Credit: Stuart Mcclymont

04.02.2019

Der deutsche Friseur Philipp Haug sein Leben in London und britische Friseure

Philipp Haug, deutscher Auswanderer-Friseur ist „London Hairdresser of the Year“. Wir haben ihn zum Interview getroffen, über das Leben in London, seine Schwäbische Herkunft, britische Friseure, seine Karriere und den weiteren Zielen! Philipp Haug ist internationaler Artistic Director für TONI&GUY und Manager der Flagship Academy in London, darf sich nach seinem British Hairdressing Awards Gewinn nun „London Hairdresser of the Year“ nennen.

imSalon: Lieber Philipp, als Erstes herzlichen Glückwunsch zu dem grandiosen Titel „London Hairdresser of the Year“. 
Philipp Haug:
Vielen Dank! Mit dieser Auszeichnung geht wirklich ein Traum in Erfüllung. Es gehört auch eine Menge Glück dazu, von all den Einsendungen den Geschmack der Jury zu treffen. Eine Kollektion zu erstellen mit der man selbst zufrieden ist, ist für mich das Wichtigste, wenn dabei dann aber auch ein Gewinn herauskommt ist das natürlich „the cherry on top“!

Was ist der Unterschied zwischen dem Hairdressing Award in England und dem in Deutschland?
PH:
In Deutschland wird man nach Einsendung seiner Kollektion, bestehend aus vier Bildern direkt nominiert und wartet auf den Galaabend. In England sendet man im ersten Schritt ebenso vier Bilder ein, wird man dann aber nominiert, muss man noch vier weitere Bilder erstellen und die Kollektion damit vervollständigen.

Der Award in England wird als Investment angesehen, bei dem Kollektionen weitaus über EUR 10.000,- kosten können. Außerdem darf man in der gesamten Kollektion zwei Perücken und zwei Haarteile verwenden, was ja in Deutschland und Österreich „offiziell“ verboten ist... Man hat dadurch die Chance mit besseren Modellen kreativer zu arbeiten, da man sich nicht zwingend an den Haaren des Models austoben muss...

Was war der Fokus deiner Kollektion? Worauf hast du besonders viel Wert gelegt?
PH:
Ich bin übersättigt von der „totalen Perfektion“. Zu viel Bildbearbeitung ist nichts für mich. Mein Fokus lag darauf, die Haare echt zu belassen. Ich habe mich dieses Jahr auf Formen, Strukturen und Außenlinien konzentriert. Deshalb auch bewusst die Entscheidung zu einer schwarz/weiß Kollektion, obwohl jedes einzelne Model auch gefärbt wurde. Der Kontrast hat so einfach nochmal eine andere Wirkung.

Philipps Lieblingsbild | Credit: Stuart Mcclymont

Was sind deine Tipps für junge Friseure die beim Hairdressing Award mitmachen möchten, worauf sollte man ganz besonders achten?
PH: Auf eine gute Vorbereitung! Das ist das Allerwichtigste, speziell dann, wenn man noch nicht viel Erfahrung mit Shootings hat. Man sollte sich pro Modell nicht nur einen Look überlegen, sondern auch einen Plan B & C parat haben, denn oft sieht das Resultat nicht so aus wie man sich das vorstellt. Wenn dann noch Druck am Set dazu kommt kann es schwerfallen, sich spontan einen neuen Look aus dem Ärmel zu schütteln.
Außerdem finde ich die Wahl guter Models essentiell. Wenn dein Model toll aussieht und weiß was er oder sie tut, hast du schon viel gewonnen.
Ein Mentor oder ein Role-Model zu haben der einen unterstützt finde ich persönlich für junge Friseure auch wichtig. Meine zwei Vorbilder waren Jürgen Karl von der Umbrella Agency in München und Thomas Giller von Giller & Co in Wien.

Was unterscheidet die Friseur-Szene in England denn allgemein von der in Deutschland?
PH: Wenn du in London lebst, ist deine Karriere auf einmal international. Ich finde London ist einfach das Zentrum von allem was cool ist. Sei es Musik, Fashion, Haare…

Ist das Ansehen des Berufs „Friseur“ in England dadurch besser als in Deutschland?
PH:
Nein. Das liegt aber teilweise an den Friseuren selbst: Wir verkaufen uns oft unter unserem Wert! Schwarzarbeit spielt auch eine Rolle: Man kann nicht für 10 Euro in einer Küche Haare schneiden und sich dann wundern, warum der Job nicht hoch angesehen wird. Der Friseur muss sich als Experte verkaufen und nicht nur über Klatsch und Tratsch unterhalten. Wenn man Qualität liefert, kommen Respekt und Ansehen von selbst…

…und wie sieht es mit der Friseurausbildung selbst aus?
PH:
Die ist grundverschieden! In Deutschland wird man viel zu viel mit Maniküre, Make-up, Gesichtsmassagen usw. beschäftigt. Zur Gesellenprüfung muss man nur zwei Haarschnitte liefern… In England ist die Ausbildung viel berufsspezifischer und Lehrlinge danach haarmäßig viel fitter!

Hier werden im Prüfungszeitraum acht verschiedene Schnitte und Farben verlangt. Man lernt verschiedenste Föhn- und Styling-Techniken und muss sich nicht um Nägel oder andere Beautythemen kümmern. Außerdem kann man in Academies eine gesetzlich anerkannte Friseurausbildung machen.

Warum bist du von Deutschland nach England gezogen?
PH:
Ich habe meine Lehre bereits bei TONI&GUY in Deutschland absolviert. Damals war ich mir noch nicht so sicher, ob Friseursein wirklich mein Ding ist, obwohl ich aus einer Friseurfamilie komme. Nachdem ich aber eine Show des internationalen T&G Artistic Teams aus London gesehen habe, war ich so inspiriert von dem Beruf und wusste, dass es kein Zurück mehr gibt. London ist einfach am Puls der Zeit. Mit 24 Jahren war ich dann sowohl privat, als auch beruflich so weit um den Schritt zu wagen – und jetzt, 10 Jahre später bereue ich es keine Sekunde lang!

War es schwer für dich in London Fuß zu fassen?
PH:
Und wie! Es war anfangs wirklich hart. Ich konnte nur schlecht Englisch und die Mentalität der Engländer war auch gewöhnungsbedürftig. Man muss ständig zwischen den Zeilen lesen. Während man in Deutschland sagt „Der Schnitt gefällt mir nicht, mach‘ mal kürzer“ sagt der Engländer nur höflich „It’s fine, thanks“ und kommt nie wieder. (lacht) 

Und wie ist es jetzt? Wie sieht deine Arbeitswoche aus?
PH:
Jetzt habe ich den überwahnsinns-Job!!! Ich bin Manager der Flagship Academy und gebe 3-4 Tage pro Woche Seminare, unterrichte Kreativ- und Basiskurse und kümmere mich auch viel um die Organisation der Academy. Samstags arbeite ich im TONI&GUY Salon in Sloan Square und 1-2x im Monat bin ich auf internationalen Trips weltweit für Shows wie Fashion Week, Seminare und Kampagnen-Shootings.

Das klingt ja toll und abwechslungsreich. Was steht an für das kommende Jahr?
PH:
Ich werde mich auf dem Titel bestimmt nicht ausruhen und weiter kreative Arbeiten produzieren! Mir ist wichtig, dass man sich immer persönlich verbessert und so aufs nächste Level bringt. Man lernt nie aus. Auch die Qualität der Salons und der Academy soll stets steigen.

 

DANKE Philipp für das tolle Gespräch und alles Gute!