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14.12.2012

Friseurstatistik und Gedankenanstöße

Statistiken sind eine schöne Sache. Gesammelte Daten über Umsätze, Besuchsfrequenz und Mitarbeiterstand werden jährlich erhoben und verglichen. So veröffentlichte auch heuer wieder die [url=http://www.gfk.at t=new]GFK Austria GmbH[/url] ihr aktuelles Friseurbesucher-Panel für das Jahr 2011. Daten aus dem laufenden Jahr fließen nicht in die Statistik ein, die wichtigsten Monate fehlen noch, aber für umfangreiche Analysen des Ist-Zustandes unserer Branche reichen durchaus die Zahlen des letzten Jahres.

Der Ausblick und der derzeitige Zustand der Wirtschaft stehen auch bei uns Friseuren ganz im Zeichen der anhaltenden europaweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, die nun auch in die Realwirtschaft hinein deutlich spürbar wird. Zwar wächst die Wirtschaft allgemein um wenige Prozentpunkte, doch beim Kunden und uns kommt dieses Wachstum nur sehr zögerlich an. Hohe Inflation, kaum steigende Löhne und Verteuerungen in fast allen Lebensbereichen machen sich dann eben auch an Einsparungen bei unseren Kunden bemerkbar. Zudem werden stagnierende Investitionen in der Branche selbst Veränderungen in der nächsten Zeit darstellen.

Die Besuchszahlen, einer der wichtigsten Indikatoren unserer Branche, haben sich insgesamt wieder zurück ins Positive verändert, uns Friseure besuchen nun wieder insgesamt mehr Kunden. 2,8% mehr Besucher seit 2010 stehen einem Minus von 2,4% bei der Frequenz gegenüber. Das bedeutet, dass zwar wieder mehr Kunden kommen, diese aber über das Jahr gesehen nicht mehr so häufig, wie die Jahre zuvor.

Mindestens einmal im Jahr besuchen 59% aller ÖsterreicherInnen uns Friseure. 28% davon kommen einmal, weitere 20% zweimal. Der Rest verteilt sich auf 13 Besuche pro Jahr (2%). Gerade letztere Besuchergruppe machen dann auch gut 13% der gesamten Einnahmen in allen Betrieben aus. Eine weitere Negativwirkung: pro Besuch werden gerade noch 3,73 individuelle Dienstleistungen ausgeführt, ergibt ein Minus von 2,4% seit dem letzten Jahr. Pro Besuch geben Kunden dann im Durchschnitt 35,4 € (+0,6%) pro Dienstleistung aus.

Allgemein ist die Besuchsreichweite und Frequenz fast gleich geblieben. Es gibt gegenüber den letzten Jahren eine leichte Tendenz nach oben, beispielsweise bei Kundinnen über 50. Dafür nehmen immer weniger junge Damen (15-24 Jahre) unsere Arbeit in Anspruch, ein sattes Minus von 7% beim Umsatz (-8% bei 25-34 jährigen) stehen +4% bei 50+ gegenüber.

In € gesprochen, ist der Dienstleistungsumsatz von 585,5 Mio. auf 591,4 Mio (bei den Damen) gestiegen, bei 167.070 tsd. Besuchen in etwa 8000 Friseurbetrieben und mit einem Schnitt von 3,7 Besuchen im Jahr pro Kundin.

Überproportional zugenommen haben die Besuchszahlen der männlichen Kunden, 4,4% mehr Männer nehmen unsere Service in Anspruch, gestiegen sind auch die Ausgaben bei den Herren pro Dienstleistung. Inzwischen lassen sich mehr Männer die Haare färben („tunen“) (14%), dem gegenüber fällt diese Zahl aber im Vergleich zu den Damen (hier färben fast 37% aller Kundeinnen ihr Haar) kaum ins Gewicht. Trotzdem entwickelt sich seit Jahren die Tendenz, dass Herren zu einem lukrativen Geschäft werden. Noch dazu sind Männer sehr treue Kunden und besuchen Friseure häufiger. Trotzdem stagniert der Umsatz im Herrensalon bei ca. 17 € pro Besuch.

