24.02.2023
Hendrik Rumpfkeil: Wir sind Scouts für Friseure
Auch kleine Salons verdienen eine persönliche Betreuung, sagt Gieseke Geschäftsführer Hendrik Rumpfkeil und bezieht Stellung zu Preisen, Wertigkeit der Dienstleistung und was er als Frechheit empfindet…
Gieseke Geschäftsführer Hendrik Rumpfkeil im Gespräch mit Raphaela Kirschnick
Vor 2 Jahren sagten Sie, Gieseke sei die alte Industrie, sind Sie das noch immer?
Hendrik Rumpfkeil: Ja, sogar noch mehr als früher. Wir haben unsere Marktpartnerschaftskonzepte weiter ausgearbeitet, haben Konzepte für unterschiedliche Salongrößen herausgebracht und ich habe das Gefühl wir erfüllen unseren Anspruch, die alte Industrie zu sein, besser als vor 2 Jahren.
"Auch kleine Salons verdienen eine persönliche Betreuung."
Wie begegnen Sie dem Trend immer kleiner werdender Salonstrukturen? Mit Online Lösungen oder Aufstockung Außendienst?
HR: Auch kleine Salons verdienen eine persönliche Betreuung. Digitale Strukturen sind nicht zu vernachlässigen, wir entwickeln uns da dual weiter, arbeiten aber weiterhin sehr eng am Kunden und fahren ein ganzheitliches Programm.
Wie stark ist ihre aktuelle Außendienstmannschaft?
HR: Wir haben ungefähr hundert Außendienstler in Deutschland und Österreich. Und suchen derzeit in einigen Regionen, auch uns trifft der Personalmangel.
Wie hat sich das Einkaufsverhalten des Friseurunternehmens nach 3 herausfordernden Jahren im Großhandel verändert?
HR: Verbrauchsgüter laufen sehr gut. Allerdings spüren wir einen Rückgang bei Handwerkszeug, also Scheren, Haartrockner, etc. Daran merkt man, dass es weniger Friseure gibt, es fehlt Personal. Das ist ebenso für uns, wie auch für unsere Friseure eine Herausforderung.
Wird beim Handwerkszeug auf Preise geschaut?
HR: Das ist schwer zu sagen. Noch vor 3 Jahren hätte ich gesagt, niemand gibt für bestimmte Geräte, wie zum Beispiel einen Haartrockner, so viel Geld aus. Da lag ich falsch. Wir haben mit eben jenem Haartrockner größere Erfolge als mit günstigeren Geräten. Es gibt eine große Klientel, die Wert auf Qualität legt und dafür auch bereit ist, mehr zu zahlen. Dennoch gibt es auch die, die verstärkt sparen.
Wie haben sich bei Gieseke die Preise entwickelt?
HR: Das Jahr 2022 war da sehr entscheidend, da hat es Preiserhöhungen von allen Seiten gehagelt. Wir als Handelsunternehmen sind natürlich gezwungen, diese auch weiterzugeben. Für 2023 sehe ich aber glücklicherweise bereits eine Preisstagnation.
Wie sehen Sie die Auswirkungen auf Friseurbetriebe?
HR: Ich glaube, dass Preiserhöhungen von Verbrauchsgütern die Friseure auch belasten, aber die Qualität da eher der ausschlaggebende Faktor ist. Die steigenden Gehälter, Energie- und Mietkosten bringen den Friseur da mehr in die Bedrängnis.
Der Argan-Öl-Pflegeklassiker Moroccanoil wurde in diesem Jahr um den kompletten Farbbereich erweitert. Wie ist die erste Resonanz?
HR: Grundsätzlich sehr positiv. Morrocanoil ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen, das Interesse ist groß und das hat die Marke verdient.
Wie viele Moroccanoil Kunden gibt es eigentlich in DE/AT?
HR: Ausreichend! Eine Zahl ist Betriebsgeheimnis und auch immer eine Definitionsfrage, ab wann ein Kunde als Kunde gezählt wird.
Es gibt keine Marktanteilszahlen. Wo sehen Sie Morrocanoil?
HR: In Deutschland und Österreich gehört die Marke sicher zu den Top 10. Die Bedeutung von Moroccanoil im Markt ist enorm, aber übertrumpfen zu wollen, finde ich albern.
Farbe ist sehr Educationintensiv, wie sind sie darauf vorbereitet?
HR: Moroccanoil Farbe gibt es definitiv nicht ohne Schulung. Wir haben 12 Fachtrainer intensiv auf diese Farbe geschult.
