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26.01.2017

Wie die Registrierkassenpflicht Österreich bewegte - Umfrage

Ein paar Fakten zu Österreich

Seit 1.1.2016 besteht in Österreich die Pflicht zur Einzelaufzeichnung- und Belegerteilung. Das heißt, dass jeder Betrieb dazu verpflichtet ist, bei Barzahlungen einen Beleg zu erstellen, diesem den Käufer auszuhändigen und ihn darauf hinzuweisen, den Beleg bis vor das Geschäftslokal zu nehmen.

Die Registrierkassenpflicht trat mit dem 1.5.2016 in Kraft. Jedes elektronische Aufzeichnungssystem, das zur Dokumentation von Bareinnahmen eingesetzt wird, ist als Registrierkasse zulässig und muss von bargeldintensiven Branchen geführt werden. Händisch ist passé. Gilt für alle Unternehmen mit jährlichen Einkünften von € 15.000 netto.

Wir hörten uns nun bei österreichischen Friseuren um, wie es ihnen mit der Registrierkassenpflicht ergeht. Zusammenfassend kann man Negatives und Positives recht schnell auf den Punkt bringen:

  • Positiv scheint für jeden die bessere Selbstkontrolle zu sein, vor allem wer vorher nicht mit einem Kassensystem gearbeitet hat, erfreut sich an neuer Business-Sphären-Öffnung: tägliche Umsatzkontrollen, Mitarbeiterführungstools - Großartig!
  • Negativ - Wen wunderts, der Finanzminister hat sein Ziel nicht erreicht. Die vorgeschobenen zusätzlichen Steuereinnahmen, ja wo sind sie denn - wieder mal so ein Versprechen der Politik auf dem Rücken der Unternehmer. Aber auch der zusätzliche Kassenbon-Papier-Müll nervt, ganz zu schweigen von dem Gefühl, dass jeder im vergangenen Jahr was anderes erzählte und mit "Nichts genaues weiß man nicht"-Mentalität auf den Nächsten verwies.

"Katastrophale Kasseneinschulung und mehr Müll"

Karin Mahringer von "Kopfarten" in Wien arbeitet mit ComCash und sagt: "Ich empfand die verpflichtende Registrierkassenverwendung als lästig. Für mich war es sehr schwierig den richtigen Anbieter zu finden und ich bin mir in meiner Entscheidung nicht sicher, ob diese die richtige war. Die Kasseneinschulung war eine Katastrophe und vom Service bin ich auch nicht recht überzeugt." Zusätzlich bemängelt Karin die zusätzlichen Kosten, die durch die Einführung der Kassenpflicht entstanden sind und weiterhin durch Wartung und technische Sicherheitseinrichtungen entstehen. Ein allgemein auftretendes Problem, das nicht nur in den "Kopfarten"-Salons auftritt, ist die Anhäufung an Müll. "Wir müssen jeden Bon ausdrucken und diese landen dann immer im Papierkorb", so Karin Mahringer.


"Haarkünstler und Informatiker prallen aufeinander"

"Ich finde die Registrierkassenpflicht gut, somit können die 10€-Shops, unsere Branchenkiller sozusagen, besser kontrolliert werden. Jeder erfolgreiche Unternehmer arbeitet mit einem Kassensystem. Wir haben ComCash", beschreibt Saniye Ilter-Sarkan vom Wiener "Insider of Hair""-Salon ihre Sicht der Dinge.
Womit Saniye jedoch anfängliche Schwierigkeiten hatte, war die Einführung...
"Da prallen zwei Welten aufeinander, auf der einen Seite, WIR, die Haarkünstler und auf der anderen Seite die Informatiker. Wir bringen die Informatiker zum Verzweifeln und umgekehrt - sie reden eben in einer anderen Sprache als wir."
Positive Erfahrungen im Salonalltag bemerkte Saniye in der einfachen Kontrolle. "Ich erspare mir nun viel Zeit, da ich auf Knopfdruck den Umsatz sehe und auch für Mitarbeiter ist es eine Selbstkontrolle, wer wieviel verkauft und Dienstleistungen erbracht hat. Außerdem ist die Auflistung der Top- und Flop-Produkte bei der Bestellung ideal. Newsletter versende ich jetzt einfach per Knopfdruck."


"Erwartete Mehreinnahmen durch Kasse nicht gegeben"

Alex Socher von "Toni & Guy" und Katharina Strassl von "Intercoiffure Katharina Strassl", beide in Wien beheimatet, arbeiten seit Jahren mit dem "X Factory"-Kassensystem, allzu große Änderungen gab es somit für beide Saloninhaber nicht.
Katharina Strassl bringt ihre Befürchtung vom Vorjahr auf den Punkt: "Der Finanzminister hat schon zugegeben, dass es doch nicht zu den Mehreinnahmen gekommen ist, die sie sich erwartet haben. Warum wohl? Weil diejenigen, die ihre Einnahmen bis jetzt leider nicht ordnungsgemäß abgeführt haben, es auch weiterhin nicht tun. Nach dem Motto: Was ich nicht eingebe, ist nicht drin!"


