
28.01.2025
Über die Zukunft der Ausbildung und was alles zu tun ist
Die Podiumsdiskussion zum Thema Ausbildung hat einiges gezeigt. Das Duale System liegt im Sterben, an Alternativen wurde nicht gearbeitet und es sind viele Hausaufgaben zu erledigen, branchenintern, aber auch im wilden bürokratischen System offizieller Strukturen, in denen de facto viel zu viele Menschen mitreden, die vom Friseurhandwerk keinerlei Ahnung haben.
Nur noch knapp 10 % der Friseurunternehmen bilden aus. Zur gleichen Zeit ist die Anzahl der Friseurauszubildenden auf einem historischen Tiefstand. Der Ruf nach Alternativen zur Dualen Ausbildung, Angeboten für Spät-/ Quereinsteigende und inhaltlichen Neuerungen im bestehenden System sind groß. Nur wie geht es weiter?
Darüber haben wir am imSalon Zukunftskongress mit 6 spannenden Branchenpersönlichkeiten diskutiert - wir haben die besten Aussagen für euch!
Die Situation
Die Diskutanten

Lena Kühn | Aktive Friseurin (ver.di, ZV, Tarifkommission, Prüfungsausschuss & Neounternehmerin)
"Junge Unternehmen können es sich noch nicht leisten, auszubilden – weder finanziell noch zeitlich."
"Alte Unternehmen versuchen die junge Generation in eine Form zu drücken, in die sie nicht hineinpasst. Um gute junge Leute halten zu können, braucht es einen Wandel."
"Man muss die Abbrecher motivieren, sich nochmal einen anderen Salon anzuschauen."
"Mit einer Ausbilderumlage kann man nicht ausbildende Salons wachrütteln, weil sie gezwungen wären, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen."

Axel Meininghaus | Geschäftsführer Friseurakademie Meininghaus
"Unser Werkstück spricht - Wir Friseure sind kein typisches Handwerk, wir sind das einzige, das am Menschen arbeitet."
"Das primäre Problem ist der Ausbildungsmoment: Wo und wann findet die Ausbildung im Salon statt und wer verzichtet währenddessen auf seinen Umsatz? Denn, während ich ausbilde, verdiene ich nicht."
"Eltern zahlen bei uns Kurse, damit ihre Kinder zumindest die Prüfungen schaffen, weil sie im Salon nichts gelernt haben. Salons, die wirtschaftliche Probleme haben, haben dann halt den Auszubildenden zum Putzen."
"Wenn ein Betrieb wirtschaftlich gut dasteht, kann man Azubis auch lange Wochenenden gönnen."

Dr. Volker Born | Bereichsleiter Berufliche Bildung ZDH
"Junge Menschen brauchen Stabilität und Sicherheit."
"Es ist Überzeugungsarbeit, sie dazuzubekommen, nicht mit einer Schule weitermachen, sondern die Duale Ausbildung als Chance wahrzunehmen."
"Die Welt verändert sich – wir müssen flexibel darauf reagieren – unser Ziel ist es, flexible Wege zu bauen."
"Die Duale Ausbildung ist der Königsweg – andere Wege daneben sind aber möglich und werden gebraucht."

Reza Hofmeister | Salonunternehmerin Reza Hair Berlin
"Meine Azubis haben Abitur und sind über 21 – die drehen alle nur Däumchen in der Berufsschule."
"Wir Friseure werden immer cooler und dann haben wir so ein eingestaubtes Ausbildungssystem."
"Warum darf eine Permanente Umformung nicht am Mann umgesetzt werden?"
"In Berlin findet man keine Modelle mehr für die veralteten Vorgaben bei den Prüfungen."
"Wenn ich das Ausbildungssystem selbst ändern könnte, ich würd's sofort machen!"
"Wir haben schon oft versucht, Anträge für verkürzte Lehrzeit zu stellen - jeder sagt was anderes und am Ende ändert sich nichts."
"Die Friseure, die heute eine Ausbildung beginnen, machen das nicht, weil sie nichts anders haben, sondern weil sie es wirklich wollen!"

