16.09.2022
Dawid Tomaszewskis Liebeserklärung an seinen Hairstylisten
Modedesigner Dawid Tomaszewski hält nichts von der Schnelllebigkeit der Mode und betont die Treue zu seinem Hairstylisten. Warum? Wir trafen ihn ...
Der deutsch-polnische Modedesigner Dawid Tomaszewski liebt das Handwerk der alten Schule und ist bekannt für seine extravaganten Kollektionen. Luxuriöse Stoffe, knalligen Farben, Feder, Tüll und grafische Muster machen seinen Stil unverkennbar. Uns verrät er seinen Lieblingshairstyle und warum er seinem Hairstylisten Said Rubaii, der auf der diesjährigen Berlin Fashion Week mit Schwarzkopf Professional für Dawid Tomaszewski stylte, schon seit 12 Jahren treu ist ...
Im Gespräch mit Birgit Senger
Warum hast du aufgehört, deine Kollektion klassisch auf einer Modenschau zu zeigen?
Dawid Tomaszewski: Ich habe zehn Jahre lang Modenschauen gemacht und fand das irgendwann nicht mehr nachhaltig. Fashionshows, das sind zehn Minuten, in denen alles hektisch abläuft, die Models über den Laufsteg laufen, ich kurz herauskomme, winke und alles ist vorbei. Wenn du aber einen Film kreierst, ist das so viel schöner und die Bilder bleiben.
In jedem unserer Kollektionsfilme haben wir eine andere Vision. In diesem Jahr wollten wir Plätze zeigen, die so keiner kennt oder die etwas in Vergessenheit geraten sind. Berlin ist meine erste Heimat, ich lebe hier seit dreizehn Jahren und liebe diese Stadt. Im letzten Jahr haben wir in meiner zweiten Heimat Portugal gedreht, in diesem Jahr in Berlin.
Was erwartet dein Publikum der Berlin Fashion Week heute auf der Dachterrasse des Humboldt Forums?
DT: Wir zeigen fünf Living Dolls mit den krassesten Pieces, die wir im letzten halben Jahr gemacht haben. Wir haben einen tollen DJ, großartige Kooperationspartner wie Schwarzkopf Professional und einen sensationellen Ausblick auf ganz Berlin. Nach der Pandemie und der Situation in Europa möchte ich mit Menschen zusammen sein, will Menschen feiern, mein Team feiern. Ich freue mich gemeinsam mit dir hier einen Drink zu nehmen und mir die Models anzuschauen. Mein Team arbeitet so stark und ermöglicht es mir, viel zu reisen, viele Projekte machen zu können, und ist mitverantwortlich für den Erfolg. Auch sie sollen den heutigen Abend mit unseren Gästen genießen.
Bereits zum dritten Mal stylt ►Said Rubaii für dich bei der Berlin Fashion Week, in diesem Jahr als Head of Hair anlässlich der Release-Party zur Kollektion „Intimate Realm“. Wie hat er es geschafft, dass du ihm blind vertraust?
DT: Vor zwölf Jahren habe ich mir in einem kleinen Salon in Berlin die Haare schneiden lassen und traf auf Said. Er wusste von Anfang an, wie er meine Haare anfassen muss. Als er den Salon wechselte, bin ich ihm gefolgt und als er dann vor ein paar Jahren seinen eigenen Salon aufgemacht hat, war ich ganz stolz.
"Er wusste von Anfang an, wie er meine Haare anfassen muss."
Mittlerweile verbindet Said und mich eine schöne Freundschaft, er ist wie ein Bruder für mich. Ich liebe es im Job, Menschen um mich zu haben, die nicht nur ein Projekt mit mir abarbeiten, sondern mich auch verstehen. Said ist ein genialer Createur. Ich zeige ihm die Kollektion, schreibe ihm nie etwas vor und er weiß, was ich will. Ich liebe ihn, er liebt mich und ich glaube, so etwas entsteht entsteht daraus.Er besucht mich häufig im Atelier und wir tauschen uns aus. Heute weiß ich nicht einmal, was er für die Show macht, aber ich bin mir sicher, es wird geil.
Hast Du als Designer eine Empfehlung, welches Hairstyling zu einem bestimmten Look passt?
DT: Ich finde, zu langen aufregenden Kleidern sollte man die Haare zusammentragen. Wenn das Kleid nicht so aufregend ist, sind große Haare eine gute Ablenkung.
