Holger Schier beim Zukunftskongress, Credit: Katarzyna Mazur

17.10.2025

7% MwSt unrealistisch – Lohnnebenkosten-Senkung sinnvoller

VGH kippt L-Bank-Rückforderung - die Coronasoforthilfe muss nicht zurückgezahlt werden. Im Interview schildert Friseurunternehmer Holger Schier, wie er den Entscheidungstag erlebte und welche Branchen-Inhalte beim Verbandstag in Baden-Württemberg behandelt wurden.

Holger Schier im Interview mit Juliane Krammer

imSalon: Herr Schier, am 8. Oktober wurde ► die Rückforderung der L-Bank gekippt. Können Sie schildern, wie dieser Tag für Sie war?
Holger Schier:
Der vorsitzende Richter wirkte auf mich wie ein Eisblock, man merkte nicht, wo seine Tendenz hingeht. Die beisitzenden Richter waren eher auf unserer Seite. Dementsprechend ist es auch zu meinen Gunsten ausgefallen. Ich habe aber mit nichts anderem gerechnet. Die Urteilsbegründungen aus Karlsruhe, Freiburg und in unserem Fall aus Stuttgart, waren so klar, dass ich mich gewundert habe, dass es die Berufung gab.

Aber nicht überall in Deutschland lief es so …
HS:
Ja, die Bayern haben die Berufung mit ganz dünnen Argumenten abgeriegelt. Da hat in Ansbach ein Unternehmer verloren und damit war klar, es macht keinen Sinn. Das hat auch der Anwalt gesagt: Wenn das übergeordnete Gericht so urteilt, dann schmeißt man nur das Geld raus.

Wie haben Sie sich auf den Prozess vorbereitet, mithilfe ihres Anwalts?
HS:
Wir sind Mitglied bei der ► I.F.G., der Interessensgemeinschaft Friseure für Gerechtigkeit. Unser Rechtsschutz wäre nicht eingestiegen, und das alles finanziell allein durchzuhalten, ist nicht machbar.

Wie fühlen Sie sich jetzt nach diesem Ergebnis? Haben Sie das Thema ad acta gelegt oder wollen Sie sich politisch für die Branche engagieren?
HS: Das Thema „Soforthilfe-Rückzahlung“ ist für mich noch nicht durch. In Baden-Württemberg kippte zwar die Klage, in Bayern hingegen hat das Land gewonnen. Dort müssen die Unternehmen mit Zinsen zurückzahlen - bei einem Kollegen sind das 3.100 Euro. Auch in NRW hat das Land gewonnen ... Ich denke, der Bundesverwaltungsgerichtshof wird einschreiten, befürchte aber, dass die, die bereits zurückzahlten, keine Chance mehr haben. Es ist eine große Ungerechtigkeit, wie hier mit Not umgegangen wird. 

Wie verschaffen Sie sich und somit auch der Branche in der Politik Gehör?
HS:
Ich bin politisch vernetzt. ►Andreas Stoch ist der SPD-Chef Baden-Württemberg und mein Kunde. Mit ihm spreche viel über diese Themen. Er hatte auch nach der ersten Rückzahlungs-Verhandlung im Landtag-Plenum eingebracht, dass man Handel, Handwerk und Gastronomie beschützen muss und nicht in Berufung geht. Außerdem war ich kürzlich beim Verbandstag, um meine Anliegen zu adressieren.

Können Sie vom letzten politischen Zusammentreffen berichten?
HS: Vor Ort waren Andreas Stoch von der SPD sowie Wolfgang Reinhart von der CDU, die auf die Umstände der Branche angesprochen wurden.
Persönlich konnte ich ein längeres Gespräch mit Clara Resch, der Sprecherin für Handwerkspolitik von den Grünen, führen.

"Andreas Stoch sprach von einer Lohnnebenkostensenkung, die wertvoller wäre. Damit könnten wir Friseure auch leben."

Wurden Themen vom Forderungspapier beim Verbandstag behandelt?
HS:
 Die Reduzierung der Mehrwertsteuer war ein Thema. Andreas Stoch sprach von einer Lohnnebenkostensenkung, die wertvoller wäre. Damit könnten wir Friseure auch leben.

"Unser Handwerk ist in der Politik angekommen und ich hoffe, dass über mediale Präsenz mehr Druck aufgebaut wird, um noch mehr Aufmerksamkeit auf die Branche zu legen, ..."

Mit welchem Gefühl haben Sie die Veranstaltung verlassen?
HS:
 Unser Handwerk ist in der Politik angekommen und ich hoffe, dass über mediale Präsenz mehr Druck aufgebaut wird, um noch mehr Aufmerksamkeit auf die Branche zu legen, denn das Handwerk stützt das Land und nicht die Großkonzerne. 
Ich lehne mich noch nicht zurück, denn ich bekomme jetzt viele Rückfragen, von anderen Unternehmern und auch KollegInnen, die wissen wollen, wie es weiter gehen kann. Es gilt vor allem jetzt die Urteilsbegründung im November abzuwarten.

Vielen Dank, Herr Schier, und alles Gute für die Zukunft.