Credit: Markus Schmidt

23.07.2020

Daniel Haffa & Daniel Zeller: "Es war noch nie so wichtig, offen für Veränderung zu sein."

Stammzellen, Olaplex-Kauf, L’Oréal-Verträge, Digital-Spaß und wieso Haarausfall the next big thing ist wissen, die New Flagler…

Daniel Haffa | Credit: Markus Schmidt

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

NewFlag Geschäftsführer Daniel Haffa und Head of Professional Sales Daniel Zeller über Altes, Neues, Haarausfall, digitalen Fortschritt und eine übertriebene Quengel-Kultur.

Wie habt ihr Corona überstanden?
Daniel Haffa:
Eigentlich ganz ok, wir sind früh ins Home Office gezogen und waren einen Monat in Kurzarbeit. Unser Team hat das sehr gut mitgetragen, das hat unserem Unternehmen super geholfen. Uns fehlen eineinhalb Monate Geschäft, aber dafür war Mai ein Rekordmonat für uns.

Ihr hattet auf die Absage der ►Top Hair Messe sofort mit einer eigenen Messe reagiert. Wie ging das so schnell?
DH:
Der Stand war ja komplett fertig und der Messebauer wollte natürlich sein Geld. Also dachten wir uns ‚Schade eigentlich‘, dann bauen wir doch einfach den Stand bei uns im Lager auf.

Was hat das gebracht?
Daniel Zeller:
Umsatztechnisch haben wir ca. 25% von dem geschafft, was wir auf der Top Hair Messe erreichen würden, nur über Telefon und Social Media.
DH: Digital gemessen konnten wir mega viel Content kreieren, das wäre auf der Messe gar nicht möglich gewesen, damit hatten wir total viel Spaß. 

Gibt es Post-Corona Konsequenzen?
DH:
Home Office! Das kam gut an, dazu werden wir jetzt eine Regelung einführen.

Wie haben die ‚Home Spa-Kits‘ funktioniert?
DZ:
In unserer Facebook Education Group suchten unsere Kunden Hilfestellung, wie sie ihre Kunden versorgen können. Daraufhin haben wir Sets zusammengestellt, die die Friseure in ihren Kanälen vertreiben konnten.
DH: Unser Ziel war es, dass der Friseur einen kleinen Online Shop über eigene Social Media Kanäle betreiben kann, ohne dafür eine eigene Website zu bauen oder ein Lager zu betreiben.

Olaplex wurde Ende 2019 vom Finanzinvestor Advent gekauft. Wie macht sich das bemerkbar?
DH:
Wir haben die Übernahme begrüßt. Die Anforderungen an uns haben sich natürlich verändert und das Bedürfnis nach Zahlen und Reports ist definitiv größer geworden. Olaplex war zuvor ein sehr kleines Team, die Arbeitsweise hat sich professionalisiert. Was wir besonders gut finden, sind die neuen Produkte, die dieses Jahr noch kommen.

Gibt es eine strategische Vorgabe von Advent?
DH:
Denen ist am wichtigsten, dass Olaplex beim Friseur weiterhin eine tragende Rolle spielt und weiter ausgebaut wird. Vor allem die Dienstleistung im Salon steht momentan im Fokus.

Tragende Rolle beim Friseur! Heißt also, dass Olaplex keine Retail Marke wird?
DH:
Also ich kann nicht zu 100 % in die Köpfe von Advent hineinschauen. Ich kann mir vorstellen, dass sie mit selektiven Kunden im Retail Bereich sprechen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sie in Mass-Retail gehen.
DZ: Das Herzstück von Olaplex ist nach wie vor die Dienstleistung im Salon. Damit ist Olaplex groß geworden, dennoch ist die Marke für jeden interessant.

Was plant Advent langfristig mit Olaplex?
DH:
Ich hoffe, dass sie langfristig viele neue Produkte herausbringen werden, die New Flag gut entwickelt. Und wenn Olaplex in drei bis vier Jahren wieder zu verkaufen ist, dann schauen wir weiter… (grinst)

Dein Grinsen bedeutet, ihr würdet es kaufen wollen?
DH:
Das ist eher nicht realistisch, aber klar, es wäre eine Wunschvorstellung.

Flacht der Hype um Olaplex nicht langsam ab?
DH:
Das Gefühl kann ich nachvollziehen, weil die Marke ja nicht mehr so neu ist. Wir haben allerdings auch die Zahlen und in diesem Fall passen die Zahlen nicht zum Gefühl. Wir haben jedes Jahr ein extremes Wachstum mit Olaplex. Der Hype ist größer denn je.
DZ: Wir verschicken jede Menge Welcome Boxen und gewinnen noch immer viele neue Kunden dazu.

Und wann kommt die Olaplex Haarfarbe?
DH:
Da müsste ich selbst nachfragen (lacht). Aber eine eigene Olaplex Haarfarbe, das wäre schon klasse.

Daniel Zeller | Credit: Markus Schmidt

Ihr nennt euch Innovations-Distributor. Welche nächste Innovation darf der Friseur erwarten?
DH:
Natucain und URBAN ALCHEMY prescription care. Daran arbeiten wir seit zwei Jahren, das sind unsere größten Projekte. Es geht um Haarausfall und personalisierte Pflege.

Personalisierte Pflege ist nicht neu, was ist anders?
DZ:
Der Friseur hat dann in seinem Labor acht unterschiedliche Alchemien für die Basisprodukte Shampoo, Conditioner und Maske. Jede dieser Alchemien hat bestimmte Inhaltsstoffe, die einen gewünschten Effekt erzielen sollen. Für Glanz zum Beispiel gebe ich ein paar Pumpstöße von der Shine Alchemie dazu. Man kann bis zu drei verschiedene Alchemien vermischen!

