Credit: Sandrino Donnhauser

16.04.2020

Petra und Thomas Brockmann-Knödler sehen Preiserhöhung von 20-30%

Die beiden Dresdner sehen in der Pandemie ein große Chance für die Branche, denn endlich wird Friseur als Unternehmer wahrgenommen und erhält enorme Wertschätzung. Dabei hilft ein durchdachtes Hygienekonzept …

Das Telefoninterview führte Birgit Senger

Ihr hattet eine Petition gestartet, für die frühere Wiederöffnung der Salons. Wie kam es dazu?
Thomas Brockmann-Knödler (TBK):
Wir hätten Salons gar nicht erst geschlossen!

Warum nicht?
Petra Brockmann (PB):
Als die Bundesregierung am 16. März 2020 verkündete, was geschlossen und was offenbleiben sollte, haben wir umgehend Maßnahmen entwickelt, um uns und unsere Kunden zu schützen. Der Friseurberuf wurde zu diesem Zeitpunkt von der Regierung als systemrelevant eingestuft. Und was machen Friseure, die sonst ständig unzufrieden sind, weil man ihnen zu wenig Wertschätzung entgegenbringt? Sie setzen sich für eine Schließung ein.

Was um uns herum in dieser bewegenden Woche passierte, war in meinen Augen Auftragsverweigerung. Stell dir mal vor, VerkäuferInnen, LKWfahrerInnen, PflegerInnen, ÄrztInnen hätten so reagiert! Das war wieder ein schönes Beispiel für kurzfristiges Denken. Gern wird in der Branche „gejammert“, dass ihre Dienstleistung nicht genügend Wertschätzung erfährt. Voraussetzung für Wertschätzung ist aber doch erst einmal etwas zu leisten und zu liefern.

Thomas Brockmann Knoedler | Credit: Blicklicht Photographie

Könnt ihr nachvollziehen, dass es auch Mitarbeiter und Kunden gab, die verängstigt waren?
TBK:
Auf jeden Fall, denn es wurde ja auch genug Angst geschürt. Aber irgendwann muss ich es doch schaffen, Fakten zusammenzutragen, das Thema ernst zu nehmen und daraus resultierend rational zu handeln.

PB: Hier wurde eine riesige Chance der Branche verpasst! Genau jetzt wäre es an der Zeit gewesen, für unser Image zu sorgen und zu signalisieren – wir stehen, wir kümmern uns, wir stellen uns der Verantwortung und schaffen die hygienischen Voraussetzungen dafür.

Was ist anstatt dessen passiert?
PB:
Hier und da wurde staatliche Hilfe einkassiert und gleichzeitig zu Hause Haare geschnitten. Somit wurde der Schwarzarbeit Tür und Tor geöffnet.

Wie habt ihr gehandelt?
TBK:
Wir haben den Abstand zwischen den Arbeitsplätzen erhöht. Wo dies nicht möglich ist, müssen Bedienungsplätze frei bleiben oder das Bestellsystem geändert werden, zum Beispiel weniger Kundentermine zur gleichen Zeit vergeben. Wer noch nicht im Schichtsystem arbeitet, sollte dies einführen, aber darauf achten, dass sich die Teams nicht überschneiden.

Beim Schichtwechsel haben die Teams keinen Kontakt?
PB:
Genau, wir können es wunderbar schaffen, trotz Corona oder anderen Krankheiten weiter arbeiten zu können. Wir dürfen nur den Mehraufwand nicht scheuen. Wie überall und immer wird sich lieber beschwert. Wir müssen jetzt alles tun, um Qualität, Hygiene und das Image des Friseurs zu verbessern.

„…wenn sie nicht wieder in alte Muster verfällt“
 

Kann die Branche sich verändern?
PB:
Die Branche wird sich verändern, wenn sie bereit ist, etwas zu ändern und wenn sie nicht wieder in alte Muster verfällt. Dafür möchten wir uns mit unserer Community stark machen.

Welche Möglichkeiten haben kleinere Salons, die nicht auf großen Flächen arbeiten oder mehrere Etagen zu Verfügung haben?
TBK:
Diese Salons müssen ihre Kundentermine zeitlich strecken. Die größere Herausforderung sehe ich darin, dass sich Friseure ihre Terminplanung nicht mehr vom Kunden bestimmen lassen können. Es wird nicht gehen, dass alle zur gleichen Zeit bedient werden. Das ist für den Friseur gleichzeitig eine große Chance, etwas mehr Ruhe und Qualität in seine Arbeit zu bringen.

„… die Umsetzung aller Hygienemaßnahmen
zu einer Preiserhöhung von 20-30% führen werden.

PB: Natürlich empfehlen wir den Friseurunternehmern aus unserer Community auch gleichzeitig ihre Preiskalkulation zu überprüfen. Ich bin mir sicher, dass die Umsetzung aller Hygienemaßnahmen und die Veränderung des Bestellsystems zu einer Preiserhöhung von 20-30% führen werden.
 

Welche Chancen für die Branche seht ihr?
TBK:
Wir alle sollten die Chance nutzen, als Unternehmer wahrgenommen zu werden und nicht nur als Friseure, die am Stuhl stehen.

PB: Noch nie zuvor haben sich die Kunden soviel Gedanken darüber gemacht, ob sie auf den Friseur verzichten könnten oder wirklich gespürt, was eine gute Frisur im Alltag wert ist. Wir Friseure haben die Chance, Dinge neu aufzusetzen, uns unserer Wertigkeit bewusst zu werden und mit Verantwortung nach vorne zu gehen.

Ihr habt wie immer eine klare Vorstellung, wie die Zukunft aussehen soll.
PB:
Für viele möge das brachial und hart wirken, aber das möchten wir gar nicht sein. Wir wollen motivierend sein und zeigen was in der Zukunft möglich ist, wenn man seine Visionen klar vor Augen hat.
 

Vielen Dank, Petra und Thomas. Bleibt gesund und weiterhin viel Erfolg!