Credit: Thomas Rafalzyk

30.11.2016

Sascha Thomas und die immer neue Mitarbeiterbespaßung

Fakten

  • 7 Haarwerkstatt Salons
  • NEU: 1 Haarwerkstatt Black Label Salon
  • 75 Mitarbeiter davon 12 Azubis

imSalon: Welche Anforderungen stellst Du an Deine Mitarbeiter?
Sascha Thomas: "Ich bin erzogen" reicht mir. Haarefärben und -schneiden können wir jedem beibringen, aber unser Alltag lässt es nicht zu, schlechte Erziehung aufzuarbeiten. Die Lust zum Arbeiten muss vorhanden sein, denn nur wer Lust empfindet, ist auch begeisterungsfähig.
Ich habe ja die Erfahrung gemacht, dass die besten Mitarbeiter nicht immer die erfolgreichsten sind. Es gibt welche, die gehören fachlich nicht zu den Besten, aber sie können begeistern und haben Lust auf das was sie tun. Die finde ich häufiger an der Umsatzspitze als die, die fachlich bessere Auszeichnungen haben, aber nicht so viel Lust an dem was sie tun, empfinden können. Talent und Fleiß wären natürlich optimal.

"Die fachlich besten Mitarbeiter sind nicht immer die Umsatzstärksten"

imSalon: Hast Du andere Anforderungen für die Mitarbeiter von Haarwerkstatt Black Label?
100% Liebe zum Menschen und die Lust, während des gesamten Friseurbesuchs für ihn da zu sein. Sie sollten selbstbewusst, gute Problemlöser und gute Verkäufer sein.

"70% unseres Budgets für Persönlichkeitsschulungen unserer Mitarbeiter..."

imSalon: Wie förderst Du Deine Mitarbeiter?
Seit zwei Jahren geben wir 70% unseres Budgets für Persönlichkeitsschulungen unserer Mitarbeiter aus. Ich bin nicht esoterisch, aber ich glaube daran, dass dies die richtige Möglichkeit ist, die Strahlkraft des Unternehmens zu verbessern. Irgendwann hatten wir unsere Mitarbeiter auch fachlich bis unters Zahnfleisch ausgebildet. Dann geht es darum, das "was kann ich" auch verkaufen zu können.

imSalon: Wie kann man Mitarbeiter motivieren?
Wir arbeiten ja überwiegend mit jungen Menschen und hier liegt die Faszination für uns! Die Reizschwelle des "Begeistertseins" ist sehr niedrig. Sie sind passiver geworden, es fällt ihnen schwer, sich Ziele zu setzen, sie sind sehr schnell ermüdet und müssen permanent unter Strom gehalten werden. Sie begeistern sich nicht von sich heraus, sondern leben von der Bespielung. Das meine ich nicht negativ, wir müssen halt mit dem arbeiten was da ist. Der Wind weht anders, also müssen wir die Segel neu setzen. 

"Junge Menschen brauchen viel Abwechslung..."

imSalon: Wie lebt ihr diese Herausforderung?
Unsere Erfahrung zeigt, das was ich letztes Jahr gemacht habe, funktioniert in diesem Jahr nicht wieder. Junge Menschen sind es gewohnt viele Sachen gleichzeitig machen zu können, sind schnell zu begeistern, brauchen aber auch viel Abwechslung. Abgesehen von den kleinen, internen Spielen und den Battles untereinander, können unsere Mitarbeiter Reisen gewinnen, eine Zeitlang mit der Haarwerkstatt Vespa rumfahren, etc. Ich finde es ganz wichtig, dass wir Ziele definieren, damit wir wissen, welchen Weg wir gemeinsam gehen wollen und wo wir ankommen möchten. 

"Ich bin auch mal gut ausgebildet worden und war dann irgendwann weg"

imSalon: Hilft das, um die Mitarbeiter im Unternehmen zu halten?
Der Mitarbeiter, der heute bei uns ist, kann in drei Monaten irgendwo ganz anders sein oder aufhören, ohne überhaupt was Neues zu haben. Für uns früher noch undenkbar. Durch ständige Angebote versuchen wir den Mitarbeiter zu begeistern, aber manchmal kommen auch Dinge ans Tageslicht, die man eigentlich nicht wahr haben will oder der Mitarbeiter in den man viel investiert hat, geht plötzlich. Was man auf keinen Fall machen darf aus dieser Erfahrung zu sagen: "Das mache ich nicht mehr, die war ja dann weg." Ich bin auch mal gut ausgebildet worden und war dann irgendwann weg.