"Ich bin dankbar, dass wir seit Jahren Body Positivity haben (...) Es ist schön, bunt zu sein."
Und für den Alltag?
DT: Ich liebe diesen siffigen Dutt zu Daily Wear. Ansonsten bin ich dankbar, dass wir seit Jahren Body Positivity und dieses Freie haben. Jeder kann selbst entscheiden, wie er aussieht, wie er sich wohlfühlt und wie er sich vor dem Spiegel begegnen will. Wenn das Haar kurz und pink sein soll, darf es kurz und pink sein! Aber genauso lang und glatt. Ich bin Designer. Wir haben jede Saison einen bestimmten Look und sicherlich wiederholt sich einiges, weil wir auch als Marke unseren Stil haben. Trotzdem liebe ich es, wenn ich meine Mitarbeiter*innen oder Menschen draußen mit grünen und pinken Haaren sehe. Es ist so schön, bunt zu sein.
"Eigentlich naiv von meiner Seite zu denken, ich will nur den einen Look."
Auch deine Models tragen nicht, wie früher, auf dem Laufsteg ein einheitliches Hairstyling?
DT: Früher, als ich anfing, habe ich aus Unsicherheit die Haare weggenommen, damit man auch bloß die Kleidung sehen kann! Heute trägt sowohl im Film als auch bei der Präsentation jedes Model unterschiedliche Haare und unterschiedliches Make-up. Wir haben bunte Haare, Dreadlocks, Flechtfrisuren - einfach alles. Ich möchte bei jedem die Persönlichkeit herausholen. Eigentlich naiv von meiner Seite zu denken, ich will nur den einen Look. Es ist komplett "Head to toe". Ich will die Mädchen sehen, ihren Charakter und nicht nur die Kleidung. Sie sind edgiger und selbstbewusster, wenn sie sich mit dem Haar, dem Make-up und der Kleidung wohlfühlen.
"Es gibt Teile, die meine Kunden vor 13 Jahren gekauft haben und heute noch anziehen."
Wie siehst du die Modebranche der Zukunft?
DT: Ich möchte, dass über Sustainability nicht nur gesprochen, sondern Kleidung hier in Deutschland wieder als handwerkliches Kunstwerk anerkannt wird. Ich wünsche mir, dass weniger Kleidung produziert wird. Weg von: Ich gehe zu einem Geschäft, kaufe mir ein T-Shirt für 3 Euro und es interessiert mich nicht, wer es genäht hat. Schon vor 13 Jahren standen meine Kollektionen für Wertigkeit. Es gibt Teile, die meine Kunden vor 13 Jahren gekauft haben und heute noch anziehen. Es geht nicht um den Preis, sondern die Ideologie. Die Stoffe werden hergestellt, die Näherin hat das Kleidungsstück zusammengenäht, alle sollen dafür gerecht bezahlt und wertgeschätzt werden. Wer das tut, schmeißt ein Kleidungsstück auch nicht nach einmaligem Tragen weg.
Für mich bist du in Deutschland ein Designer, der Mode als Handwerkskunst präsentiert wie kein anderer.
DT: Vielen Dank!
"Trends können so verrückt sein, aber wenn sie dir nicht stehen, tun sie nichts für dich."
Mir gefällt das so gut, weil ich mir auch für das Friseurhandwerk wünsche, dass wir uns weniger über Trends verkaufen, sondern mehr über das handwerkliche Können, den Blick, die perfekte Form für etwas sehen zu können. Macht nicht genau das uns so einzigartig und wertvoll für unsere Kunden?
DT: Das stimmt. Es geht um die Gabe immer das Schönste rausholen zu können. Das ist in meinem Fall bei Said der Fall. Ich setz mich hin und er macht. Ich sage nie, was ich mir vorstelle. Er erkennt, ob ich zugenommen oder abgenommen habe oder ob meine Haare im Urlaub blond geworden sind. Er schaut mich an und entscheidet, ob er mein Haar heute länger lässt oder kürzer schneidet. Und ich geh raus und bin glücklich. Trends können so verrückt sein, aber wenn sie dir nicht stehen, tun sie nichts für dich.
Lieber Dawid,
vielen Dank für deine Zeit und dieses spontane Interview mit grandiosem Blick über Berlin!
Vielen Dank Anica Strucks von Schwarzkopf Professional für die Einladung und dieses wunderbare Foto :)