Christian Hertlein | Vorsitzender des Berufsbildungsausschusses ZV Friseurhandwerk.
"Wir sind nicht Teil der Lösung, sondern auch Teil des Problems. Wir brauchen Qualifizierung, auch der Ausbildungsbetriebe, denn auch hier ist die Qualität oft schlecht."
"Wir müssen uns positionieren, um neue Zielgruppen anzusprechen"
"Wir bewerben den Beruf als hip und cool, mit Entwicklungsmöglichkeiten – und die jungen Leute sind am ersten Tag im Salon und fragen sich „Ui, wo ist das jetzt alles?"
"Es gibt alle Informationen – der Salonbetreiber hat jedoch die Holschuld."
"Wir sind dran, die Meisterprüfungsordnung neu zu strukturieren – danach müssen die Aufgaben geschlechtsneutral formuliert werden."

Sophia Astalosch | Auszubildende, 1. Lehrjahr Salon Kirstin Ellen Vietze
"Viele ältere Azubis können sich ihr Leben nicht leisten und brechen dann ab."
"Wenn man im Salon nur als Putzpersonal genutzt wird, hat man keine Möglichkeit wirklich zu lernen – viele im ersten Lehrjahr dürfen nicht mal shampoonieren."
"Meine Berufsschulkolleginnen bewundern mich dafür, dass wir ein tolles Team haben und in Zweiwochenabständen immer ein langes Wochenende."

Daniel Golz | Friseur, Unternehmer, Friseur-Influencer
"Unsere aktuelle Azubigeneration muss sich mit Krieg, Armut, Feindseligkeit, Umweltverschmutzung und Klimawandel befassen - das mussten wir damals nicht"
„Sei nicht der Ausbilder, sei der Bro“
"Der größte Fehler ist ankacken statt anpacken. Fehler machen zu dürfen ist wichtig zum Vorwärtskommen."
„Haare haben kein Geschlecht“
Die Unterlagen von Daniel Golz zum Download gibt's hier:
https://www.danielgolz.de/daniel-golz-konzept-fuer-azubis/
Das Publikum
Aus dem Publikum bekamen wir fast 100 Antworten, auf die Frage, was man konkret tun kann, um die Friseur-Ausbildung zu verbessern. Die meistgenannten Punkte waren die Ausbildungsverkürzung, mehr Struktur und Anpassung, digitale Tools und Löhne, Anpassung der Prüfungsthemen und der Wunsch nach Bundeseinheitlichkeit, z.B:
"Ich würde mir wünschen, dass Betriebe die ausbilden bzw. gut ausbilden zertifiziert werden. Die Ausbildung sollte getragen werden aus Kammer, Innung und auch der Industrie"
"Sich mit Kollegen/anderen Betrieben zusammen schließen und den zeitlichen sowie inhaltlichen Aufwand auf mehrere Schultern verteilen."
"Hybride Unterrichtsgestaltung, Einstiegskurs mit Intensivtraining, das schnell mit gleichen Standards am Kunde gearbeitet werden kann (Stärkung Selbstbewusstsein, Team und Stolz)"
Da bleiben wir dran
Ausbildereignungsprüfung/ Qualitätszertifizierung Ausbildungsbetriebe
Handwerkskammer und Zentralverband haben sich verpflichtet, die Ausbildereignungsprüfung und anschließende Kontrolle/ Überprüfung der auszubildenden Betriebe als Hausaufgabe mitzunehmen, die dringend Lösungen braucht.
imSalon wird dranbleiben und berichten.
Verkürzte Lehrzeit
Es mangelt an Informationen, bei Friseuren, aber auch bei den potenziellen Zielgruppen. Es fehlt an strukturierte und zugänglicher Information. Holschuld sollte dies nicht sein, potenzielle Menschen für den Nachwuchs sollten über die Fülle der Möglichkeiten aktiv informiert werden. .
Ausbilderumlage
Große Einigkeit herrscht zur benötigten Ausbilderumlage. Der Zentralverband kämpft hierfür.
Finanzielle Unterstützung von Quereinsteigenden
Zeitgemäße Prüfungsrichtlinien
Von Holschuld zu Bringschuld
Das große Informationsdefizit im Markt über alle Möglichkeiten der unterschiedlichen Ausbildungsformate, Förderungen und Unterstützungsmöglichkeiten, muss endlich abgreifbar sein, auf Bundes- wie auf Regionalebene, um bundesländerspezifische Angebote einsehen zu können.
DANKE an alle Unterstützer und Partner des Zukunftskongress 2025
Ein besonderer Dank geht an unsere Unterstützer und Partner in einer großen Sache für das Friseur-Handwerk:
BaByliss Pro | Efalock Professional | Euro Friwa | GLYNT | Kao | Kevin.Murphy | L'Oréal Professionnel | Revlon Professional | Schwarzkopf Professional | Wild Beauty | Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks