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20.04.2020

Sascha Rohn steigt auf 6-Tage-Woche um

JETZT sollten wir unser Selbstwertgefühl steigern, die Situation als Chance für unsere Branche nutzen und Preise neu kalkulieren, um aus der Billigschiene rauszukommen.

Das Telefoninterview führte Katja Ottiger

Dein Berliner Salon wurde erst im November eröffnet, du hast 2 Mitarbeiter. Wie geht’s dir im Moment?
Sascha Rohn: Mir geht es gut, ich sitze zu Hause und bin entspannt. Ich habe Sachen erledigt, die mal gemacht werden mussten und ich habe mich menschlich weitergebildet. Dazwischen höre ich Business-Podcasts. Gedanken mache ich mir bereits über Muttertag, Weihnachten und was so kommt.

Apropos Mitarbeiter. Wie ist der Stand bei dir?
SR:
Ich habe meine Mitarbeiter auf Kurzarbeitszeit gesetzt, das war für mich DIE Lösung! Ich habe den Zuschuss online beantragt, das ging relativ unkompliziert. Ich muss den Ämtern wirklich hoch anrechnen, dass innerhalb von drei Tagen das Geld am Konto war! Jetzt schauen wir, dass wir damit die Fixkosten decken können. Und ich bin sehr gespannt, ob es Überprüfungen geben wird. Es gibt sicher einige, die das Geld zu Unrecht beantragt hatten.

Stehst Du mit Deinen Mitarbeitern in Kontakt?
SR:
Gestern hatten wir ein Meeting im Salon, natürlich unter Einhaltung aller Hygienemaßnahmen. Es ist ein gutes Gefühl, dass sie alle meine Entscheidungen mittragen.

„…im Mai eine 6-Tage-Woche einführen.“

Re-Start! Was sind deine Pläne?
SR:
Wir haben beschlossen, im Mai eine 6-Tage-Woche einzuführen. Erst einmal kurze Tage, die wir je nach Bedarf stretchen können.

Wie bereitet ihr euch auf die Hygienemaßnahmen vor?
SR:
Ich lasse 20 Mundschutzmasken von meiner Mutter nähen, für meine Mitarbeiter und Kunden, die keine eigenen mitbringen. Die werden nach jedem Gebrauch gewaschen und eventuell in die Mikrowelle gelegt, um die Keime abzutöten.

Wir werden genug Abstand zwischen den Plätzen schaffen, da haben wir zum Glück kein Problem. Handtücher und Kimonos werden ohnehin nach jedem Kunden gewaschen und die Plätze und Werkzeuge desinfiziert. Hier überlege ich, die in den „Hot-Cabbie“ (Kompressen- und Handtuchwärmer aus der Kosmetik, teilweise mit Hitzesterilisator ausgestattet, Anm.) zu geben. Das muss ich noch testen.  

Und der Kundenumgang?
SR: Keine Küsschen,Umarmungen, kein Händeschütteln und keine Handmassagen, die wir sonst gern beim Farbe einwirken lassen, anbieten. Wimpern- oder Augenbrauenfärben werden wir auf Pause setzen, das ist mir ehrlich gesagt, auch zu nah.
Wir arbeiten nur auf Termin und planen so, dass zwischen den Kunden genügend Zeit ist und es nicht zu Überschneidungen kommt.

„…nicht im Salon warten, bis sie dran sind.“

Und Laufkundschaft?
SR:
Die bekommen einen Termin und dürfen nicht im Salon warten, bis sie dran sind. 

Warst du eigentlich Pro oder Contra Salonschließung? Da war die Branche ja geteilter Meinung.
SR:
Ich war für die Schließung. Ich kann auch sagen warum: Ich habe Heuschnupfen und war in den Tagen vor den offiziellen Schließungen in der Apotheke, um mir etwas dagegen zu holen. Die Frau in der Apotheke stand damals schon mit komplett mit Mundschutz und Handschuhen hinter einer Plexiglasscheibe. Ich bin damals zurück in den Laden und dachte mir: Ja, eigentlich will ich meinen Kunden auch nicht mehr näherkommen. Wir haben dann gleich angefangen, die Kunden umzuschlichten. Ich hatte bemerkt, dass es Kunden auch schon unangenehm war, noch vorbei kommen zu müssen. Wir haben dann auch relativ schnell, am Freitag vor den Schließungen, zugesperrt. Hätte ich es mir leisten können, hätte ich noch früher geschlossen.

Aber die Bundesregierung und auch der Zentralverband signalisierten anfangs, dass Friseure systemrelevant sind, weil sie, ähnlich dem Kranken- und Pflegepersonal hygienisch geschult sind.
SR: Der verlangte Mindestabstand war von Anfang an das Problem! VerkäuferInnen beispielweise haben die Möglichkeit, Abstand zu halten, wir hätten das nicht. Und auch, wenn wir von Hygiene mehr verstehen als andere Berufsgruppen, sind wir nicht mit psychischen Tools geschult, um mit einer solchen Krisensituation/Pandemie und der medialen Angstmache umzugehen.

„Preise neu kalkulieren, um aus der Billigschiene rauszukommen.“

Wie stehst du zu Aktionen und Angeboten?
SR:
Mag ich nicht, man sollte erkennen, wie wichtig wir sind und die Preise neu kalkulieren, um aus der Billigschiene rauszukommen.

Preiserhöhung?
SR:
Ich arbeite bereits im hohen Preissegment! Ein Herrenhaarschnitt kostet bei uns zwischen 60-80 Euro, ein Damenhaarschnitt zwischen 75-85 Euro. Das ist, wie ich finde, eine  zeitgemäße Bezahlung für eine Arbeitsstunde. Bis vor der Schließung im März hatten wir 20 % Umsatzzuwachs und waren damit voll im Plan. Aber klar, jetzt muss Geld rein und wir alle wissen, der Bedarf ist da. Man sollte beim Kalkulieren auch bedenken, dass es jetzt zu Mehrausgaben kommen kann, wenn wir die Zeiten stretchen: die Hygienemaßnahmen erfordern mehr Zeit zwischen den Kunden, Überstunden, das Licht brennt länger … 

"JETZT sollten wir unser Selbstwertgefühl steigern,
die Situation als Chance für unsere Branche nutzen“

Kann die Branche sich verändern?
SR:
Ich glaube, die ganze Welt wird sich verändern, das hoffe ich jedenfalls. Dass die Menschen achtsamer mit der Umwelt umgehen, und dass wir die ganze „Chemie-Labor-Future“ abhaken.
Angebot und Nachfrage! Wir merken doch gerade jetzt, dass wir gebraucht werden. JETZT sollten wir unser Selbstwertgefühl steigern und die Situation als Chance für unsere Branche nutzen.
 

Sascha Rohn ist:

  • Saloninhaber ROHN.BERLIN
  • National Education Team Member und HairInfluencer bei Schwarzkopf Professional