"Mitarbeiter sind motivierter"

Eine komplett neue Erfahrung war die Registrierkasse für Muhammed Sarac von "Hair by Bruno" in Wien. Muhammed hielt das seit 1.1.2016 in Kraft getretene Gesetz aber als eine gute Idee, da für ihn als Unternehmer keine "Hausaufgaben" mehr anfallen.
"Wir kannten so ein Kassensystem noch nicht, klar war es für uns zu Beginn sehr kompliziert. Hin und wieder passieren noch kleine Fehler beim Eintippen."
Dennoch steht Muhammed Sarac der Registrierkassenpflicht positiv gegenüber.
"Meine Mitarbeiter sind definitiv motivierter, jeder darf seine Umsatzstatistiken von Monat zu Monat vergleichen - so kommt mehr Ehrgeiz ins Spiel. Sie freuen sich, wenn sie gute Arbeit geleistet haben."
Auf die Frage nach Verbesserungsvorschlägen meint Muhammed, dass ihm die Entscheidung für das richtige Kassensystem schwer fiel. Er hätte sich dabei gerne Vorschläge von der Friseurinnung gewünscht.


"Mehr Zeitaufwand am Tag, schneller Tagesabschluss am Abend"

"Ich finde, dass durch die Registrierkasse die Kleinunternehmer schon sehr zur Kasse gebeten werden. Die Kosten der Registrierkasse sind für kleine Betriebe enorm", erklärt Mirjam Walenta von "Pranz - der Friseur Wien". Sie arbeitete schon vor der Einführung der Kassenpflicht mit dem System "Meine Kassa". Den zusätzlichen Zeitaufwand während der Arbeitszeit kritisiert Mirjam, jedoch geht der Tagesabschluss schneller, wenn keine Eingabefehler passiert sind.


"Kritik am mangelnden Vertrauen der Regierung"

Seit der Salongründung ist Patrizia Grecht von "Grecht Wien" im Besitz eines digitalen Kassensystems. Seit 2011 arbeitet die Salonbesitzerin mit EuroCis und im Vorjahr wurde die Kasse durch ein Update an die neuen Anforderungen des Finanzamtes angepasst. "Das ist ein Kritikpunkt, dass man als Unternehmer gezwungen wurde, ein bestehendes, funktionierenes System durch ein zugelassenes zu ersetzen", beanstandet Frau Grecht und fügt hinzu: "Das mangelnde Vertrauen, das einem als Unternehmer von der Regierung entgegengebracht wird, ist zum Verzweifeln. Stünde ich noch einmal vor der Entscheidung, mich selbstständig zu machen, würde ich mir das sehr gut überlegen."


"Weiterhin offene Fragen"

Als durchwegs positiv empfindet das neue Kassensystem Selma Begovic vom Salon "Unistyle " in Klagenfurt.
"Ich glaube, dass dadurch die Anzahl von Ein-Personen-Unternehmen gesenkt werden kann, weil die Investitionen für die Kasse für viele ein Hindernis ist. Größere Betriebe arbeiten ja schon lange damit", meint Selma.
Was sie sich mehr gewünscht hätte, wären einheitliche Informationen zur Registrierkasse vom Finanzamt, der Friseurinnung und dem Steuerberater.
"Bei der Einführung habe ich vom Kassensystemanbieter andere Informationen bekommen, als von meinem Steuerberater. Über das korrekte Verhalten, wenn die Finanzpolizei im Salon auftaucht, habe ich noch keine Antworten gefunden", kritisiert die Kärntner Friseurin.

Unser Fazit

Abschließend ist wichtig zu wissen, dass der Steuerberater für seine Aussagen haftet. Das heißt, wenn man vom Steuerberater Emfehlungen und Tipps zum Umgang mit der Registrierkasse bekommt und diese im Falle einer Steuerprüfung kritisiert werden, haftet der Steuerberater für seine Aussagen.
Registrierkassenanbieter hingegen wollen nur eines: Verkaufen und das zu ziemlich happigen Preisen.

Und das ist ein trauriger großer Aspekt, kleinen alteingesessenen Salons mit maximal 2 Mitarbeitern und überschaubaren Umsätzen wurden Kassensysteme aufgequatscht, für zum Teil € 5.000, wo es eine einfache Lösung die dem Salonbudget entsprochen hätte, längst getan hätte. Mit der Angst der Unternehmer im Verkaufskoffer hat sich so mancher ein kleines Vermögen angehäuft und die Unternehmer danach gnadenlos hängengelassen.