Achim Rothenbühler, J.7group | Credit: Martin Steiger für imSalon

15.12.2021

Achim Rothenbühler: Soforthilfe Rückzahlungen sind inakzeptabel - Politik handelt fahrlässig

Achim Rothenbühler, J.7group, hat einen Anwalt eingeschaltet und kämpft um Gleichbehandlung und dass Politiker zu ihrem Wort stehen. Wir haben mit ihm gesprochen...

Großzügig, schnell und unbürokratisch. Für kleine Unternehmen mit maximal fünf Beschäftigten bis zu 9000 Euro, für Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten bis zu 15.000 Euro - so sahen die Soforthilfen für die Unternehmen aus. Allein in Baden-Württemberg wurden nach Angaben des Landeswirtschaftsministeriums in Stuttgart 245.155 Anträge bewilligt und ein Gesamtvolumen von gut 2,1 Milliarden ausbezahlt, wie die Tagesschau am Montag berichtete.

Für die Richtigkeit der Auszahlung der Soforthilfe wurde ein Zeitraum berechnet, in dem teilweise Lockdown war, teilweise der Salon wieder öffnen durfte. Das führt zu Unmut. Dass Rückzahlungen für viele Betriebe der Todesstoß sein könnten, liegt auf der Hand, denn nicht wenige Friseure haben mit Umsatzeinbußen von 20 Prozent zu rechnen.
 

Achim Rothenbühler im Interview

mit Katja Ottiger
 

Wie andere Unternehmen in Baden-Württemberg auch habt auch ihr die Aufforderung bekommen, eure Corona-Soforthilfen aus dem Jahre 2020 (erster Lockdown 22.03. - 04.05.) zurückzuzahlen. Eine Überraschung?
Achim Rothenbühler:
Ja. Für mich war es damals weder vom Wortlaut der Bundesregierung noch von der Logik her erkennbar. Der Wortlaut war: Eine Förderung erfolgt im Rahmen eines einmaligen, nichtrückzahlbaren Zuschusses, zunächst für drei Monate… Für mich waren die Hilfen ganz klar Geld, um den Lockdown zu überbrücken, um Lehrlinge, die ich nicht auf Kurzarbeit setzen konnte, zu zahlen und die Fixkosten zu decken.

Du äußerst deinen Unmut über die Rückzahlungsaufforderungen sehr konkret. (s. Statement unten angeführt) Was sind deine Kritikpunkte?

Achim Rothenbühler, J.7 company | Credit: Markus Schmidt für imSalon

Achim Rothenbühler: Erstens Fahrlässigkeit vonseiten der Politik. Wir haben damals mit Unternehmens- und Steuerberatern den Wortlaut diskutiert und jeder war der Meinung, diese Hilfen müssen nicht zurückgezahlt werden. Ansonsten hätte ich ein höheres KFW Darlehen aufgenommen und 10 Jahre Zeit, dieses zurückzuzahlen. Es wird für viele jetzt richtig eng, denn die wenigstens sind bei den alten Umsätzen und haben in den letzten zwei Jahren ausreichend Geld beiseitelegen können.

Zweitens der Berechnungszeitraum. Der greift erst nach Antragstellung und dauert drei Monate. Der gesamte März aber war schon vor dem Lockdown wegen der Terminabsagen eine Katastrophe. Die Leute haben nach Österreich geschaut und waren extrem vorsichtig. Wir hatten praktisch vor dem eigentlichen Lockdown einen Lockdown. Dass die ersten starken Wochen nach der Wiedereröffnung in die Berechnung einbezogen werden, ist nicht richtig. Das war kein regulärer Monat: Wir waren montags offen und haben Überstunden gemacht, die später wieder vergütet werden mussten. Und nach dem ersten Ansturm waren die Läden wieder leer. Ich hätte mir einen längeren Zeitraum gewünscht.

Drittens Gleichbehandlung. Stand Heute und nach meinen Informationen, fordern Hessen und Bayern das Geld nicht zurück. Wo bleibt da das Gleichbehandlungsgesetz?

Dein Posting liegt einige Tage zurück, was erwartest du dir?
AR:
Ich möchte mit diesem Aufruf in erster Linie an die Öffentlichkeit gehen, damit auch Branchenfremde sehen, dass es uns mit den Förderungen nicht sooo gut erging. Ich möchte KollegInnen dazu bewegen, sich gemeinsam stark zu machen. Und ich möchte die Politik bewegen, die Maßnahme zu überdenken und noch einmal genauer hinzusehen. Wir alle haben in der Krise gelitten, privat wie geschäftlich, aber ausgetragen wird sie auf dem Rücken der kleinen und mittelständigen Betriebe. Da hängen ganze Existenzen und Familien dran und das nicht nur in unserer Branche.

„Der Akt liegt beim Anwalt auf.“

Was sind eure Pläne?
AR
: Wir haben mit der L-Bank gesprochen und zum Landeswirtschaftsministerium Kontakt aufgenommen. Die Antwort war zunächst mal: Nein, sie können da nichts machen.
Jetzt liegt der Akt beim Anwalt auf. Er wird prüfen, wie das weitere Vorgehen sein könnte, auch in Richtung Sammelklage. Ich möchte eigentlich nicht klagen. Ich reiße mich wirklich nicht um solche Dinge, aber wenn es nicht anders geht, bringe ich mich gern ein. Auch für andere, denn für mich sind diese Rückzahlungsaufforderungen eine Frechheit und ich sehe diese Hilfen als gerechtfertigt an.

Wenn du möchtest, dass KollegInnen sich zusammentun, was erhoffst du dir?
AR:
Wir müssen in der Krise lernen, ohne Konkurrenz und Stutenbissigkeit zu denken und uns gemeinsam stark zu machen. Wir müssen eine eigene Institution gründen, die unsere Meinung vertritt. Mir schwebt seit längerem ein Interessensverband vor, dem die großen Friseurunternehmen und die Industrie angehören, und der unsere Interessen in der Politik mehr Gehör verschafft. Wir haben ja noch andere Probleme, wie Mitarbeiterfindung oder Lehrlingsausbildung.

„Wir brauchen Durchschlagskraft.“

Weißt du schon etwas über Sammelklagen?
AR:
Ich weiß von verschiedenen Seiten, dass sich einige Unternehmen zusammentun. Leider schafft das kein Zentralverband, das wissen wir aus der Historie. Der ZV war in der Krise sicher bemüht, das möchte ich gar nicht abreden, aber die Durchschlagskraft ließ auf sich warten. Durchschlagskraft ist aber das, was wir brauchen.