21.07.2015
„1600 Salons unter einem Dach“ kommentiert Dieter Schneider
1.600 Salons, 10.000 Mitarbeiter, 2.000 Auszubildende = Saxonia Holding - Dieter Schneider zeigt Bedeutung für Absatz- und Arbeitsmarkt auf ...
Ein Kommentar von Dieter Schneider zur Saxonia- Klier - Hairgroup - Umgründung
„1600 Salons unter einem Dach“
Das ist die Überschrift eines Artikels der FAZ vom 20. Juli 2017. Zutreffender wäre die Überschrift: „Friseursalons unter 1600 Dächern mit einer Leitung.“ Damit soll deutlich gemacht werden: Auf dem Absatzmarkt für Friseurdienstleistungen und friseurspezifische Haarkosmetika ändert sich wenig, wenn die zentrale Leitung der zwei mit Abstand größten Friseurketten in Deutschland - Klier und HairGroup (vormals Essanelle) - zusammengelegt wird. „Kompetenzen bündeln“ nennt das Achim Mansen als bisheriger Chef der HairGroup und Co-Chef des neuen Verbundes – gemeinsam mit Michael Klier.
Mansen gibt als weiteren Grund an, dass die „Schlagkraft am Friseurmarkt erhöht werden soll“. Erhöhte Schlagkraft – das interessiert natürlich die Mitbewerber. Auf dem Absatzmarkt ist durch eine gemeinsame Zentrale kaum mehr Schlagkraft als bisher zu erzeugen, wohl aber auf dem Arbeitsmarkt. Dafür könnte eine arbeitnehmerfreundliche und ausbildungsintensive Dachmarke geschaffen werden, die vor allem über das Internet und die sozialen Netzwerke gepuscht werden kann. Auch die von Mansen angekündigte Expansion von 1600 auf 2000 Filialen ist nur über den Arbeitsmarkt als strategischen Engpass zu erreichen. Das gilt übrigens nicht nur für den Klier/HairGroup-Verbund. Ob der Name „HairGroup“ als Marke dafür reicht, wird sich herausstellen. Immerhin erscheint auf der ersten Google-Seite (Stichtag 21. August) nichts anderes als „HairGroup“ und „Essanelle“, wenn „Hairgroup“ eingegeben wird.
Der in der FAZ genannte Gesamt-Marktanteil von 5 Prozent am 6 Mrd. Euro Gesamtmarkt für Friseurdienstleistungen sagt gar nichts über die Marktbedeutung an 1.600 Standorten. Die Marktbedeutung ist in Ballungsgebieten mit Einkaufzentren, Kaufhäusern und Großmärkten viel höher und auf dem „flachen Lande“ oft gar nicht vorhanden.
Viel interessanter ist die Marktbedeutung auf dem Arbeitsmarkt
speziell dem Ausbildungsmarkt. Da hat die bisherige Klier-Kette mit 1.500 Lehrlingen eine starke Stellung, während die bisherige HairGroup mit weniger als 300 Lehrlingen hinterherhinkt. „Kompetenzen bündeln“ könnte da bedeuten: Die viel größere Kompetenz von Klier bei der Lehrlingsgewinnung und Ausbildung für die gesamte Gruppe nutzen. Das könnte auf dem Ausbildungsmarkt in Ballungsgebieten zu einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Ausbildungsmarkt führen.
Die Kartellbehörden haben diesen sehr speziellen Aspekt des Friseurmarktes bisher nicht im Fokus und deshalb auch aus dieser Sicht nichts gegen den endgültigen Zusammenschluss der beiden Ketten.
Kurzfristig kann es durchaus sein, dass der Branchenriese dem traditionellen Friseurhandwerk sehr viele der weniger werdenden gut geeigneten Bewerber für eine Friseurlehre wegschnappt.
Mittel- und langfristig können aber gut geführte Friseurunternehmer davon profitieren, dass die Hairgroup-Kette junge Menschen in größerer Zahl in die Branche zieht, die sonst nicht Friseur oder Friseurin geworden wären.
Die PR-Macht als mit Abstand größte Friseurkette in Deutschland sollte dabei nicht unterschätzt werden. Wer als Journalist in den Massenmedien über das Friseurhandwerk berichten will, landet mit großer Sicherheit nach seinem Stammfriseur als nächstes bei der HairGroup.
Auch hier gilt: Für den „normalen Friseur“ ist Verbundmarketing (oder auch Gemeinschaftsmarketing) für Absatzmarkt und Arbeitsmarkt gleichzeitig nicht nur eine Abwehrwaffe, sondern auch ein wirksame Angriffswaffe gegen eine erhöhte Schlagkraft dieser Großkette. Der Vorteil dieser Großkette ist aber, dass die meisten Friseurunternehmer nicht wissen, was Verbundmarketing ist.