

04.06.2025
„Wir prüfen auch ohne Verdacht“ – Wie der Zoll gegen Friseur-Schwarzarbeit vorgeht
Wie entscheidet der Zoll, welche Friseurbetriebe kontrolliert werden? Sarah Garbers, Pressereferentin der Generalzolldirektion, erklärt im Interview, wie verdachtsunabhängige Prüfungen ablaufen, welche Rolle Hinweise aus der Branche spielen und was die geplante Sofortmeldepflicht ab 2026 bringen soll.
imSalon: Nach welchen Kriterien werden Friseur-/ Barber-Betriebe für eine Kontrolle ausgewählt?
Sarah Garbers: Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) führt ihre Prüfungen auf Grundlage des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) durch und verfolgt einen ganzheitlichen Prüfungsansatz. Das bedeutet, dass u.a. geprüft wird, ob Arbeitgeber ihre Beschäftigten zur Sozialversicherung angemeldet haben, ob Sozialleistungen zu Unrecht bezogen werden. Dabei prüft die FKS durch Personenbefragungen und/oder Prüfungen der Geschäftsunterlagen sowohl hinweisbezogen als auch verdachtsunabhängig.
Bei verdachtsunabhängigen Prüfungen erfolgt eine risikoorientierte Auswahl, bei mehrere Risikokriterien ausschlaggebend sein können.
Was sind solche Risikokriterien?
SG: In die Risikobewertung können u.a. branchenspezifische Erkenntnisse (wie die Beschäftigten- oder Lohnstruktur der jeweiligen Branche) oder besondere Umgehungsformen oder Erkenntnisse aus anderen Prüfungen oder Ermittlungsverfahren einfließen. Durch diesen Ansatz konzentriert sich die FKS zielgenau auf die für Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Mindestlohnverstöße besonders anfälligen Bereiche.
Die FKS führt dabei sowohl Stichprobenprüfungen als auch vollständige Prüfungen aller Beschäftigten eines Arbeitgebers durch.
"...Zollverwaltung erfasst die statistische Branche Friseur- und Kosmetiksalons ohne eine weitere Differenzierung...".
Liegt der Fokus dadurch auf Billigsalons oder Barbershops?
SG: In der Arbeitsstatistik der FKS der Zollverwaltung wird die statistische Branche Friseur- und Kosmetiksalons ohne eine weitere Differenzierung erfasst. Diese Branche umfasst neben den klassischen Friseurbetrieben auch Barbershops, sowie Kosmetik und Nagelstudios. Es kann daher keine statistisch belegbare Aussage darüber getroffen werden, welche „Erscheinungsformen“ des Friseurhandwerks besonders betroffen sind.
Viele Friseurunternehmer sowie Innungsvertreter berichten, dass auf Meldungen von Schwarzarbeit keine Aktion erfolgt. Was wird getan, um hier reaktiv arbeiten zu können?
SG: Sofern konkrete Hinweise eingehen, werden diese an zentraler Stelle bei den Hauptzollämtern erfasst und auf Qualität und Plausibilität geprüft.
Führt diese Bewertung dazu, dass ein Anfangsverdacht vorliegt, leitet die FKS ein Ermittlungsverfahren ein. Kann aus dem Hinweis kein Anfangsverdacht abgeleitet werden, prüft die FKS unter Berücksichtigung risikoorientierter Gesichtspunkte, ob weitere Prüfmaßnahmen angezeigt sind.
Eine Rückmeldung an den Hinweisgeber ist aus datenschutzrechtlichen und ermittlungstaktischen Gründen nicht vorgesehen. In Folge dessen ist für Außenstehende nicht erkennbar, ob oder in welcher Form eine Prüfung stattgefunden hat.
Wie geht es nach den Kontrollen weiter?
SG: Bei Vorliegen eines Anfangsverdachts auf Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten leitet die FKS Ermittlungsverfahren ein. Der Ausgang der Ermittlungsverfahren hängt vom jeweiligen Sachverhalt ab und gestaltet sich daher unterschiedlich.
Wie eng arbeitet der Zoll mit Handwerkskammer und Friseurinnungen zusammen?
