27.08.2021
Tipp des Tages: Friseure sollen nicht mehr verkaufen!?
Weniger Anstrengung und einfach nur ehrliches Interesse an den Kundinnen, Verkaufscoach Oliver Schumacher rät zu allem, nur nicht zu Verkaufen – Paradox, oder?
Beitrag von Oliver Schumacher
Endlich gute Nachrichten: Friseure sollen nicht (mehr) verkaufen! Mal Hand aufs Herz, wer ist über diese frohe Botschaft nicht erleichtert? Wer hatte denn auch wirklich Lust von euch, seinen Kunden irgendein Produkt „aufzuquatschen“, sich für die höheren Preise zu rechtfertigen oder diese demotivierenden Ausreden wie „Ich habe noch, beim nächsten Mal vielleicht!“ oder „Nein, danke, ich bin zufrieden!“ ertragen zu müssen? Es war doch eh immer an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten, von sich aus irgendwelche Produkte den Kunden an der Kasse vorzustellen, während die anderen Kunden und Kollegen mit großen Ohren zwischen einem Spektrum von neugierig bis angewidert zuhören. Die Kunden sehen doch, dass ihr Verkaufsregale mit Produkten habt. Wenn die wirklich etwas wollen, können die ja mal ihren Mund aufmachen – und dann bekommen sie eben das, was sie wollen. Darum ist es wirklich wunderbar, dass nun endlich Schluss mit diesem lästigen Verkaufen ist.
Warum Verkaufen Kunden auf den Keks geht
Verkaufen ist aus Kundensicht schnell extrem lästig, nämlich dann, wenn Kunden
- ihre eigenen persönlichen Vorteile in dem Angebot nicht anstrengungsarm erkennen,
- das Gefühl haben, ihnen soll nur etwas verkauft werden, damit die Kasse des Friseurs klingelt,
- spüren, dass die Friseurin oder der Friseur etwas anbietet, wohinter diese bzw. dieser selbst nicht steht,
- merken, dass mit ihnen plötzlich gestelzt gesprochen wird, so dass sie denken „Warum spricht die jetzt so komisch – war sie gerade beim Seminar?!“ oder
- in eine Sackgasse getrieben werden, woraufhin sie eigentlich nur noch Ja zum Kauf sagen können, obwohl sie eigentlich Nein denken.
Leider gibt es in der heutigen Zeit in gewissen Branchen immer noch viele Drücker im Verkauf, die nur ihren eigenen Vorteil suchen – und für die ihre Kunden ausschließlich Mittel zum Zweck sind. Daher ist es allzu verständlich, wenn Friseure diesen negativen Stempel nicht auch aufgedrückt bekommen wollen. Es ist also gut, wenn Friseure nicht verkaufen, damit sie nicht auch in diese Schmuddelecke geraten.
Weswegen deine Kunden Empfehlungen schätzen
Angenommen, du bist Brillenträgerin. Wäre es dir lästig, wenn dir in einem Brillenfachgeschäft die Verkäuferin die Frage „Darf ich Ihnen mal etwas zeigen, damit ihre Brille weniger beschlägt?“ stellt? Stell dir vor, du bist in einem Restaurant. Kein normales Restaurant, sondern eines, dass sehr exklusiv ist. Es bietet seinen Gästen Speisen an, die du einfach nicht kennst. Du liest die Namen der Gerichte zwar in der Speisekarte, weißt aber nicht mit Sicherheit, was sich dahinter verbirgt. Wäre es dir unangenehm, wenn dir der Kellner seine Beratung anbietet, damit du für dein Geld auch wirklich etwas bekommst, was dir schmeckt? Oder noch ein letztes Beispiel: Gesetzt den Fall, du bist mit deiner Haut nicht zufrieden. Vielleicht, weil sie zu sehr glänzt, sie unrein oder für dein Alter viel zu faltig ist: Wie würde es dir gefallen, wenn die Kosmetikerin wohlwollend und wertschätzend auf dich und deine Probleme eingeht – und dir ein oder zwei Produkte empfiehlt? Würdest du dann schreiend aus dem Institut rennen, oder sagen „Endlich mal eine Kosmetikerin, die mich und meine Haut ernst nimmt – und mir wirklich helfen will!“?
Du merkst, der Ton macht die Musik. Und gerade dieser Ton wird von deiner inneren Haltung bestimmt. Wenn du es wirklich gut meinst mit deinen Kunden, dann brauchst du gar keine Verkaufsgespräche zu führen, dann verstehen deine Kunden von selbst, dass es aus ihrer Sicht sinnvoll ist nun aktiv zu werden – und zu kaufen.
Ja, aber was ist mit denen, die nicht kaufen?
Natürlich wird nicht jeder Kunde und jede Kundin etwas bei dir im Salon kaufen. Das ist ganz normal. Aber du solltest jedem Kunden und jeder Kundin, bei der du merkst, dass du ihr mit deinen Produkten und Dienstleistungen wirklich helfen kannst, von dir aus Empfehlungen wohlwollend aussprechen. Vielleicht mit „Ich habe da eine Idee, wie deine Haarfarbe noch besser hält/was du deiner Kopfhaut Gutes tun kannst/wie deine Frisur noch besser sitzt – darf ich dir dazu mal etwas zeigen?“ Sollte die Kundin ablehnen, warum auch immer, so hast du es wenigstens versucht. Freundschaftlich gemeinte Empfehlungen, die nicht zum Verkauf führen, sind zwar vielleicht schade, aber nicht schlimm. Denn Kundenbindung entsteht auch dadurch, dass deine Kunden spüren, dass du dich ernsthaft um sie kümmerst – und Ideen hast. Du wirst also merken: Viele Kunden sind sehr dankbar, wenn du sie auf Augenhöhe berätst und ihnen passende Produkte und Dienstleistungen empfiehlst. Sie werden kaufen, einfach weil es für sie sinnvoll ist.
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Oliver Schumacher zeigt seit 2009 unter dem Motto „Ehrlichkeit verkauft“, wie mit Kunden Geschäfte auf Augenhöhe getätigt werden. Er ist unter anderem Autor des Buches „Mehr Erfolg in der Beauty-Branche“ und gibt vor Ort als auch online extrem praxisbezogene Seminare.