Nachhaltigkeitsziele hat sich Kao viele vorgenommen | C: Markus Hildebrandt

30.03.2021

Stephan Becker: Nachhaltigkeit, das dringendste Thema für die gesamte Menschheit

Kao hat sich hohe Ziele im Bereich Nachhaltigkeit gesetzt, aber wie glaubwürdig ist das in einem Großkonzern und was bitte ist Kirei, wollten wir vom Kao Geschäftsführer Stephan Becker wissen.

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Stephan, Du hast im ►Februar an Angela Merkel geschrieben hast du eigentlich eine Antwort bekommen?
Stephan Becker: Also nicht von Frau Merkel persönlich, aber tatsächlich kam vom Bundeskanzleramt und dem Wirtschaftsministerium ein Schreiben, dass man sich Gedanken macht und die Sachlage prüft, etwas allgemein gehalten, aber sie haben sich positiv zur Friseurbranche geäußert. Die Salons durften dann ja auch wieder öffnen. Das war unser Hauptziel.

Wie ist denn Kao bis jetzt durch die Krise gekommen?
SB:
Bis zum 1. März hatten wir 10 Wochen Salonschließung, das ist natürlich auch an uns nicht spurlos vorbeigegangen. Allerdings schauen wir gerne in die Zukunft und das optimistisch. Gerade im März sehen wir, dass das Geschäft wieder gut anläuft, obwohl unsere Friseurpartner weiterhin mit Restriktionen zu kämpfen haben.

Gibt es etwas, dass du in der Krise aus heutiger Sicht anders machen würdest?
SB: Absolut! Mein wichtigstes Learning ist noch schneller auf Veränderungen reagieren zu müssen. Es dauert bis Veränderung sich als neues Normal manifestiert. Da sind wir heute anders aufgestellt und insgesamt offener und reaktionsschneller geworden.

Dein größtes AHA Erlebnis in diesem Jahr?
SB: Wie kurzfristig wir es geschafft haben, in die virtuelle Welt umzusteigen. Jetzt ist vieles möglich geworden, ob mit unseren Kunden, mit Mitarbeitern. Das gibt einem ein Stück weit auch persönliche Freiheit, man organisiert sich plötzlich anders und sieht seine Kinder zwischen Meetings zum Mittagessen, das war für mich besonders.

Was beschäftigt dich?
SB: Die gesamte finanzielle Situation, die Einbußen mit denen Friseurunternehmer umgehen müssen. Viele sind stark belastet, Unterstützungshilfen fließen nicht, Kurzarbeitszuschüsse werden spät ausgezahlt. Das sind schwerwiegende Probleme, viele Ersparnisse gingen drauf, zusätzliche Kredite müssen abgezahlt werden und es wird dauern, bis diese Rückstände aufgearbeitet sind.

Wie wirkt sich das auf Kao aus?
SB: Friseure bestellen etwas zögerlicher. Bestellungen fallen eher klein aus, dafür wird öfter bestellt. Man ist vorsichtig, denn keiner weiß ja, wie es weitergeht. Man plant von Woche zu Woche. Das merken wir natürlich!

Kao präsentiert immer häufiger Nachhaltigkeitsmaßnahmen zuletzt die Produkteinführung der Shampoo Seife von KMS. Welche Ziele verfolgt ihr konkret zum Thema Nachhaltigkeit?
SB: Nachhaltigkeit steht ganz oben in unserer Strategie. Wir sind ein japanischer Konzern und in Tokio ist ein eigenes ‚Sustainability Board‘ fest im Vorstand verankert, denn Nachhaltigkeit ist eine der Schlüsselsäulen in der langfristigen Kao Strategie bis 2025/2030.

Was sind eure langfristigen Ziele?
SB:
Ein ganz großes Ziel innerhalb unserer Nachhaltigkeitsstrategie, dem Kirei Lifestyle Plan, ist es -, dass wir es bis 2030 geschafft haben, dass 100% unserer Produkte einen ökologischen Fußabdruck haben, der die Umwelt nicht belastet. Wir betrachten Nachhaltigkeit ganzheitlich, deswegen sprechen wir auch von ESG und nicht nur von Nachhaltigkeit. Das schließt Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) mit ein.

Bis 2025 wollen wir eine wassersparende, klimaneutrale Produktion mit Energieeinsparungen von über 40% jährlich erreichen. Weltweit ist das allerdringlichste Problem aktuell Verpackungen nachhaltiger zu gestalten ist.

Was bitte ist Kirei?
SB:
Kirei ist ein japanisches Wort und bedeutet übersetzt so viel wie schön, rein, sauber. Dabei geht es nicht nur um die äußere Schönheit, sondern auch um die entsprechende innere Haltung, das Leben nicht nur für sich selbst, sondern für alle Menschen auf dieser Erde nachhaltig verbessern zu wollen. Mit unserer ganzheitlichen ESG-Strategie – dem Kirei Lifestyle Plan – möchten wir ESG als integralen Bestandteil in unserem Management verankern und damit nicht nur Wachstum beschleunigen, sondern auch vermehrt Produkte und Dienstleistungen anbieten, die einen Mehrwert für Verbraucher und Gesellschaft darstellen.

