Alexander Prasser alias Duke | Credit: Stefan Leitner

06.12.2024

"Barbershops haben die Friseurbranche ziemlich runtergeritten"

Duke Johns‘ Barbershop weiß sich inmitten preisgünstiger Nachbarn seine besser zahlende Klientel zu sichern, nicht zuletzt durch kunstvolle Inszenierung. Dass die Bezeichnung „Barbershop“ für „Duke“ Alexander Prasser einen gewissen Beigeschmack hat, liegt auf der Hand ...

Alexander Prasser alias The Duke im Gespräch mit Katja Ottiger 

Alexander, als Barber magst du es traditionell und inszenierst den Beruf des Friseurs gern als Kunstform. Deine neueste Kollektion stellt Haare als Hauptgericht dar. Wie kommt man auf die Idee, Köpfe auf Tellern zu servieren?
Alexander Prasser: Meine Kollektionen entstehen grundsätzlich immer in enger Zusammenarbeit mit dem Fotografen Stefan Leitner. Wir arbeiten gern miteinander und je länger eines unserer Treffen dauert, desto wilder werden unsere Ideen und Geschichten. So wie eben die Dinner-Inszenierung mit den Köpfen unter Glasglocken, die in Anlehnung an das „Große Fressen“ (Filmklassikervon Marco Ferreri aus dem Jahre 1973, Anm.) entstanden ist. Eine elegante Inszenierung dessen, was wir in unserem Geschäft als Hauptgang servieren. Generell mag ich alte Sachen und Traditionsgeschichten und hole mir dort viele meiner Inspirationen.

>>> Zur Kollektion

Die Models haben beim Shooting ganz „theatermäßig“ aus dem Tisch herausgeschaut oder hat da KI mitgespielt?
AP:
Mir ist ganz wichtig - und auch Stefan als Fotografen - dass wir nicht mit KI arbeiten! Wir sind immer gut vorbereitet und machen vieles selbst. Der Tisch wurde von uns präpariert und zusammengeschnitten; die Glasglocken zu besorgen war eine große Herausforderung, weil wir Glas finden mussten, das beim Shooting nicht spiegelt. Geshootet haben wir dann bei Stefan in der größten Indoor-Shooting-Location Österreichs – dorthin kommen unter anderem auch BMW oder das Wiener Staatsballett.

Eine finanziell aufwendige Sache, oder?
AP: Natürlich. Bei meinem kleinen Betrieb kann man das eher als Hobby verstehen. Aber es treibt mich an, nicht nur den Alltag zu bewältigen, sondern auch Kollektionen rauszubringen.

Eure Shootings sind martialisch oder traditionsbehaftet in den 20er, 30er Jahren angelegt.
AP: Stimmt, die sind gut gemischt: Rough Guys in der Prohibitionszeit, ein Western-Shooting oder unsere Samurai Kollektion, welche die japanische Präzision widerspiegelt, die uns im Salon antreibt. (Eindrücke gefällig? COLLECTION - Duke John's Barbershop)

Man kennt dich eher als „Duke“. Warum Duke?
AP:
In meinem Barbershop paart sich amerikanisches mit heimischem und „The Archduke John“, der Erzherzog Johann, war in der Steiermark eine große Nummer. Ich fand das passend.

Bei aller Tradition, bietet ihr auch Dauerwelle an?
AP: Nein. Wir schneiden Trends, sind aber auf Klassik spezialisiert. Da liegt auch unsere Klientel: zwischen 25 und 45 Jahren. Wir machen keine Dauerwelle und wir färben keine Haare und keine Bärte

„Jeder, der bei mir anfängt, (…) muss eine eigene Ausbildung für Duke Johns‘ absolvieren.“

Wer sich im „Duke Johns‘ Barbershop“ bewirbt, bringt eine klassische Friseurausbildung mit?
AP:
Da bin ich relativ offen. Optimal wäre eine klassische Friseurausbildung, aber ich habe schon mit Leuten gearbeitet, die aus einem ganz anderen Handwerk kommen und sagen, hey, ich will jetzt Barber sein. Ich bilde keine Lehrlinge aus, aber jeder, der bei mir anfängt, egal wie lange er schon im Business als Friseur oder Barber ist, muss eine eigene Ausbildung für Duke Johns‘ absolvieren.

