Credit: Pattarisara

04.11.2022

Studie: Haarausfall ist zweithäufigstes Long-Covid Symptom

Haarausfall nach einer Corona-Erkrankung kommt sehr häufig vor - laut einer neuen Studie ist es sogar das zweithäufigste Long-Covid Symptom. Was man als Friseur*in machen kann, um Kund*innen zu unterstützen und welche Tipps Dermatologen haben...

Klagt ein*e Kund*in über massiven Haarausfall, dann könnte es die Folge einer Corona Erkrankung sein. Die Covid-19 Erkrankung liegt dabei mehrere Wochen zurück, zwischen 10 und 14 Wochen im Regelfall. Das Gute: Long-Covid bedingter Haarausfall ist temporär, die Haare sollten wiederkommen.

Long Covid Studie

Für eine Studie wurden in Großbritannien Elektronische Patientenakten von 2,4 Millionen Menschen von Januar 2020 bis April 2021 ausgewertet.

Diese in Nature Medicine veröffentlichte breitangelegte Studie analysiert die Long-Covid Folgen.

Die Kohorte umfasste 486.149 Personen mit bestätigter SARS-CoV-2-Infektion, abgeglichen mit eine Kontrollgruppe von 1,9 Millionen Menschen ohne nachgewiesene Hinweise auf eine Coronavirus-Infektion.

Menschen, die positiv auf das Virus getestet wurden, berichteten 12 Wochen nach der Erstinfektion mit SARS-CoV-2 häufiger über mindestens eines von 62 Symptomen als diejenigen, die sich nicht mit dem Virus angesteckt hatten.

Die Symptome mit den größten ermittelten Hazard Ratios (Vergleichsquotient der verglichenen Gruppen) waren

  1. Anosmie (Verlust des Geruchsinns) – 6.49
  2. Haarausfall - 3,99
  3. Niesen - 2,77
  4. Ejakulationsstörungen - 2,63
  5. verminderte Libido - 2,36
  6. Kurzatmigkeit - 2,20

Andere häufige Symptome waren Schmerzen in der Brust, eine heisere Stimme und Fieber.

Long Covid Symptome im Salon behandeln

  • Informiert euer Team über Long Covid-bedingten Haarausfall
  • Klagen Kund*innen über Haarausfall, stellt entsprechende Fragen und eruiert die Möglichkeit von Long-Covid.
  • Als Friseur*in könnt ihr Kund*innen professionell mit richtigen Tipps und schonenden Kopfhautbehandlungen begleiten.
  • Gibt es Mitarbeiter*innen mit Vorwissen rund um Kopfhaut und Haarausfall, dann stellt Expertenwissen in den Vordergrund und macht diese zu Long-Covid Haarausfall Spezialist*innen. Entsprechende Weiterbildungsangebote gibt es im Markt viele.
  • Informiert euch über Kopfhaut und Haarausfall. Es gibt Fachliteratur und umfangreiche Weiterbildungsangebote und Produkte.

Friseurin Andrea Hecker erzählt uns ► im Interview von ihrem Long-Covid Haarausfall.

Das sagt ein Dermatologe zu Haarausfall und Long Covid

In einem Interview spricht der Dermatologie Dr. Thorben Royeck, Spezialist für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Bonn, über Long Covid bedingten Haarausfall.

Haarausfall kann als eines der Symptome von Long Covid sein. Was macht das Virus mit den Haaren?
Dr. Royeck: Die Virusinfektion bzw. die dadurch bedingten internistischen Erkrankungen wie eine Lungenentzündung stellen eine starke Belastung für den Körper da. Eine solche Belastung kann zur Entwicklung eines sog. Telogenen Effluviums führen.
Dies bedeutet, dass das Haar aus seiner Wachstumsphase in die Ausfallphase (Telogene Phase) wechselt. Das Haar löst sich dabei von der Blutversorgung und seiner Verankerung ab. Das Haar fällt dabei aber nicht direkt aus, sondern erst nachdem es sich langsam aus eben dieser Verankerung gelöst hat. Dies kann bis zu sechs Monaten dauern.
Die Symptomatik des Haarausfalls beginnt daher in der Regel erst Monate nach der eigentlichen Covid-Erkrankung. Dieser zeitliche Verzug löst bei Patienten verständlich Panik aus, da die eigentliche Erkrankung eigentlich schon überwunden wurde.
Telogene Effluvium kann auch durch zahlreiche andere Erkrankungen bedingt sein, z. B. andere schwere Infektionen (bakterielle Lungenentzündung, Sepsis), Medikamente, Mikronährstoffstörungen usw.

Welche Therapie gilt aktuell als wirksam und woran wird noch geforscht?
Dr. Royeck: Das Telogene Efflvium verursacht einen reversiblen Haarausfall. Das heißt, dass die Haarfollikel erhalten bleiben und nach dem ausgefallenen Haar ein neues Haar nachwächst. Haare, die zum Zeitpunkt der Infektion in ihre Ausfallphase gewechselt sind, werden in bis zu sechs Monaten ausfallen. Der Wechsel von der Ausfallphase zurück in die Wachstumsphase ist nicht möglich.
Parallel sollte aber untersucht werden, ob die neu nachwachsenden Haare auch optimale Bedingungen für ihr Wachstum haben. Es sollte so beispielweise nach Mikornährstoffstörungen gescreent werden (z. B. Zink, Eisen, Vit D3 usw.) und ggf. eine Substitution erfolgen.

Ist der covidbedingte Haarausfall reversibel?
Dr. Royeck: Nach aktuellem Stand gehen wir davon aus, dass auch der covidbedingte Haarausfall, so wie jedes andere Telogene Effluvium, reversibel ist. Um dies zu beweisen, fehlen aber schlichtweg noch ausreichend Studiendaten. Aus der rein persönlichen Erfahrung in der Haasprechstunde lässt sich aber bereits sagen, dass sich bei mehreren Patienten der Haarausfall zumindest wieder gelegt hat.

Was würden Sie den Patienten, die an diesem Symptom leiden, generell raten?
Dr. Royeck: Da der Haarausfall in der Regel reversibel ist, positiv bleiben, Ruhe bewahren und nicht in ein Gedankenkreisen rund ums Haar geraten. Bitte keine wilde Anwendung von Antihaarausfall-Lotion oder -shampoos etc. Diese können wie bereits beschrieben keinen Wechsel zurück in die Wachstumsphase bewirken. Stattdessen optimale Bedingungen für die neuen Haare schaffen, d. h. z. B. Screening auf Mikronährstoffstörungen.

Qelle: ukbmittendrin.de