SG: Im Friseurhandwerk besteht ein bundesweites Bündnis der Generalzolldirektion, Direktion VII mit Vertretern der Wirtschaft und Gewerkschaften. Die Bündnispartner kommen regelmäßig in Arbeitskreissitzungen zusammen, um sich über aktuelle Entwicklungen auszutauschen. Diese Zusammenarbeit wird von Seiten der Direktion VII als sehr gut und gewinnbringend empfunden.
Gibt es dafür konkrete Maßnahmen?
SG: Die FKS intensiviert auch auf operativer Ebene Informations- und Aufklärungsmaßnahmen mit Beteiligten der Wirtschaft. Dafür wird die FKS verstärkt insbesondere im Rahmen von Gründungsseminaren und Veranstaltungsreihen bei den Handwerkskammern sowie Veranstaltungen der regionalen und bundesweiten Fachverbände und Innungen vorgestellt und so die Zusammenarbeit intensiviert und der gemeinsame Austausch gefördert werden.
"Innungen können sich für Informations- und Aufklärungsmaßnahmen auf operativer Ebene an die örtlich zuständigen Hauptzollämter wenden..."
An wen können sich Friseurinnungen melden, um einen Austausch auf einer ihrer Veranstaltungen zu organisieren?
SG: In diesem Fall können sich die Innungen an die örtlich zuständigen Hauptzollämter wenden, welche die Veranstaltungen abhängig vom konkreten Thema und nach terminlicher Verfügbarkeit bedienen.
Eine Sofortmeldepflicht ist für Mitarbeitende in der Friseurbranche in Arbeit – erhoffen Sie sich dadurch bessere Handhabe? Können Sie sagen, wie der aktuelle Status ist, also ab wann die Friseurbranche in die Liste der Sofortmeldepflichtigen Branchen mit aufgenommen wird?
SG: Der Katalog der für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung besonders anfälligen Branchen (§ 2a SchwarzArbG) soll an aktuelle Entwicklungen angepasst und um das Friseurgewerbe erweitert werden. Das Inkrafttreten ist derzeit für 1. Januar 2026 vorgesehen.
Durch die Einführung der Sofortmeldepflicht wären die Arbeitgeber verpflichtet, den Beschäftigungsbeginn der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bei der Arbeitsaufnahme an die Datenstelle der Rentenversicherung zu melden. Die Maßnahme zusammen mit der Ausweismitführungspflicht gemäß § 2a SchwarzArbG sowie der Verpflichtung zur Arbeitszeitaufzeichnung gemäß § 17 Mi-LoG können die Prüfungen der FKS effektiver gestalten und dazu betragen, redliche Unternehmen zu entlasten.
Damit soll die Verbreitung von Schwarzarbeit im Friseurhandwerk effektiv eingedämmt und gleichzeitig die Einhaltung fairer Wettbewerbs- und Arbeitsbedingungen gefördert werden.
In kaum einem Handwerk ist Schwarzarbeit so leicht nebenbei zu bewerkstelligen, wie im Friseurhandwerk. Hochrechnungen gehen von 1,4 Mrd. entgangenen Umsatz im Friseurhandwerk aus. Dennoch ist die Anzahl der Kontrollen überschaubar. Von 80.000 Betrieben wurde nicht mal 1% kontrolliert. Weshalb wird hier nicht mehr unternommen? Was kann getan werden, wie kann das Friseurhandwerk unterstützen?
SG: Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit ist sich der besonderen Sensibilität im Friseur- und Kosmetikgewerbe bewusst und legt mittels Sonderprüfungen besonderes Augenmerk auf diese Branche.
In den vergangenen zehn Jahren hat die FKS ihre Prüfstrategie weiterentwickelt und setzt verstärkt auf risikoorientierte und branchenbezogene Prüfungen in lohnintensiven Branchen. Wichtige Bausteine zur Gewinnung von Erkenntnissen sind dabei örtliche, regionale und bundesweit branchenbezogene Schwerpunktprüfungen bzw. spezielle Mindestlohn-Sonderprüfungen.Neben dem bereits bestehenden regelmäßigen Dialog im Rahmen der Bündnisarbeit, ist auch der Austausch auf regionaler Ebene wichtig und wird weiter ausgebaut
Vielen Dank, Frau Garbers, für die Einblicke. Wir sind uns sicher, das Friseurhandwerk freut sich auf eine intensivere Zusammenarbeit.