In Graz gibt es sehr viele Barbershops, namhafte wie „Holy Tiger“ und „Butchers“, aber auch eine Szene der günstigen Shops. Was sind eure größten Herausforderungen im Business?  
AP:
Die größte Herausforderung ist es, Mitarbeiter zu bekommen. Vom Zulauf der Kunden her könnte ich weit mehr beschäftigen. Ich habe immer wieder Vorstellungsgespräche und mir ist egal, woher jemand kommt, wenn der cool ist und ins Team passt. Nur, du kannst bei uns im höherpreisigen Segment niemanden einsetzen, der in Jogginghose kommt und sich damit rühmt, schnell Haare schneiden zu können. Einige glauben, wenn sie zwei Jahre irgendwo beim „Tralala“ Barber gearbeitet haben, sind sie die Größten. Leider ist das auch der Zeitgeist. Der junge Mensch glaubt, er kann schon alles, weiß alles und braucht nichts mehr lernen. Ich war da anders. Ich war dankbar für jede Ausbildung und habe jederzeit viel Einsatz gebracht. Heute scheint mein Know-how, das ich in andere reinpresse, für diese eher eine Belastung zu sein.

"Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich - überspitzt gesagt - noch stolz darauf bin, mit meinem Geschäft die Bezeichnung „Barbershop“ zu tragen."

Der Herrenfriseur an sich scheint durch die Barbershops sichtbarer denn je. Ist das positiv für die Branche?
AP
. Das sehe ich nicht. Es gibt unterschiedliche Barber mit unterschiedlichen Kundenschichten. Wir müssen uns ständig unsere besser zahlende Klientel sichern. Wir ziehen unser Ding durch, machen unsere Werbung, bringen unsere Qualität, unser Service. Und das verbreitet sich unter den Kunden und wer darauf Wert legt, wird bei uns vorbeischauen. Wenn ich aber sehe, wie es bei meinem Nachbarn läuft, bei dem es darum geht, dass alles günstig ist, dass der Kunde am besten niemals da war und maximal fünf Minuten gesessen ist, dann würde ich sagen: Barber-Shops haben die Friseurbranche ziemlich runtergeritten.

Das ist eine starke Aussage ...
AP: Die Barbershops sollten mehr unter Kontrolle gebracht werden. Mittlerweile bin ich mir nicht sicher, ob ich, überspitzt gesagt, noch stolz darauf bin, mit meinem Geschäft die Bezeichnung „Barbershop“ zu tragen. Ein Barber ist traditionsbehaftet, aber mit den ca. 50 Barbershops in Graz leider auch ziemlich in Verruf geraten. Traurig ist, dass jeder weiß, das dort extrem viel schwarz eingearbeitet wird, aber keiner etwas dagegen tut. Wenn zu mir potenzielle Mitarbeiter kommen und sagen, sie möchten 50 Prozent schwarz bezahlt bekommen, weiß ich, dass das ein durchgehendes Konzept ist. Und Österreich macht nichts dagegen, nicht die Finanz, nicht die Innung. Es gibt kein anderes Gewerbe, in dem die Preise unter ein gewisses Niveau fallen. In unserer Branche schon.

Wo stehen die Barbershops in 15 Jahren?
AP: So weit in die Zukunft muss ich gar nicht schauen. Sicher ist, sie sind keine Modeerscheinung, wie es viele in der Friseurbranche angenommen haben. Barbershops werden bleiben, das ist kein Trend, das ist ein Fakt.

Über Alexander Prasser alias The Duke:

  • 1 Salon | „Duke Johns” Barbershop in Graz seit 2016
  • 3 Mitarbeiter / Barber
  • Ausbildung: Toni&Guy in Graz und London | Artistic Team Member
  • Perfektionieren des Barber-Handwerks u.a. in Rotterdam bei Shorrem Barber
  • on Instagram: @dirtyduke und @dukejohns_barbershop_graz