02.08.2024
„Der Herrenbereich wird in der Ausbildung kaum angegriffen und abgefragt.“
Viele haben ein Problem im Herrenbereich, meint Kostja Epp. Das liegt weniger an den Lehrbetrieben, als vielmehr am Ausbildungs-Rahmenplan der Handwerkskammern, meint der Barbier.
Einer der Gründe, warum der Friseur und Barber Kostja Epp weshalb er sich seit Beginn der Jahres beim ►BaByliss PROgressiv Mentoren Programm für Azubis stark macht, sie motiviert, unterstützt, ihnen zuhört. Welche Chancen bieten sich dank dieser Initiative für die Branche und welche Ideen für eine moderne Ausbildung hat er?
Kostja Epp im Gespräch mit Katja Ottiger
Warum bist du beim BaByliss PROgressiv Mentoren Programm dabei?
Kostja Epp: Ich bin im „Team BaBylissPRO“ und ich finde diese Initiative wirklich super. Ich bilde liebend gerne aus, bemerke aber wie alle, dass es immer weniger Azubis gibt. 2005, als ich mich für einen Ausbildung beworben habe, hatte mein Chef noch den Luxus, aus 95 Bewerbenden drei Leute aussuchen zu können. Wenn du Glück hast, bekommst du heute drei Bewerbungen. Das Mentoring Programm hilft Azubis, denen vielleicht ein Mentor fehlt, der sie fachlich unterstützt, motiviert und aufzeigt, was man mit diesem Beruf alles erreichen kann.
Deine Frau Nora und du, ihr betreut in eurem Salon zwei Mentees, die sich in Ausbildung bei anderen Lehrbetrieben befinden. Wie begeistert sind die Betriebe davon?
KE: Da sind die Zugänge unterschiedlich. Es gibt den Betrieb, der das Programm toll findet und ihre Auszubildene dabei unterstützt und es gibt die andere Seite, die dem skeptischer gegenübersteht.
Die Azubis haben sich bei euch proaktiv über Social Media beworben. Haben die Lehrbetriebe dem im Vorfeld zugestimmt?
KE: Das müssen sie nicht, aber es ist natürlich schön, wenn sie dem Ganzen zustimmen. Wir wollen ihnen ihre Azubis ja nicht abspenstig machen - und ich kann mir gut vorstellen, dass man uns das unterstellt.
„Wir wollen niemandem den Azubi abspenstig machen.“
Wir wollen die jungen Leute stärker machen, dass sie Lust am Job haben und ihre persönliche Spezialisierung herausfinden. Es gibt hier keine Verlierer. Wenn meine Mentee ihre Passion für Herrenhaarschnitte entdeckt und ihre Chefin davon überzeugt, im Salon eine Herrenecke einzurichten, kann das doch gut für alle sein.
Wer bestimmt die Themen, an denen gearbeitet wird?
KE: Wir besprechen gemeinsam mit dem Mentee, wo die Probleme liegen und inwiefern Hilfe benötigt wird. Es geht hier nicht rein um den Barbershop. Der Initiative haben sich unterschiedliche Kolleginnen und Kollegen angeschlossen, wie z.B. ►Maher Aslan. Wir waren auf alles vorbereitet, auch auf Haare färben und Styling, aber viele haben ein Problem im Herrenbereich.
Das ist nicht unbedingt die Schuld des Lehrbetriebes, sondern vielmehr die des Ausbildungs-Rahmenplanes der Handwerkkammer. Der Herrenbereich wird in der Ausbildung kaum angegriffen und abgefragt. Ich bemerke das auch in meinen Seminaren bei ausgelernten Friseuren oder bei Meistern, da können manche nur einen einzigen Herrenhaarschnitt. Deshalb boomen auch die günstigen Barbershops, in denen zum Teil noch ungelernte Arbeitskräfte beschäftigt sind. Warum lassen wir die unkontrolliert auf dem Markt herrschen? Vonseiten der Innungen und Handwerkskammern besteht da starker Handlungsbedarf!