Damen, welche sich die Haare färben, machen diese Dienstleistung inzwischen sowohl zu Hause (43%) als auch beim Friseur (57%), wobei Pfusch immer seltener wird. Der „Graue Markt“ ist seit 2010 wieder leicht rückläufig, gerade Dienstleistungen innerhalb der Familie sind um 7% zurück gegangen.

Gestiegen sind Friseurbesuche ins nahe Ausland, zumindest in Wien, Steiermark, Kärnten und im südlichen Burgenland.

Eine grundlegende Veränderung zeichnet sich sowohl für Friseure wie auch Industrie ab:
-27% weniger Produktverkauf bei Friseuren. Gerade die letzte Zahl lässt aufhorchen. Immerhin brauchen alle unserer Kunden und Nicht-Kunden Shampoo, Pflege und Stylingprodukte, aber diese werden nach wie vor nicht bei uns gekauft!

Ein Grund dafür ist, dass viele Kunden mehr im Retail-Bereich (Syoss, Wella Series, ELVITAL) oder direkt beim Großhändler kaufen. Auch Internet-Handel, beispielsweise durch amazon.at boomt. Bei Haarfarben sehen wir dasselbe Bild. Pro Jahr verkauft die Industrie ca. 10 Millionen Haarfärbemittel, gerade ein knappes Drittel davon kaufen Friseure. Dank aggressiven Marketings und zielgruppengerechter Werbung freut sich die Industrie insgesamt über steigende Umsätze bei Heimbehandlungsprodukten - und so belegt die Statistik: 43% aller Färbungen werden zu Hause gemacht.

Beim Kunden nachgefragt
„Wie häufig im Jahr gehen Sie zum Friseur?“, frage ich Neukunden immer im Beratungsgespräch. Gefühlt, und praktisch, wird unsere Reichweite immer geringer. Wieso aber nutzen immer weniger Kunden unseren Service? „Zu teuer“ höre ich noch von den Ehrlichsten, und vielfach haben sie sogar recht. Denn inzwischen ist die Bandbreite bei den Preisen innerhalb der Branche sehr gemischt. Von 10 € Angeboten abgesehen, boomen auch vielerorts „Gesamtpakete“. Die „magische Grenze“ ist da anscheinend 35 €. Der Service muss so oder so stimmen, ob 10 € gezahlt werden oder 100 €. Und auch hier sind die Kundenmeinungen gespalten. Auf die Frage: „Fühlen Sie sich beraten“ antworten gerade mal 40% der Kundinnen mit „Ja“, während 80% der Friseure ebenfalls „Ja“ zur Beratung sagen.

Unsere Dienstleistungen und die Anforderungen unserer Kunden sind über die Jahre vielfältiger geworden. Während einige Kunden Trends hinter her jagen und Aussehen wollen wie das Foto des Stars, das sie aus der Tasche kramen, geht es den meisten einfach nur darum, sich wohlzufühlen und ihr Haarstyling in den Griff bekommen. Haare werden als individuelles Accessoire wahrgenommen, und es gibt nichts Nervigeres, als Haare zu haben, die nicht „richtig“ gefärbt sind, oder einen Schnitt, der sich einfach „falsch“ anfühlt. Diese Problematik wird so oft angesprochen und kommuniziert, bei Seminaren, von der Industrie. Doch trotzdem wird kaum etwas „besser“, sondern allenfalls „bleibt gleich“ bis „eher schlechter“. Das Verhältnis Friseur-Kunde war schon mal besser, doch jeder sollte sich darüber bewusst sein, etwas verändern zu müssen.

Ich gebe Ihnen, wenn Sie so weit gelesen haben, noch etwas zum Nachdenken: Wussten Sie, dass der durchschnittliche Gewinn von allem 8000 Friseursalons pro Jahr bei ca. 10.000 € liegt?