Birgit & Thomas Nöckl von Maischön | Credit: Wildbild

01.02.2023

Birgit & Thomas Nöckl: Auszubildende beginnen bei uns mit 1.080 € im 1. Jahr

Preise nicht zu erhöhen, sehen die Vorarlberger Unternehmer problematisch und wünschen sich mehr Mitstreiter, die ordentliche Preise verlangen, gut zahlen und in den Nachwuchs investieren. Maischön setzt dabei auf Zweiten Bildungsweg.

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Herr Nöckl, Friseurgehälter steigen um 9,5 %, eine gute Nachricht für unser Handwerk?
Thomas Nöckl:
Der Kollektivvertrag bildet einen Rahmen, aber an diesem muss man sich nicht orientieren, man kann mehr zahlen, als vorgeschlagen und das tun viele, z.B. über Provisionszahlungen, kürzere Arbeitszeit etc., auch wir zahlen das längst.

„Auszubildende beginnen bei uns mit 1.080 € im ersten Ausbildungsjahr…“

Auch bereits bei Lehrlingen?
TN:
2/3 unsere Auszubildenden steigen nicht als Lehrling in den Beruf ein, sondern über den zweiten Bildungsweg, geregelt im Kollektivvertrag der Friseure ein. Wir sprechen junge Menschen an, die schon einen Bildungsabschluss bzw. höheren Schulabschluss haben. Die sind 17 Jahre aufwärts.
 

Birgit Nöckl | Maischön

Birgit Nöckl: Entweder sie haben eine 3-jährige Fachschule besucht oder eine Ausbildung abgeschlossen. Was wir aber auch vermehrt haben, sind Gymnasium Abgänger. Wir honorieren, wenn jemand bereits etwas geleistet hat. Diese Auszubildenden beginnen dann mit 1.080 € im ersten Jahr, bekommen dann für die folgenden 6 Monate 1.180 € und ab geleisteter LAP einen individuellen Gesellenlohn.

Zweiter Bildungsweg bedeutet kürzere Lehrzeit, wie geht sich das aus?
BN:
Die Fachtheorie lernt man rasch, das geht durchaus in 6 Monaten. Die handwerkliche Tätigkeit braucht viel Wiederholung und Praxis, wir empfehlen unseren Mitarbeitern die LAP nach circa zwei ½ bis drei Jahren anzupeilen. Damit genügend Zeit für die praktische Ausbildung am Gast bleibt, wir müssen ja unseren Gästen ein gewisses Qualitätsniveau bieten.

Ab wann erbringt ein Auszubildender in Ihrem Salon Umsatz am Kunden?
TN
: Das kann nach der zweiten Woche sein und ist je nach Person unterschiedlich.

„Heute lesen wir in der Zeitung, wie wir uns fühlen sollen.“

Zurück zum Kollektiv. Das Friseurhandwerk liegt im Niedriglohnsektor noch immer weit unten. Wie schaffen wir hier einen Nenner für die Branche?

TN: Zeitungen und Journalisten schauen sich Statistiken an und schreiben dann pauschal über die Löhne im Friseurhandwerk. Wir erfahren dann aus der Zeitung, dass wir schlecht verdienen. Es geht doch nicht nur darum, was das untere Level ist. Es ist schade, dass keine Realgehälter angeschaut werden. So ging es auch unserer Mitarbeiterin Nicole Neyer, die dann ihr Gehalt in ihrem Freundeskreis offengelegt hat und plötzlich hat sich herausgestellt, dass sie mehr als alle anderen verdient. Der ganze Freundeskreis war sprachlos. Das hat sie ermutigt ein Video zu machen (►Interview Nicole Neyer). Natürlich macht sie auch einen super Job, aber das muss sich halt auch herumsprechen.
Die Pauschalisierung, es ist so bei den Friseuren, die ärgert mich, weil es so nicht ist.

Jetzt haben Sie sehr gut verdienende MitarbeiterInnen, aber das entspricht sicher nicht der großen Mehrheit in Österreich.
BN:
Ich werde oft gefragt, wie wir so viel zahlen können. Aber als Unternehmer kann ich doch einer Mitarbeiterin, die guten Umsatz macht, nicht nur Kollektiv zahlen. Ich möchte diese doch halten. Eine Mitarbeiterin, die im Monat 18.000 € Umsatz erwirtschaftet, die muss ich super gut bezahlen. Und als Mitarbeiter fühlt man sich erst dann wertgeschätzt.

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MitarbeiterInnen, die monatlich 18.000 € Umsatz machen, sind nicht so häufig.
BN:
Dann muss ich als Chef genau darüber mit der MitarbeiterIn sprechen und sagen, dass ich mehr zahle, wenn du mehr Umsatz machst. Dann überlegen wir uns gemeinsam, was man dazu tun muss. So arbeiten wir mit unseren jungen Leuten.
TN: Dann erweitern wir über Spezialisierung wie Farbe, Extensions oder Calligraphy Cut, sowie Karrierestufen. Allerdings muss ich dahingehend meine Mitarbeiter auch ausbilden. Die müssen so empowert werden, dass sie damit intensiver beraten, mehr Dienstleistung verrechnen und auch mehr Produkte verkaufen kann.

Eines der Hauptthemen ist die Angst vor Preisgestaltung und Erhöhung. Maischön liegt bereits mit seinen Preisen auf einem höheren Niveau als der Durchschnitt.
TN:
Aber Entschuldigung, das können doch keine Unternehmer sein? Jeder Installateur, der den Schraubschlüssel einigermaßen gerade halten kann, verrechnet 80 Euro die Stunde plus die Mehrwertsteuer noch dazu. In Wahrheit ist es verantwortungslos, Preise nicht zu erhöhen, wenn die Kosten zugleich steigen.

Was schlagen sie nun vor?
TN:
Die Branche sucht Lösungen immer im Außen: Mehrwertsteuerreduktion, Lohnnebenkostensenkung, Lehrlinge ohne Sozialversicherung und so weiter. Dabei liegt die Lösung in verantwortlichem Unternehmertum. Friseure müssen aufhören, sich ständig als Opfer darzustellen. Mit Jammern werden wir jedenfalls nichts erreichen.

Sind sie in der Innung aktiv?
BN:
Ja, das bin ich. Ich glaube jedoch, dass das nicht die richtige Plattform ist. Auch die Innung kann da nur marginal beeinflussen. Ich glaube, es muss aus dem Inneren herauskommen.
Friseure sind doch positive Menschen, die ihre Arbeit mit Herzblut und Liebe machen. Wenn sie das nach außen kommunizieren, dann wird die Wirkung in der Gesellschaft eine andere sein.

Sehen Sie eine Trendwende?
TN:
Noch nicht greifbar. Der Kampf um die Fachkräfte wird noch viel schlimmer werden.
BN: Ich bin viel bei Meisterprüfungen anwesend, da ist im Moment der größte Wunsch Unternehmerin zu werden. Ich glaube, wir müssen warten, bis sich die Spreu vom Weizen trennt.

Sehen Sie in einer transparenten, aber hochpreisigen Dienstleistungsstruktur die Lösung?
BN:
Hochpreisig zu sein ist nicht immer angenehm, es ist schon gar nicht einfach, aber es wird das einzige sein, wie wir vorankommen.

Liebe Familie Nöckl, ich bedanke mich für das offene Gespräch und wünsche weiterhin viel Erfolg

 

Über Maischön

40 MitarbeiterInnen, davon 12 Auszubildende an 3 Standorten im Vorarlberg (Dornbirn, Bregenz, Sulzberg)