Und die zweite Innovation?
DZ:
Das ist Natucain, das vor allem für Männer in meinem Alter gut ist (lacht). Wir haben uns als Unterstützung dafür Stefanie Seyda dazugeholt, die bereits mit ihrem Wimpernserum super erfolgreich ist. Gemeinsam gingen wir das Projekt Haarausfall an.
DH: Über die letzten 12 Monaten haben wir ziemlich viele Studien dazu gemacht. Unsere Arbeit mit Stammzellen erzielte wirklich super Resultate mit zum Teil 97 % mehr Haarwuchs… Das Produkt kommt in drei Wochen raus.

Mit Stammzellen? Dann geht das in den medizinischen Bereich?
DZ:
Es ist ein 100 % natürliches Produkt, deswegen haben wir auch keine Nebenwirkungen.Viele denken, dass ein Produkt ohne Nebenwirkungen nicht helfen kann und genau das Gegenteil können wir beweisen. Das hört sich alles ein bisschen kompliziert an… Wir sind froh, dass wir da Steffi haben, die Expertin auf dem Gebiet ist.

Credit: Markus Schmidt

Bleibt das friseurexklusiv?
DH:
Wahrscheinlich wird es ein paar Premiumpartner geben, z.B. Apotheken. In erster Linie ist es für den Friseur, aber nicht exklusiv.

Wie wird die Beratung im Salon unterstützt?
DZ:
Gerade wenn es um Haarausfall geht, ist das ja ein Tabuthema. Vielen meiner Freunde ist es peinlich, darüber zu sprechen. Der Friseur kann eine entscheidende Rolle spielen und mit diesem Treatment seinen Stammkunden Hilfe anbieten, ohne dass es dem Kunden unangenehm sein muss.
DH: Wir merken auch, dass man nicht genug schulen kann. Die, die mehr beraten, sind auf jeden Fall erfolgreicher und verkaufen auch besser.

Welche Rolle spielt Friseur in eurer Unternehmensstrategie?
DH:
Der Friseur ist weiterhin einer der wichtigsten Pfeiler in unserem Unternehmen. Den Außendienst bauen wir von aktuell 38 auf 50 Mitarbeiter aus. Eine weitere Strategie ist natürlich unser Online Shop. Im Anschluss daran wollen wir das Thema Beratung mit unseren Außendienstlern stärker in Angriff nehmen.
DZ: Farbe ist das Herzstück eines jeden Friseurs, das bei uns immer größer wird. Mit der permanenten Haarfarbe von Pulp Riot haben wir auch diese Lücke geschlossen.

Pulp Riot wurde 2018 von L’Oréal gekauft. Wie läuft da die Zusammenarbeit?
DH.:
L’Oréal kam auf uns zu und sagte, sie wollen weiterhin mit Distributoren zusammenarbeiten. Wir haben nun einen langfristigen Vertrag.

Wie schaut euer internes Friseurmarken-Ranking aus?
DH:
Olaplex ist aktuell die Nummer eins, diesen Platz wird es sich in naher Zukunft mit Maria Nila teilen müssen, die Marke explodiert. Beiden Marken sind unsere wichtigsten Zugpferde, erst danach kommen URBAN ALCHEMY, Pulp Riot und EVO.
DZ: Wir investieren viel Zeit in die Produktentwicklung. URBAN ALCHEMY ist unser zartes Pflänzchen für die Nische. Wir erwarten viel Input für unsere Marken. In diesem Jahr hat Maria Nila uns unseren Wunschplan präsentiert und mit ‚Eco Therapy Revive‘ und ‚Ocean Waste Plastic‘ den größten Launch der letzten Jahre gebracht.

Wo seht ihr Potential für echte Innovationen am Friseurmarkt?
DZ.:
 Auf die große Revolution können wir noch lange warten. Individuelle Brands, die für etwas stehen, werden gewollt. Und Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Feld, in dem wir immer stärker werden wollen.
DH: Was den Friseur selbst angeht, sind wir mitten drin in der Innovation. Mit Social Media hat man ganz neue Möglichkeiten mit seinen Kunden Kontakt zu halten und sich überall auf der Welt von anderen Friseuren inspirieren zu lassen. Da erfährt man in LA über einen Salon in Schweinfurt, den man unbedingt besuchen will, wenn man in Deutschland ist. Gerade junge Friseure profitieren brutal von dieser Reichweite, weil sie offen sind. Es war noch nie so wichtig, offen für Veränderung zu sein.

Revolution nicht mit Produkten?
DZ:
Ich glaube es gab noch nie eine geilere Zeit, Friseur zu sein. Klar gibt es welche, die dem widersprechen würden, die ganze Quengel-Kultur halt. Man konnte noch nie so coole Sachen, so ein Geschäft machen, wie gerade jetzt, ein Beispiel hierfür sind die Sozialen Medien. Und Spaß macht es auch.

Anderes Thema: Eines eurer neuen Produkte ist Poo-Pourri? Ist das erfolgreich?
Daniel H.:
Mein Bruder findet alle paar Jahre eine neue Marke, die eigentlich nichts mit unserem Portfolio zu tun hat (lacht). Für alle, die nicht wissen, was das ist: Ein Toilettenspray für vor dem Toilettengang. Alle im Büro fanden das witzig und ja, das wird auch gut genutzt bei uns.Das passt echt zu unserem Motto „Wir liefern immer den heißesten Scheiß“ (lacht)!

Na, das ist doch der perfekte Schlusssatz. Danke für eure Zeit und weiterhin viel Erfolg!