 unserer Auszubildenden in die Goldwell Akademie nach Darmstadt.

Was passiert dort?
Sie erhalten eine Eliteausbildung. Sie bekommen Intensivschulungen in Sachen Haare waschen, Produktwissen, Schneide- und Färbetechniken, Kommunikation. Alle Azubis aus dem ersten Lehrjahr sind dabei, Start war im September.

"Die Frage ist: Kommen sie mit einem Einser oder einem Zweier da raus?"

Was ist Ihr Benefit?
Die Azubis sind absolut engagiert, haben von Anfang an ein selbstbewussteres Auftreten, das merkt auch der Kunde. Sie gewinnen Sicherheit in Theorie und Praxis, gehen topfit in die Prüfungen. Da stellt sich lediglich die Frage: Kommen sie mit einem Einser oder einem Zweier da raus? Sie lernen intensiver! Es bleibt einfach mehr hängen. Wie sind Sie zum Programm gekommen? Über Goldwell, explizit über Andrew Ulm, er hat uns das Pilotprojekt vorgeschlagen.

"Wir gehen stark in Vorleistung, aber Ausbildung ist Zukunft."

Mit welchen Kosten ist das verbunden?
Das ist schon ein großer Kostenblock. Aber wir wollen jeden bestmöglich ausbilden, so dass er in unserem Unternehmen bleibt. Wir wissen, wir gehen hier sehr stark in Vorleistung, die Zukunft der jungen Menschen liegt in der Ausbildung. Macht das andere Mitarbeiter neidisch? Bei uns gibt es für jeden Mitarbeiter seinen persönlichen Karriereplan. Wir fragen nach: Was steht an, wie möchtest du dich entwickeln? Jeder Mitarbeiter hat fixe Seminarvorgaben, im Schnitt sind das 8 Schulungen im Jahr, ca. alle 4 – 6 Wochen, das ist bei uns Standard.

"Seminare alle 4 – 6 Wochen, das ist bei uns Standard."

Was sind das für Seminare?
In-Salon Trainings, Goldwell "Be the Best Program", Meininghaus Schulungen. Das sind wirklich hohe Investitionen, oder? Natürlich. Wir zahlen alles, außer bestimmte Sonderausbildungen, wie z.B. den Goldwell Mastercoloristen, der mit höheren Kosten verbunden ist, unterstützen wir unsere Mitarbeiter finanziell. Wir sind immer ein Familienunternehmen gewesen! Unsere Mitarbeiter gehören zu uns und wir kennen die Familien, die hinter ihnen stehen. Das entwickelt Loyalität.

Wie gehen Sie hier mit dem zeitlichen Mehraufwand um?
Weiterbildung ist immer Arbeitszeit, das ist motivierender und moderner. Da müssen wir alle mit der Zeit gehen. Wir haben einen fixen Schulungsjahresplan im Salon hängen, der wird im Januar mit Goldwell ausgearbeitet und später mit dem Schulungsleiter im Details besprochen. Jeder Mitarbeiter weiß mindestens 4 Wochen vorher Bescheid und kann entsprechend planen.

Wie schaut es denn mit der Willigkeit der Mitarbeiter aus? Die sind willig und haben immer auch gute Ideen. (lachen) Wie vergüten Sie Auszubildende? In Bayern sind wir an den allgemeinverbindlichen Tarifvertrag gebunden. Wenn sie bereits mitarbeiten, werden Sie am Umsatz beteiligt. In der Regel ist das nach dem 1. Lehrjahr.

Die GROKO stellt einheitliche Ausbildungsvergütung für alle Azubis in allen Branchen in Aussicht. Wie sehen Sie das?
Wir haben in Bayern einen verbindlichen Manteltarifvertrag, der sehr hoch ist. Azubis generieren in der Anfangszeit keinen Umsatz, daher wäre eine höhere Vergütung erstmal nicht tragbar. Schon jetzt sinkt in Deutschland die Zahl der Ausbildungsbetriebe aus diesem Grund. Sollte die Vereinheitlichung zu einem starken Anstieg der Ausbildungsvergütung im Friseurhandwerk führen, würde es wahrscheinlich kaum noch Ausbildungsbetriebe geben.

"Preisfrisieren ist die härteste Ausbildung..."

Frau Milchmeier-Merl, Sie wurden 2008 Weltmeisterin im Team. Lässt sich Nachwuchs noch zum Preisfrisieren motivieren?
Preisfrisieren ist die beste aber auch die härteste Ausbildung, die man in unserem Beruf durchlaufen kann. Sie bringt unglaublich viele Erfahrungen in allen Bereichen und ein Gefühl für Formen und Farben. Aber es verlangt Durchhaltevermögen, Ehrgeiz und den Mut, sich zu messen. Die Motivation beim Nachwuchs ist oft da - bis es heißt, jeden Tag nach der Arbeit, in der Freizeit und an Wochenenden zu trainieren. Da bleiben dann leider nur noch wenige übrig. Haben Sie Probleme bei der Azubifindung? Wir haben aktuell gar keine Probleme. Natürlich haben wir nicht mehr die Masse an Bewerbungen, da liegen keine 20-30 mehr am Tisch, sondern nur mehr fünf. Aber drei davon sind megaengagiert und motiviert.

"Jemand der faul ist, bewirbt sich nicht in einem Weltmeister-Salon."

Wie finden Sie Azubis?
Die jungen schauen vorher im Internet und machen sich schlau. Jemand der faul ist, bewirbt sich nicht in einem Weltmeister-Salon. Bei uns am Land funktioniert auch viel über Mundpropaganda. Die Mädels erzählen ihren Freundinnen, dass sie sich wohl fühlen und dass sie viele Seminare machen. Wir haben auch Kollegen, die uns Bewerber schicken, weil sie keine Kapazitäten haben oder denken, dass wir dem ein oder anderen mehr bieten können. (Schmunzelnd:) Wir bekommen immer die Fleißigen ab. Viele Seminare? Das schreckt Jugendliche nicht ab? Nein, gar nicht. Denn wir selektieren im Vorgespräch, laden immer auch die Eltern ein und klären ab, was auf die Jugendlichen zukommt. Wem das zu viel ist, der blockt von allein.

"Der Nachwuchs ist in der pubertären Pflegephase bestens bei uns aufgehoben."

Wie sind die Reaktionen der Eltern? Hat sich die Haltung gegenüber dem Friseurberuf verändert?
Die ist heute besser, auch, weil die Mädels wissen, was sie wollen. Die sagen einfach deutlich, dass sie immer schon Friseurin werden wollten und sich nichts anderes vorstellen können. Wenn die Eltern dann hören, dass wir die Auszubildenden fordern, gehen die mit einem entspannten Gefühl nach Hause, denn der Nachwuchs ist bei uns in der pubertären Pflegephase bestens aufgehoben! (lachen)