

19.07.2024
Hautpilz-Epidemie in Barbershops - was ist dran an der medialen Hysterie?
Trichophyton tonsurans, auch bekannt als „Ringerpilz“, erregt durch die mediale Berichterstattung viel Aufsehen. Er wird dabei in Verbindung mit Barbershops gebracht. Wir haben uns die Frage gestellt, was an dem medial aufgebauschten Thema dran ist und sind für euch auf Spurensuche gegangen.
Es scheint, dass sich die Medien mit Begeisterung auf dieses Thema fürs Sommerloch stürzen. Mit diesen angsttreibenden Headlines sind freilich Klicks zu machen, Aufklärung und Faktencheck sind jetzt aber umso wichtiger.
Zunächst einmal die Fakten:
Es handelt sich bei dem Trichophyton tonsurans um einen Fadenpilz, der sich von Keratin ernährt, weshalb er verhornte Haut und besonders Haare befällt. Die Inkubationszeit beträgt etwa 1 bis 2 Wochen. Die Erkrankung zeigt sich durch eine Hautveränderung: Ringförmige, im Zentrum ausgeblichene und mit leicht erhobener Randschuppung abgegrenzte Läsionen. Die runden Plaques können von eitrigen Pusteln begleitet sein.

Da T. tonsurans sich von Keratin ernährt, greift er auch die Haarschäfte an. Das Haar wird vom Erreger geschwächt und bricht nahe der Kopfhaut ab. Bei einem entzündlichen Verlauf der Infektion kann es durch die Vernarbungen zu langanhaltendem bis dauerhaftem Haarverlust kommen (Quelle unten verlinkt).
Übertragungswege
Der Hautpilz gelangte durch Migration und internationale Kampf- und Kontaktsportwettkämpfe nach Europa, weshalb der Pilz auch als „Ringerpilz“ bekannt ist. Barber Shops und Friseursalons sind als mögliche Übertragungswege bereits bekannt. Die erste Berichterstattung über eine mögliche Übertragung durch Bartrasur und Friseurarbeiten in deutschen Barber Shops erfolgte 2020 und schreibt das erstmalige Auftreten des Trichophyton tonsurans als Auslöser von Tinea capitis (Befall von Kopf- und Bartregion) einem Barbershop zu.
Mögliche Übertragungswege sind enger Körperkontakt wie z.B. bei Kampf- oder anderen Kontaktsportarten, in Schulen oder Kindergärten. Der Pilz ist aber auch besonders Umwelt resistent und kann sich mehrere Monate auf Gegenständen wie z.B. (Kampf-) Sportmatten, nicht ausreichend desinfizierten/gereinigten Haarschneidern, Bürsten, Kämmen, Kopfstützen und auch auf Kleidung, Bettwäsche und Handtüchern halten. Eine Wäsche bei 60 Gradcelsius, genügt jedoch, um Sporen in Textilien loszuwerden.
Was ist nun an der medialen Hysterie dran?
Auf Nachfrage unsererseits an das BMG (Bundesministerium für Gesundheit) hieß es, man gehe von einem deutlichen Anstieg aus. Es ist jedoch nicht geklärt, warum die Fallzahlen zunehmen. Einer retrospektiven Studie der Technischen Universität München nach, ist von einer weiten Verbreitung in der Bevölkerung auszugehen.
Der Anstieg an Infektionen ist nicht einem einzigen Übertragungsweg, z.B. den Barbieren, zuzuschreiben. Der Hautpilz ist zwar hochansteckend, jedoch nur schwach immunogen. Das bedeutet, dass es viele unwissende Träger des Erregers ohne Symptome gibt, welche den Hautpilz an Familienmitglieder, Freunde etc. übertragen können. Das Bundesministerium für Gesundheit bestätigte uns, dass es für die Infektionen mit dem „Ringerpilz“ keine Meldepflicht gibt. Somit lassen sich Fallzahlen nicht quantifizieren.
Der ein oder andere freut sich vielleicht, dass die sogenannten „Billig-Barber“ angeprangert werden, allerdings trifft es den Ruf der kompletten Friseurbranche. Gerade in diesen Zeiten ist es wichtiger, denn je Vertrauen zu schaffen, mehr dazu ►hier.
Ob der Hautpilz nun beim Barber, Friseur oder MMA-Kampf auftaucht, ist es wichtig, dass die Menschen informiert sind, damit Übertragungsketten nachvollziehbar werden, und weitere Ansteckungen vermieden werden können. Ratet betroffenen Kunden beim Dermatologen vorstellig zu werden und achtet weiterhin auf die Hygiene in eurem Betrieb, um euch selbst, eure Kunden und den Ruf des Friseurhandwerks zu schützen.