Credit: Stopperka | Bodo Hillers

22.08.2024

Bodo Hillers: Wir gehen in eine Parallel-Großhandelswelt

Die große Stopperka Hausmesse steht vor der Tür und Bodo Hillers lässt mit neuer Strategie aufhorchen. Seit Jahren wird der Barbermarkt links liegen gelassen, jetzt spezialisiert er sich auf die migrantische Barber-Community.

Bodo Hillers, Geschäftsführung Stopperka Fachgroßhandel, im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Bodo, noch 3 Wochen bis zu eurer Hausmesse. Was dürfen wir in diesem Jahr erwarten?
Bodo Hillers:
   VIEL!!! Ein bunter Mix aus interessanten Speakern sowie Showacts und es dreht sich natürlich alles um Friseur und Haar. Unser Fokus liegt weiterhin auf dem Mehrwert für unsere Kunden. Dafür bieten wir viel: Essen, Trinken, Spiele, Nonstop-Shows, Aussteller und das alles gratis.

Werden Kunden hauptsächlich aus Hamburg und Umgebung erwartet?
BH:
Wir haben einen top motivierten Außendienst, die kommen mit Gästen in vollgeladenen Bussen aus den Bundesländern. In diesem Jahr freuen wir uns auf knapp 5.000 Gäste, verteilt auf 2 Tage. Wir möchten Stopperka als Marke zum Anfassen etablieren, die auf jedes Bedürfnis und Salonkonzept unserer Kunden eine Antwort hat.

Der Friseurmarkt verändert sich, was macht ihr anders?
BH:
Wir müssen uns auf die Veränderungen im Friseurmarkt einstellen. Salons werden immer kleiner und weniger, es fehlt Nachwuchs und so weiter. Das ist traurig, darf aber nicht dazu führen, dass wir den Kopf in den Sand stecken, sondern uns darauf einstellen.

Und welche Strategien fahrt ihr da?
BH: Die ►Statistiken zeigen, dass vor allem viele Ausländer und Friseure mit Migrationshintergrund in den Markt drängen, ob als Mitarbeitende oder Selbstständige. Insbesondere der Barbermarkt wächst in einer rasend hohen Geschwindigkeit. Wir haben diesem Wachstum in den vergangenen zehn Jahren nur zugeschaut und uns wichtige Marktanteile wegnehmen lassen, so wie jeder andere Fachhandel auch.

„Barbermarkt… Ich will etwas von diesem Markt abhaben!“

Und wie wollt ihr diese Entwicklung nutzen?
BH:
Wir haben in den vergangenen zwei Jahren viele Umfragen und Marktbeobachtungen durchgeführt, sind zu türkischen Friseurgroßhändlern gefahren, haben uns die Markenwelten bei den Barber angesehen, die Preise, deren Vertriebswege. Meine wichtigste Erkenntnis: Ich will etwas von diesem Markt abhaben!

Und wie sehen eure konkreten Pläne aus?
BH:
Wir haben eine neue Marke „The Shave Factory“ aufgenommen, die in der Türkei produziert wird und 95% der Barberbedürfnisse abdeckt, super Qualität, schick aufgemacht. Die exklusiven Vertriebsrechte für Deutschland liegen bei uns und wir verkaufen diese mit einer ganz neuen Strategie.

Bodo Hillers & Mehrzad Marashi | Stopperka

Wie vertreibt ihr die Marke?
BH:
Wir konnten hierfür einen ganz besonderen Menschen gewinnen: ►Mehrzad Marashi, Gewinner der siebten Staffel DSDS, super vernetzt in der Musik beziehungsweise Rapper-Szene und ein echt toller Mensch, den ich auch persönlich gut kenne. Mehrzad wird den Vertrieb von The Shave Factory bei uns auf- und ausbauen. Das Gute, er spricht die Sprachen der Barber. 

Das ist ein interessanter Move und sicher marketingtechnisch interessant.
BH:
Mehrzad Marashi hat die coole Attitude einer Musikernatur und gemeinsam wollen wir den migrantischen Markt anpacken.