imSalon: Das klingt, als könntest Du mit Verlusten lockerer umgehen als andere..
Es bleibt mir nichts anderes übrig. Ich könnte daran verzweifeln oder auch heulen, aber was bringt mir das? Auch ich habe schon ganze Mannschaften innerhalb von 14 Tagen verloren. Gottlob, jeder Mensch ist frei! Das ist mein unternehmerisches Risiko. Ich hätte es auch gern leichter, aber das Problem haben alle - nicht nur die Friseurbranche.

imSalon: Hast du Kontakt zu Innung und Zentralverband?
Ich wüsste nicht, was mich das nach vorne bringt. Ich sehe und höre von beiden nichts, was den Friseurberuf attraktiver macht. Die Innung halte ich für einen sehr schwerfälligen Verein, da war ich lange Mitglied und bin mittlerweile ausgetreten.

"Für mich ist die Innung so unnötig wie ein Taubenzuchtverein"

imSalon: Warum?
Es gab eine Auszubildende, die hatte eine Lernschwäche. Das war eine sehr liebe Person und war immer am Ball, da wo andere schon lange aufgegeben hätten. Zweimal ist sie durch die Prüfung gerasselt und beim dritten Versuch hat man ihr vor der Prüfung geraten, sich doch einfach ohne Prüfung anstellen zu lassen. Ok, dann dachte ich, wenn sowas von der Innung kommt, dann haben die ihren Lehrauftrag aus meiner Sicht nicht erfüllt und bin ausgetreten. Was hört und sieht man denn von der Innung? Für mich ist die Innung so unnötig wie ein Taubenzuchtverein.

imSalon: Und der Zentralverband?
Da passiert doch auch nichts. Als wir 2015 mit unserer Kampagne "Werde einer von wir" für Nachwuchs geworben haben, dachten viele es wäre die Werbung eines Zentralverbandes oder der Industrie. So etwas würde ich auch erwarten. Aber nee, das haben wir alleine auf die Beine gestellt. Vom Zentralverband kommt da nichts.

imSalon: Eure Aktion war wirklich großartig.
Ja, sie hat uns viel gebracht, aber war auch teuer und wiederholen brauchen wir sie nicht. Die Leute schauen nicht mehr um sich, wenn sie auf der Straße oder an der U-Bahn stehen, sondern nur noch auf ihr Handy. Jetzt inserieren wir online, z.B. auf www.jokira.de

"Manchmal hilft es, kein Friseur zu sein"

imSalon: Du bist als Quereinsteiger mit 30 Jahren in der Friseurbranche gelandet. Siehst Du das als Vorteil?
Manchmal habe ich das Gefühl, es könnte ein Vorteil sein. Ich habe vor Kurzem mit ein paar guten Friseurunternehmern zusammen gesessen, da hat man mich nach den Öffnungszeiten vom neuen Salon gefragt. Ich habe aufgezählt von-bis... und Mittwoch geschlossen. "Wie, Mittwoch geschlossen?" Wir öffnen an 5 Tagen, Mittwochs ist der umsatzschwächste Tag also schließen wir Mittwoch. Wann habt ihr denn zu? "Montag" Und wann ist euer schwächster Tag? "Mittwoch!" (lacht) In solchen Moment denke ich, dass es hilft, kein Friseur zu sein.

"Mit den richtigen Mitarbeitern kannst du in einer dreckigen Garage Millionenumsätze machen und mit den falschen im Marmorpalast pleite gehen"

imSalon: Was findest Du in der Friseurbranche im Moment am spannendsten?
Was sich etablieren wird! Seit Jahren heißt es, das mittlere Preissegment fällt weg. Ich glaube, wegfallen werden die, die keine klare Aussage haben. Spannend wird sein, ob wir es schaffen den Friseurberuf jetzt auf ein anderes Niveau zu bringen. Mit den richtigen Mitarbeitern kannst du in einer dreckigen Garage Millionenumsätze machen und mit den falschen im Marmorpalast pleite gehen. Das gute Spiel zusammen ist das was es ausmacht.

imSalon: Was wünschst Du Dir für die Zukunft?
Ich kann nicht sagen, dass ich wunschlos glücklich bin. Ich halte aber auch nicht an Wünschen fest - wenn ich merke, es haut nicht hin, dann wird was geändert! 

imSalon: Welche Erfahrung würdest Du gerne machen?
Ich hätte gerne, dass irgendwann eine neue Generation kommt und einen Teil meiner Aufgaben übernehmen will und ich dann dabei zugucken kann, was die daraus machen. Dieser Abstand und Mut etwas loszulassen, das glaube ich, wäre eine schöne Erfahrung, die ich in meinem Leben noch machen möchte. 

imSalon: Vielen Dank für deine Zeit und viel Erfolg mit eurem neuen Salonkonzept

Interview von Birgit Senger