Sie sind auch sonst sehr umtriebig, was den Launch neuer Marken anbelangt: kam mit Sweet Professional eine weitere dazu. Sind noch weitere Exklusivmarken geplant?
HR: Das kommt darauf an, ob ich noch mehr Marken und Produkte finde, die einen sinnhaften Nutzen für unsere Kunden bieten.
"Ich suche nicht unbekannte Marken, sondern innovative Produkte"
Ist es das, was Friseurunternehmen suchen? Neue unbekannte Marken?
HR: Über das Wort ‚unbekannt‘ musste ich schmunzeln. Ich suche nicht unbekannte Marken, sondern innovative Produkte. Friseure sind kreative Menschen, diese Branche lebt davon. Leider neigen viele große Firmen dazu, ihre Innovationskraft zurückzufahren. Das gibt Platz für kleinere Marken.
Gibt es noch konzeptionelle Lücken im Sortiment, die sie gerne befüllen würden?
HR: Hätten Sie mich vor 12 Jahren gefragt, ob ich ein Öl für Haare vermisse, dann hätte ich gesagt ‚Nein!‘, bis ich Moroccanoil kennengelernt habe. Zum heutigen Stand sind wir komplett. Aber vielleicht begegnet mir auf einer der nächsten Messen ein Produkt, von dem ich sage 'wow, das fehlt uns´.
Wie viele neue Marken verträgt denn der Markt?
HR: Der Markt ist übervoll an neuen Marken und wenn sie nach Bologna auf die Messe gehen, stellen sie fest, dass wir hier gerade mal die Spitze des Eisberges erreicht haben. Ich weiß nicht, wie viele Marken ein Markt verträgt. Fakt ist, dass sich der Markt immer mehr aufsplittet.
Als ich anfing, da gab es 5 starke Marken in Deutschland. Nischenmarken hatten keine Bedeutung.
Was hat sich geändert?
HR: Boutiquemarken werden stärker wahrgenommen. Das gibt Platz für Unternehmen wie uns. Gieseke ist Scout, der die Marken in der Welt findet, die für Friseure interessant sein könnten.
Haben Sie für Boutiquemarken einen eigenen Außendienst?
HR: Für unsere Exklusivmarken Moroccanoil, L’ANZA, Selective, CHI und artègo haben wir eigene Areamanager, die ausschließlich auf diese Marken geschult sind und unseren gesamten Außendienst unterstützen.
Was sind die nächsten strategischen Schritte bei Gieseke?
HR: Wir starten im April mit einer neuen Imagekampagne „Rückenwind für dein Geschäft“ und dann feiern wir in diesem Jahr groß unseren Geburtstag, denn Gieseke wird 40 Jahre alt.
Ansonsten versuchen wir, wie alle, die Herausforderungen so gut wie möglich zu kompensieren, um noch besseren Service bieten zu können.
Da freue ich mich ja auf eine schöne Feier, ich weiß, dass Gieseke gut feiern kann.
HR: (Lacht) Ja, das Feiern ist mit einer der Kernkompetenzen der Firma Gieseke.
Was erfreut Sie aktuell im Markt?
HR: Die Resilienz des Friseurmarktes, die beweist, dass man auf die Friseurdienstleistung nicht verzichten kann. Wir erfüllen ein Grundbedürfnis der Menschen. Das ist ein sehr schöner Aspekt, der uns in schwierigen Zeiten vor Augen geführt wurde.
Was ärgert Sie?
HR: Dass wir in Deutschland und Österreich zusammen 2,9 Mio. Arbeitslose haben und alle meine Kunden, so wie ich auch, krampfhaft Personal suchen und keines finden.
Was wünschen Sie sich?
HR: Dass endlich die Aufwertung der Dienstleistung Friseur stattfindet. Ich hatte gehofft, dass sich mit Corona das Ansehen des Friseurs verändert hat, leider war das aber nur ein kurzes Strohfeuer. Das Friseurhandwerk wird nicht wertgeschätzt. Das sieht man an den aktuellen Preisdiskussionen rund um Friseurdienstleistungen. Viele erwarten noch immer den 12,00 € Haarschnitt in einer halben Stunde, das ist eigentlich eine Frechheit.
Was muss passieren?
HR: Dass endlich ein Umdenken in den Köpfen stattfindet. Ich weiß nicht, ob das aus der Branche heraus stattfinden kann. Wenn wir es schaffen, dass wichtige Persönlichkeiten die elementare Wichtigkeit des Friseurhandwerks herausstellen, dann hätte das eine größere Strahlkraft als jede Imagekampagne.
Herr Rumpfkeil, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute zum Unternehmensgeburtstag