Wie weit kann man Verpackung wirklich einsparen?
SB:
Kao ist Vorreiter in der Reduzierung von Verpackungsmüll. In Japan haben wir es zum Beispiel bereits geschafft den Einsatz von Plastik in unseren Verpackungen um 70% zu reduzieren. Dort wird bereits ein Großteil unserer Produkte als Nachfüllpack verkauft. Daran möchten wir auch in Europa anknüpfen, denn neben Plastikrecycling ist das Vermeiden von Plastik der wichtigste Baustein, um das Plastikproblem zu lösen. Wir glauben, dass gerade auch im Salonbereich das Thema Nachfüllpacks und Reduktion von Verpackung besonders wichtig ist.

Wie kann Friseur zwischen nachhaltigem Engagement und einer reinen Image Kampagnen unterscheiden. Wie beweist ihr, dass ihr es mit der Nachhaltigkeit ernst meint?
SB:
Als Unternehmen bemühen wir uns hier um maximale Transparenz und setzen darauf unsere Bemühungen von anerkannten externen Organisationen prüfen zu lassen. So ist Kao offiziell im Global Index der 100 nachhaltigsten Unternehmen gelistet. Auch sind wir Teil des Dow Jones Nachhaltigkeitsindex. Und vor kurzem wurde die Kao Corporation von Ethisphere als eines der Most Ethical Unternehmen ausgezeichnet – und das zum 15. Mal in Folge. Wir machen keine großen Image Nachhaltigkeitskampagnen und investieren das Geld lieber in die Verbesserungen unserer Produkte. Das zeichnet uns aus.

Welche Relevanz beobachtet ihr im Salons?
SB: Nachhaltigkeit äußert sich in mehreren Aspekten. Der eine ist die regionale Komponente, der andere die Inhaltsstoffe und Verpackung. Wir alle fragen uns ja immer mehr, woher die Produkte eigentlich kommen, die wir täglich nutzen. Auch der Friseur tut das. Nachhaltigkeit hat da massiv an Bedeutung gewonnen. Wir bekommen auch viel mehr Nachfragen zu dem, was wir im Bereich Nachhaltigkeit tun und was wir davon wirklich umsetzen. Und es gibt immer mehr Salons, die sich komplett auf Nachhaltigkeit positionieren und das „im Einklang mit der Natur“-Konzept aufgenommen haben. 

Was brauchen Salons, um das Thema Nachhaltigkeit noch stärker zu kommunizieren?
SB: Salons sollten klar zeigen, was sie machen, um z.B. Wasser oder Energie zu sparen oder welche Produkte benutzt werden. Das sollte man nach außen tragen und auch über Social Media kommunizieren. Viele KundInnen sind interessiert und bereit, noch mehr Informationen aufzunehmen.

Nachfüllbeutel, das wird seit Jahrzehnten versucht, immer wieder gescheitert. Ist die Zeit heute reifer dafür?
SB: Die Zeit war noch nie so reif dafür, wie jetzt. Die Dringlichkeit, etwas zu ändern, wird immer präsenter, allein der Klimawandel verdeutlicht, dass man sich mit solchen Themen auseinandersetzen muss. Das ist keine Modebewegung, das ist das dringendste und wichtigste Thema für die gesamte Menschheit. Diese Erkenntnis wird immer mehr manifestiert, gerade die jungen Generationen setzen sich sehr dafür ein. Ich gehe davon aus, dass die Nachfrage noch viel größer wird. Japan macht es uns wie gesagt bereits vor. Und auch in Europa waren Nachfüllpacks in den 80er Jahren schon einmal viel weiterverbreitet. Es ist also möglich!

Und die Bereitschaft dafür mehr Geld auszugeben?
SB: Grundsätzlich ist das für den Salon gar nicht mit höheren Kosten verbunden, eher das Gegenteil ist der Fall. Einsparungen in der Herstellung geben wir weiter. Wenn Investitionen unserer Seite nötig sind, dann versuchen wir unsere Preise stabil zu halten. Allerdings bin ich überzeugt, dass der Endkunde bereit ist, etwas tiefer in die Tasche zu greifen, wenn transparent kommuniziert wird, welche positiven Effekte damit zusammenhängen. Das ist wie beim Service: für Qualität ist man bereit mehr auszugeben.

Das erste Quartal 2021ist fast vorüber, was kommt noch von Kao in diesem Jahr?
SB: Ein konkreter Plan für 2021 ist definitiv den Bereich Education zu erweitern und Virtual und Hybrid Education weiterhin zu nutzen. Von Januar bis März hatten wir über 7.000 TeilnehmerInnen in unserer Online Education. In diesem Bereich liegen sehr viele Chancen. Wie unser neues Format, den ‚Kao Salon Dialog‘. Wöchentlich sprechen wir mit Salonunternehmern ausführlich über brennende Themen. Dazu holen wir dann Experten zu diesem Thema, das kann von Finanzierung über Unterstützungshilfen bis Preisgestaltung alles sein. Kunden bekommen so konkrete Ansatzpunkte, wie man die wirtschaftliche Situation im Salon verbessern kann.
Natürlich gibt es auch einige Produktneuheiten. Ganz wichtig jedoch ist die Unterstützung der Salonbetriebe, so dass wir gemeinsam gut durch die Krise kommen.

Stephan, das wünschen wir uns alle. Dir weiterhin viel Erfolg und Danke für Deine Zeit.