Credit: Dean Keno Zill | Adobestock Photografie und Alltag

14.08.2019

Michael Bredtmann nimmt kein Bargeld mehr im Salon

Michael Bredtmann hat mit seinem Facebook-Posting für rege Diskussionen gesorgt: Ab 1.Januar 2020 wird er in seinem Salon kein Bargeld mehr annehmen. Als Grund nennt er den ausufernden "Schwarzarbeits-Sumpf".

In Michael Bredtmanns Salon in Wuppertal wird man ab 1.Januar 2020 nur noch mit Karte zahlen können. Was in zu dem Schritt bewegt hat und was das alles mit Schwarzarbeit zu tun hat: Auf Facebook hat er sich der Diskussion mit Kollegen gestellt, wir haben heute morgen mit ihm telefoniert.
 

Das Interview führte Katriina Janhunen

imSalon: Michael, du möchtest kein Bargeld mehr annehmen?
Michael Bredtmann
: Wir haben jetzt schon viele Kartenzahlungen und mir ist das Risiko zu groß, dass ich aus Versehen mit der Kasse etwas falsch mache. Wir hatten letztens eine drei Monate dauernde Steuerprüfung bei der sie uns richtig auseinandergenommen haben, obwohl wir immer ehrlich gearbeitet haben. Sobald ich kein Bargeld mehr habe, bin ich auf der sicheren Seite und hebe mich damit auch von der Schmuddelecke ab.

Und jene Kunden, die auf Bargeld nicht verzichten wollen?
MB
: Mir ist bewusst, dass wir auch Kunden verlieren werden, aber wir bieten auch Lösungen an, z.B. wenn Kinder alleine kommen, bekommen die Gutscheine oder die Eltern zahlen später. Ich werde das auch erstmal nur in einem meiner beiden Geschäfte machen, damit die alten Leute noch in bar zahlen können.

Viele Friseure bieten keine Kartenzahlung an, weil sie zu teuer ist.
MB
: Bargeld ist mittlerweile teuer! Ich bezahle für eine Rolle Wechselgeld einen Euro und auch, wenn ich etwas auf mein Konto einzahle. Bargeld ist sogar noch teurer, wenn man die Arbeitszeit mit einrechnet - das spart mir hochgerechnet jeden Monat 2 Tage Arbeit an Abrechnungen, Bankeinzahlungen und Kassendifferenzen. Dazu ist das Risiko extrem hoch, wegen ganz kleiner Fehler von den Steuerprüfern terrorisiert zu werden. Diese Sicherheit kann man gar nicht teuer genug bezahlen. Das Bargeld ist ein Risikofaktor für alle Ehrlichen.

Wie funktioniert das mit dem Trinkgeld?
MB
: Da gibt es einige Ideen aus Schweden, z.B. einen QR-Code mit dem Paypal-Konto des Friseurs.

"Die Freiheit, die diese Kritiker wirklich meinen, ist die Freiheit am Staat vorbeizuverdienen."

Ein Kritikpunkt war "Mehr Plastikgeld = mehr Big Brother"...
MB
: Die Freiheit, die diese Kritiker wirklich meinen, ist die Freiheit am Staat vorbeizuverdienen. Meine Kollegen sehen mich oft ein bisschen herablassend an, dabei machen die selbst so viel ganz offensichtlich schwarz. Das Bewusstsein bei der Bevölkerung ist auch nicht da, dass mit jedem fehlenden Kassenbon mit Barzahlung das System hintergangen wird.

Also ist Kartenzahlung der Weg aus dem Schwarzgeld?
MB
: Mein Vater hat vor 30 Jahren schon gesagt: "Wenn man in der Branche kein Schwarzgeld machen kann, dann lohnt sich der Beruf nicht". Welche Ausmaße dieser Sumpf angenommen hat, das kotzt mich richtig an. Ständig erzählen mir Bewerber, wieviel sie schwarz dazubekommen haben, sogar von großen und guten Salons - offiziell ist die Hälfte der Wuppertaler Friseure aber auf Hartz4 Niveau. Deutschland wird noch als das größte Schwarzgeldland in die Geschichte eingehen. Wenn man nur in bar zahlen kann, dann stimmt doch irgendetwas nicht.
Für uns ist das Ende des Bargelds der Hilfeschrei der ehrlichen Friseure - der Weg um die Verbraucher aufzuklären und ehrlich zu arbeiten.

Vielen Dank, Michael, für das spannende Gespräch und viel Erfolg mit diesem Schritt!