Credit: Dominik Busch | Adobestock Photografie und Alltag

27.08.2019

Erfahrungsbericht bargeldlos light: Die Betriebsprüfung im Nacken!

Dominik Busch führt in Rüthen einen bargeldlosen Friseursalon in Lightversion. Münzen und Scheine werden zwar angenommen, aber mit der Betriebsprüfung im Nacken bittet er seine Kunden um Kartenzahlung. Ein Erfahrungsbericht einer 1,5 Jahre dauernden Betriebsprüfung...

Michael Bredtmann hat mit seinem Schritt zum "bargeldlosen Friseur" für Diskussionen gesorgt. Nun hat uns Dominik Busch aus Nordrhein-Westfalen seinen Erfahrungsbericht geschickt, der dazu geführt hat, dass er seine Kunden aktiv um Kartenzahlung bittet.

Ein Brief von Dominik Busch

"Ich bin meiner ersten Betriebsprüfung in fast 15 Jahren Selbständigkeit ganz entspannt entgegengegangen - nachher wusste ich, wie stark unsere Branche unter dem Generalverdacht der Steuerhinterziehung steht.

Neue Gesellschaftsform - Weg vom Privatvermögen

Sie hat mich auch dazu bewogen, meinen Betrieb von meinem Privatvermögen abzukoppeln, so dass ich die "neue" Gesellschaftsform Busch Coiffeure UG gegründet habe. Hintergrund waren die, meiner Meinung nach, bewussten Gesetzeslücken, die den Behörden, wenn gewollt, das Leben einfach machen und den Friseurbetrieben keine Chance lassen.

Kassennachschau - gravierend!

Für uns gilt das Gesetz der Kassennachschau. Im Klartext: Die Finanzbehörde darf unangemeldet einen Besuch abstatten. Hierbei wird der Kassenzwischenstand kontrolliert, welcher bei mir via PC ausgeworfen wird. Dieser Bestand wird dann anschließend nachgezählt, um eine mögliche Differenz (also Schwarzgeld) festzustellen. Sogesehen gut, um die Anzahl schwarzer Schafe zu verringern. So weit so gut.

Zählprotokolle - unlogisch und manipulierbar

Der Irrsinn ist aber, dass ich als Chef zwar diese Kassennachschau jederzeit ermöglichen muss, ich selbst aber kein Zählprotokoll am Tagesende erstellen kann, welches unabhängig vom wissenden Kassenstand geschrieben wird. Ich könnte ja vor dem Zählen des Geldes den Zwischenstand abrufen und dann das Zählprotokoll dem Bestand anpassen.

Also wäre jedes Zählprotokoll immer angreifbar und unterm Strich nichts Wert! Das bedeutet, dass das Finanzamt mir vorwerfen kann, dass ich die Buchführung nicht ordnungsgemäß geführt habe. Dies kann bis zu einer Zuschätzung von bis zu 10% des Bruttoumsatzes führen, was für einen Betriebsinhaber existenzgefährdent ist.

Mitarbeiter machen jetzt Zählprotokolle

Jetzt schreiben meine Mitarbeiter die Zählprotokolle. Diese haben keine Möglichkeit, den Kassenstand einzusehen, also ist das Protokoll nicht angreifbar. Dieses wird dann jeden Abend zu mir via E-Mail gesendet, die unveränderbar von einem Dienstleister gespeichert wird, so dass ich es für eine eventuelle Prüfung ungeöffnert vorlegen kann. Ich verbinde mich dann via eines Desktop Remote Programm mit meinen Betriebsstätten und übertrage das Protkoll 1:1 in das Kassenprogramm.  

Wahnsinnige Arbeit & Kosten durch Bargeld

Dieser Vorgang bedeutet für mich wahnsinnige Arbeit und Kosten. Daher ist es, wie von Michael Bredtmann beschrieben, günstiger, EC-Kartenzahlungen anzunehmen, um Zeit, Arbeit und weitere Bankgebühren zu sparen. Ich finde es traurig, dass wir so agieren müssen, sehe jedoch aktuell keinen anderen Ausweg.

Vorteil: Mitarbeiter tragen Verantwortung

Den Vorteil dieser Geschichte sehe ich an der wachsenden Verantwortung der Mitabeiter. Sie bekommen dadurch mehr Einblick in das Tagesgeschehen. Wir sind jetzt so weit, dass sie die Bestellungen der Ware selbständig durchführen und mitentscheiden, welche Produkte wir im Sortiment belassen, welche nicht.

Wir haben auch diesen Sommer die erste Preiserhöhung zusammen durchgeführt. Das Ergebnis war, dass die Wertigkeit der Arbeiten durch mein Team viel höher bewertet worden sind, als durch mich als Betriebsinhaber.

Ich fand das sehr spannend und bin unterm Strich glücklich, dass ich diese Betriebsprüfung durchlebt habe. Das Team ist seit dem viel aktiver im Bereich "Eigenverantwortung" geworden, so dass ich selbst jetzt andere Dinge starten kann."