Was sollen sie wie angehen? Würdest du dir eine eigene Barber-Ausbildung wünschen?
KE: Ich denke nicht, dass das so schlau ist. Es sollte eher zusammengehörig gemacht werden.
„Es braucht heute den Unterschied zwischen ‚Herr‘ und ‚Dame‘ nicht mehr.“
Was ist deine Idee?
KE: Wenn ich die Friseurausbildung auseinandernehme, sage ich: Es braucht keine Nagelmodellage und keinen Kosmetikteil. Die Gesichtsmassage übertragen wir auf eine Kopfmassage - gerade bei Männern kann man so den Wellnessbereich reinbringen. Wie wäre es, alles auf Unisex zu machen? Es braucht heute den Unterschied zwischen „Herr“ und „Dame“ nicht mehr. Auch ein Mann möchte Haare färben und lange Haare tragen, genauso wie eine Frau sehr kurze Haare haben kann.
"Ich würde die Ausbildung zu einer Haarschneide- und Haarfärbeausbildung 'vereinfachen'."
Ich würde die Ausbildung zu einer Haarschneide- und Haarfärbeausbildung „vereinfachen“. Die Grundpfeiler der Ausbildung zum Haarschneidenden und -färbenden Menschen oder zum „Friseur/Barbier“ beinhalten dann auch den Bart und den Umgang mit dem Rasiermesser. Wenn ich mit meinen langen Haaren eine Farbveränderung möchte, muss das der Barbier genauso können, wie lange Haare schneiden. Ich selbst bin auch beides: Friseur und Barbier. Denn ein Friseur kann auch ein Barbier sein, aber ein Barbier kann kein Friseur sein ohne entsprechende Ausbildung.
Dann auch bei den Prüfungen das Geschlecht herausnehmen? Dauerwelle am frei wählbaren Modell, unabhängig vom Geschlecht?
KE: Ja! Eine Umformung, eine Haarfärbung, ein Haarschnitt - das muss gemacht und geprüft werden! Das Geschlecht sollte dabei aber keine Rolle spielen. Wir müssen die Ausbildung aus dem Jahr 1980 ins Hier und Jetzt holen. Dass die Innungen stur bleiben und ihre alteingesessenen Meinungen durchbringen möchten, fährt den Karren gegen die Wand.
Seid ihr in der Innung?
KE: Nora ist in der Innung hier in Offenbach tätig und nimmt z.B. die Prüfungen für Gesellen und teilweise der Meister ab, was in der Ausbildung der Mentees sehr hilfreich ist. Noras Mentee steht am Anfang ihrer Ausbildung, meine macht gerade die Prüfung. Beide befinden sich also in unterschiedlichen Stadien der Ausbildung und Noras Wissen in Puncto Prüfung ist für meine Mentee von großem Nutzen.
Wie oft seht ihr die Mentees eigentlich?
KE: Live gesehen haben wir uns bisher nur dreimal, die Fahrtkosten dafür werden von BaBylissPRO übernommen. Ansonsten kommunizieren wir über Instagram, WhatsApp, Facetime und stehen jederzeit für Fragen zur Verfügung. Wir werden über Prüfungen auf dem Laufenden gehalten und hören manchmal einfach nur zu.
„Ich kann es persönlich nicht ab, wenn jemand schlecht über den Job des Friseurs spricht.“
Was habt ihr eigentlich davon? Ihr arbeitet gratis, mit Azubis aus anderen Betrieben …
KE: In erster Linie haben wir gar nichts davon, wir verdienen nichts daran und bekommen keinen Ruhm. Aber ich liebe diesen Job und habe mir bewusst das Friseurhandwerk ausgesucht, obwohl ich vorher etwas anderes gemacht habe (Kostja war Mechaniker, Anm.). Ich kann es persönlich nicht ab, wenn jemand schlecht über den Job des Friseurs spricht, diesen Job niedermacht, weil wir ja „nur“ Haare schneiden. Für mich ist es eine Wohltat jemanden für den Job zu motivieren. Wenn man für etwas einsteht, kann man auch investieren! Und das tun wir.
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