02.06.2020

Paul Heeringa: Joint Venture zwischen Coty und KKR, das sicherste Modell

Wella wird ein selbstständiges Unternehmen, betont Paul Heeringa im Exklusiv-Interview mit imSalon – wie das im Detail ausschauen soll, haben wir hinterfragt… Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Was nehmen sie aus dieser bisherig einmaligen Krise mit?
PH:
Die Krise hat uns Gutes und Schlechtes gebracht. Für mich gibt es zwei Erkenntnisse. Einmal die neue hohe Wertschätzung des Friseur Berufs in der Gesellschaft und zum anderen die aktive Preisgestaltung in den Friseursalons, dass sie wirtschaftlich stärker und robuster werden und erfolgreicher auftreten können.

Wie viele Wella Mitarbeiter sind aktuell noch in Kurzarbeit?
PH:
Die Vertriebsleute sind wieder komplett zurück, alle anderen Bereiche arbeiten sich langsam wieder zurück auf 100%.

Wann fahren Sie die Education wieder hoch?
PH:
Die Education startet im Juni mit einem besonderen Programm. Wir unterstützen bundesweit alle Wella Partnersalons und senden ca. 70 Fachtrainer in die Salons. Diese Salon-Schulungen stellen wir kostenlos zur Verfügung, Salons können sich aktuell dafür anmelden.

"1.Juli... öffnen unsere Studios."

Eine schöne Unterstützung für Salons. Und wann startet das eigentliche Seminarprogramm wieder?
PH:
Ab dem 1. Juli, dann öffnen auch unsere Studios wieder.

Kann man den durch die Corona Krise entstandenen Verlust in Zahlen ausdrücken?
PH:
Ich darf darüber keine Aussage machen, aber es gab einen sichtlichen Einbruch.

Sind Sparmaßnahmen anvisiert?
PH:
Wir sind ein Geschäft, bei dem Wachstum im Mittelpunkt steht. Das heißt, wir wollen die Industrie weiter antreiben und natürlich auch weiter wachsen, dafür sind Investitionen unerlässlich und nicht Sparmaßnahmen.

Gibt es denn schon Fokus Felder, wie das Wachstum verstärkt werden kann?
PH:
Wir haben einen sehr großen Launch in Vorbereitung, aber das können wir noch nicht verraten. Aber im September werden alle mehr erfahren. 

Dann bedanke ich mich für Ihre Zeit und wünsche gutes Gelingen!

Wie stark hat Sie die Entscheidung der KKR überrascht?
Paul Heeringa:
Ich muss sagen, für mich war das keine große Überraschung. Wir sehen die Entscheidung als sehr positiv, die Eigenständigkeit Wella‘s war für viele von uns die präferierte Lösung.

Das heißt, Sie sehen mit KKR einen Rückerhalt der Eigenständigkeit von Wella?
PH:
Ja, wir werden ein unabhängiges, selbstständiges Unternehmen mit eigenem CEO, eigenem Supervisor Board sein, das heißt, wir können schneller die richtigen Entscheidungen, die uns im Friseurmarkt zum Ziel führen, fällen. Der Fokus liegt jetzt auf unseren Kunden und bei den Professionals.

Steht schon fest, wer dieser oder besser diese CEO wird?
PH:
Nein. Darüber kann ich noch nicht reden.

Was bedeutet das für das deutsche Geschäft?
PH:
Konkret wird sich erst mal nichts ändern, auch für unsere Kunden nicht. „Business as usual“, kann man hier wohl sagen. Wir müssen jetzt erst mal die Vertragsunterzeichnung abwarten.

Es wurde bereits gemunkelt, dass die Zentrale wieder von Genf nach Darmstadt umzieht, können Sie etwas dazu sagen?
PH:
Ach, das ist interessant, das habe ich noch nicht gehört. Natürlich gibt es viele Fragen über den Standort, das ist ein wichtiges Thema, aber es ist ein bisschen zu früh, um darüber zu urteilen. Die Kontinuität des Unternehmens steht definitiv im Vordergrund. Wir sind uns bewusst, dass der Standort ein sehr wichtiges Thema ist. Jedoch auch wichtig ist es zu bedenken, dass KKR in erster Linie einen Wachstumsgeschäftsplan erwirbt, welches nur mit einer erfahrenen Organisation umgesetzt werden kann. Wenn es um den Standort geht, werden wir daher nach Lösungen suchen, die die Kontinuität für unsere Mitarbeiter und minimale Störungen für unser Geschäft bedeuten.

Also ist Darmstadt möglich?
PH:
Alles ist möglich, aber ich weiß nicht, was sein wird.

Was glauben Sie, wie wird das operative Geschäft tangiert werden?
PH:
Das wird erst mal nicht tangiert, frühstens 2021, bis dahin müssen Entscheidungen getroffen werden.

"...die Perspektive, dass Wella ein selbstständiges Unternehmen wird, hat für sehr viel Motivation gesorgt"

Wie haben denn die Mitarbeiter reagiert?
PH:
Sehr positiv, insbesondere die Perspektive, dass Wella ein selbstständiges Unternehmen wird, hat für sehr viel Motivation gesorgt.  Und unsere Mitarbeiter und Kunden jetzt in diese neue Zukunft mitzunehmen ist unser Fokus.

Sie betonen immer „selbstständiges Unternehmen“, jetzt hat aber KKR nur 60% der Anteile übernommen. Woran erkenne ich, dass Wella selbstständig ist?
PH:
Wella wird ein selbstständiges Unternehmen und wir werden selbstständig Entscheidungen treffen. Natürlich gibt es einen Großaktionär, das wird KKR sein, der aber eher im Hintergrund steuern wird.

„Steuern im Hintergrund!“ Das heißt, der CEO wird dann direkt an KKR berichten?
PH:
Nein.

Wie kann ich mir das dann vorstellen?
PH:
Der CEO wird an das Supervisor Board berichten, in welchem sowohl Coty als auch KKR vertreten sein werden.

Werden Sie weiterhin an den/ die CEO berichten?
PH:
Was in Zukunft passieren wird, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber ich bin schon Teil des Executive Divisional Boards, was global gesehen sehr wichtig ist.

Wird ein Externer von KKR in das Divisional Board gesetzt?
PH:
Das weiß ich nicht. Der Vertrag muss erst unterschrieben werden und dann können wir über diese ganzen Aspekte reden.

Coty hält noch immer 40%. Der Plan war doch eigentlich der 100%ige Verkauf?
PH:
Das ist eine sehr gute Frage. Ja was kann ich dazu sagen. Der ursprüngliche Plan war der Verkauf, aber aufgrund der aktuellen Corona-bedingten Situation war das Joint Venture zwischen Coty und KKR das sicherste Modell. Es war ja ein großer Schritt für KKR Wella in dieser Krise zu übernehmen und zeigt auch das Potential, welches KKR in Wella erkennt.

"Die beiden Firmen KKR und Coty balancieren sich sozusagen aus..."

Und was macht Coty noch mit den 40%?
PH:
Coty kann an unserem Wachstum partizipieren und minimiert das wirtschaftliche Risiko in dieser Krise. Die beiden Firmen KKR und Coty balancieren sich sozusagen aus, beide profitieren davon und wir können weiterhin wachsen. KKR investiert und minimiert sein Risiko, indem es Coty mit an Bord behält, so sind die Interessen von beiden Seiten gewahrt.

Wie schaut es mit den anderen Coty Professional Marken (OPI, ghd) aus?
PH:
Alle Marken gehen mit. Das einzige Geschäft, das nicht mitgeht, ist das Mass Beauty Geschäft in Brasilien.