Credit: Markus Schmidt imSalon

01.03.2024

Pietro Macri: Ein Haarschnitt sollte bei über 100 Euro liegen

Ein Haarschnitt ist kein Zufallsprodukt, sondern immer wieder anspruchsvoll. Pietro Macri sieht hier zukünftig genderneutrale Preise und wünscht sich Friseure*, die ihre Aufgabe als Designer wahrnehmen.

Pietro Macri, PAM Hair Design Team, im Gespräch mit Katja Ottiger

"Wir müssen die Verantwortung übernehmen, Kunden zu führen und zu Veränderungen zu ermutigen."

Worin siehst du die Zukunft in der Friseurdienstleistung?
Pietro Macri:
Im guten, handwerklichen Können und in der Beratung. Wir müssen die Verantwortung übernehmen, Kunden zu erkennen und sie der Lebensumstände, der Haarqualität, dem Körperbau und dem Lifestyle entsprechend zu führen und für Veränderungen zu ermutigen. 

Was genau meint du damit?
PM:
Die Menschen sind in den letzten Jahren einfach nicht mehr gewöhnt, zu experimentieren, so wie ich das in den 90er Jahren erlebt und gelernt habe. Junge Menschen waren damals experimentierfreudig. Ob rot, grün oder gelb, ob Punk, ob Psych, ob Classic, Dauerwelle oder Strähnen - da wurde das ganze Repertoire gewählt. Im Moment stelle ich fest - ob Mutter oder Tochter, ob Teenie oder Best-Ager - beide haben gleichermaßen Extensions, Wimpern-Lashes und gewisse Tunings, so dass es keine Differenzierung mehr gibt. Und das ist unsere große Herausforderung: mit unserem fachlichen Wissen und unserer Menschenkenntnis Kunden abzuholen und zu begleiten.

Woran erkennst du, ob jemand gut Haare schneiden kann?
PM:
Das erkenne ich daran, wie jemand das Haar aufteilt und seinen Schneideplan verfolgt. Nach ein paar wenigen Linien ist klar, ob derjenige oder diejenige sauber arbeitet oder Proportionen ins Leere betreibt.

Pietro Macri beim International Masterclass Seminar in Mannheim im Januar 2024 | Credit: Andrea Ganshorn imSalon

Du educatest die Kunst der präzisen Haarschnitte. Viele Hairdresser haben großen Respekt davor. Worin liegt für dich die Magie im guten Schnitt?
PM
: Der Respekt vor präzisen Linien ist wirklich sehr groß. Das liegt wohl daran, dass wir gelernt haben, immer aus dem Bauch heraus zu arbeiten und zu sagen, du musst das so machen, weil es eben so ist! Während lange oder fedrig geschnittene Haare, die das Gesicht umspielen, als Weichzeichner dienen, haben Linien die Eigenschaft, das Auge zu fesseln und die Person in den Mittelpunkt zu stellen. Egal, ob sie auf das Kinn, das Jochbein, die Lippen oder die Nase zeigen, ob sie waagerecht oder diagonal verlaufen. Linien können Menschen zum Strahlen bringen - und das ist für mich die Magie vom präzisen Haarschnitt.

Was macht für dich ein gutes Seminar aus und worauf legst du besonders Wert?
PM:
Die Menschen, die zu uns ins Seminar kommen, sollen Spaß haben und unglaublich viel für sich mitnehmen können. Sie erlernen Philosophie und Technik, denn ein Haarschnitt ist kein Zufallsprodukt. Er ist jedes Mal wieder aufs Neue anspruchsvoll, er ist technisch planbar, zu analysieren und zu optimieren, weil der Lebensumstand einer Kundin so veränderlich ist wie das Haar in unterschiedlichen Lebensphasen auch.

Uns geht es immer auch um das Bewusstsein für Haarqualität und Haarbeschaffenheit, um Spannung und Gewichtsverlagerung, um interne und externe Linien. Wir sind große Verfechter von Simple und Basic, denn alles was wir tun, kommt aus einem ganz tiefen Fundament, das uns Sicherheit und Stabilität verschafft.

Wie geht ihr das mit den höheren Preisen an?
PM:
Unser erstes Ziel sollte sein, genderneutrale Preise zu haben. Uns liegt das am Herzen, wir heben seit Jahren sukzessive unsere Herren Haarschnitte an, um irgendwann auf ein gemeinsames Level zu kommen. Ein Haarschnitt sollte bei über 100 Euro liegen und ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten fünf Jahren bei 120 Euro sind, bis wir im Idealfall bei der Spitze von 150 Euro ankommen.

Wie kann ich einen Haarschnitt für die Kundin interessant machen?
PM:
Es ist wichtig, die Kundin richtig anzuschauen, sie sprechen zu lassen, um ihre Wünsche, Erwartungen und Ziele abzustecken und zu erfahren, wie viel Lust auf welche Veränderungen sie hat und losgelöst von all dem, sich ganz neutral all ihre Proportionen anzuschauen.

Ich denke, dies setzen Kunden voraus. Was ist deine persönliche Strategie?
PM:
Ich schaffe der Kundin ein neues Szenario: Ich nehme sie aus ihrer Sitz-Position heraus und lasse sie aufstehen, damit sie selbst ihre Gesamterscheinung wahrnehmen kann. Dabei drehe ich sie seitlich, nehme die Haare aus dem Gesicht, um die Profillinie und den Nacken anzuschauen und bespreche ein, zwei, drei mögliche Szenarien mit ihr. Das schafft bei der Kundin das Bewusstsein, dass Friseure Designer sind. Denn Designer machen nichts anderes: Sie ziehen den Stoff an deiner Schulter, zuppeln am Hosenbein … mit Haaren machen wir nichts anderes.

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Sonntag, 24.03.2024 | 10:00 – 10:30  Halle 16 | Workshopbühne 2