Und wie plant ihr das?
BH:
Anders, als es aktuell passiert. Wir werden nicht mit einem LKW vorfahren und die Ware abverkaufen. Die Marke läuft ganz klassisch über die Euro Friwa Logistik. Geplant ist eine starke Mischung aus Pull- und Push-Marketing. Mehrzad kennt all die Rapper, wie beispielsweise Bushido, persönlich und kann diese mit Produkten versorgen, und wenn die dann bei ihrem Barber danach fragen oder am besten auf TikTok und anderen Social-Media-Plattformen etwas posten, um den Endverbraucher dazu zu bringen, beim Friseur nachzufragen, dann wird das der perfekte Pull. Denn dann kommt Mehrzad in die Salons und sagt „Hey, kennst du mich, ich habe hier tolle türkische Ware, die europäisch aussieht und so weiter.“ Das wird ein Riesenabenteuer und eins bis zwei Jahre harte Arbeit, um hier Vertriebsabläufe zu etablieren.

Ist das nicht riskant? Viele Barbershops sind ja recht umstritten in ihren Geschäftspraktiken.
BH:
Auch mich nervt dieses Gebaren sehr. Wir sind ein Unternehmen, das Steuern und Abgaben zahlt, wie jedes andere anständige deutsche Unternehmen. Ich finde diese Wettbewerbsverzerrung, die seit Jahren stattfindet und von der Regierung zugelassen wird, eine Zumutung, auch dass so und so wenige Kontrollen stattfinden. Die Barberszene wächst ja, weil sie überhaupt nicht reguliert ist.

Aber wie stellt ihr sicher, dass ihr diese nicht bedient?
BH:
Wir können das nicht sicherstellen, das kann niemand. Aber wir können Aufklärung leisten, denn wir führen Gespräche und sehen, wie Geschäfte gemacht werden. Schwarzeinkauf ist nicht möglich, denn bei uns gibt es nur Ware auf Rechnung.

Und dein Fokus liegt auf Hamburg?
BH:
Zunächst Hamburg und Berlin, hier ist auch die Musikszene sehr stark und gut vernetzt.

Wie groß ist denn dein Zielmarkt?
BH:
In Hamburg allein gibt es ca. 500 Barbershops. Davon kaufen bereits ca. 200 bei uns Zubehör und solche Dinge. Die anderen 300 werden wir als Neukunden intensiv angehen. Und die 200 können nun auch eine professionelle Männermarke dazukaufen.

„Es existiert eine Großhandelsparallelwelt, in die wir hineingehen.“

Worauf legt die Barbercommunity Wert beim Kauf von Produkten? Preis, Optik, Rezepturen?
BH
: Das ist ein bunter Mix. Es gibt aktuell ca. 12 türkische Marken, die von unterschiedlichsten kleinen Fachgroßhändlern vertrieben werden. Es existiert eine Großhandelsparallelwelt, in die wir hineingehen.

Und eure Vorteile?
BH:
Wir haben eine bessere Logistik, können schneller und zuverlässig liefern und die Preise liegen in deren gewohntem Umfeld. Preis ist hier Schlüssel und das Persönliche, also Mehrzad. Wir sind ca. 10% teurer, bieten aber einen großen Mehrwert.

Was ist in der Range alles enthalten?
BH:
Es sind 160 Artikel, davon 80 Chemieprodukte für Haut, Haar und Bart. Und es gibt 80 Zubehör und Merchandise-Artikel.

Eure Zielgruppe ist migrantisch, wie bedient ihr das sprachlich?
BH:
Es gibt einen eigenen viersprachigen Katalog zu The Shave Factory in Deutsch, Englisch, Arabisch und Türkisch. Und Mehrzad wird live bei unserer Hausmesse an einem eigenen Stand die Marke präsentieren; er spricht diese Sprachen.

Gibt es weitere strategische Entwicklungen bei Stopperka?
BH:
Stück für Stück werden wir uns in die Richtung einer neuen, digitaleren Welt entwickeln. Damit wird sich auch die Rolle des Außendienstes verändern, weg von kurzfristiger Bedarfsdeckung hin zum Wecken neuer Bedürfnisse. Die klassische Auftragseingabe und Abfrage werden mehr und mehr durch die digitale Welt übernommen werden, wie Onlineshops, Bestell-Apps und wer weiß schon heute, was da noch alles kommen wird.
Ohne einen qualifizierten, sehr gut geschulten, sympathischen und zuverlässigen Außendienst wird diese Branche auch in 2035 und noch weit darüber hinaus - niemals auskommen!

Lieber Bodo, ich danke dir, wir sehen uns ganz bald in Hamburg auf eurer Hausmesse