10.01.2025
„One-(Wo)Man-Betriebe sichern nicht die Zukunft unseres Handwerks“
Heike Hilbig bildet gerne aus und sieht sich gefordert aktiv etwas gegen den Fachkräftemangel zu unternehmen. Dafür fordert sie aber starke Unterstützung und eine allgemeine Ausbildungsumlage.
Heike Hilbig, Inhaberin Haareszeiten Olpe, im Zukunftsgespräch
Wie schafft Ihr es, gute MitarbeiterInnen langfristig bei Euch zu behalten?
Heike Hilbig: Um die Bindung unserer MitarbeiterInnen an uns zu stärken, setzen wir auf ein durchdachtes MitarbeiterInnen-Management sowie eine gezielte Positionierung als attraktive Arbeitgebermarke. Durch unsere Positionierung präsentieren wir uns als glaubwürdiger Arbeitgeber, der nicht nur auf ein faires Gehalt und Karrierechancen Wert legt, sondern auch auf eine positive Unternehmenskultur und auf ein hochwertiges Service- und Produktangebot. Mit Hilfe dieser Arbeitgeberstrategie fördern wir die Motivation, Loyalität und Leistungsbereitschaft im Team.
Welche konkreten Maßnahmen setzt ihr dafür um?
HH: Wir legen großen Wert auf Authentizität, Wertschätzung, Anerkennung und eine offene Kommunikation. Regelmäßige Teammeetings und Personalentwicklungsgespräche sind feste Bestandteile unserer Kultur. Zudem fördern wir eine konstruktive Fehlerkultur und beziehen unsere MitarbeiterInnen aktiv in Entscheidungsprozesse ein.
Ihr bildet aus! Wie schafft ihr es, den von allen begehrten Nachwuchs auf euch aufmerksam zu machen?
HH: Für den Nachwuchs haben wir Bewerbungsbarrieren abgebaut. Dazu gehört die Schaffung schneller und moderner Bewerbungsmöglichkeiten, beispielsweise über WhatsApp, Videoanrufe oder Social Media. Auf unserer Homepage kommunizieren wir die offenen Stellen sowie ihre Benefits. Wir bekommen mittlerweile annähernd 100 % unserer Bewerbungen über Plattformen wie Instagram, Facebook und TikTok. Ich brauche keinen klassischen Lebenslauf mehr. Um talentierte MitarbeiterInnen zu gewinnen, arbeiten wir außerdem eng mit Schulen zusammen und beteiligen uns an Infotagen, Praktikaangeboten und Berufsmessen. Zusätzlich punkten wir auch mit übertariflicher Bezahlung, regelmäßigen Gehaltsanpassungen sowie zusätzlichen Benefits (JobRad, Sachbezüge), flexiblen Arbeitszeiten und zahlreichen Weiterbildungsangeboten bei Interessenten.
Wie ist das MitarbeiterInnen Management in Ihrem Salon aufgebaut?
HH: Unser MitarbeiterInnen Management basiert auf klaren Prozessen, die eine strukturierte Einarbeitung und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Wir haben einen Onboarding-Prozess, der neue MitarbeiterInnen umfassend ankommen lässt und die Möglichkeit bietet, innerhalb der hierarchischen Eingruppierung zu wachsen. Dazu gehört beispielsweise die Ausbildung zum Diplomcoloristen sowie die Möglichkeit, früh Verantwortung zu übernehmen, etwa durch einen Meistertitel oder eine Rolle als Ausbilder. Führungskräfte sind bei uns fachliche und empathische AnsprechpartnerInnen für Team und Nachwuchs.
Warum ist es für Sie wichtig, weiterhin auszubilden?
HH: Wir bilden weiterhin aus, weil wir dem Fachkräftemangel aktiv entgegenwirken müssen. Durch die Ausbildung junger Talente ziehen wir nicht nur ein jüngeres Publikum an, sondern generieren darüber auch Neukunden. Teams entwickeln tolle neue Dynamiken. Ausbildung ist wichtig, um Erfahrung und Kompetenz an die nächste Generation weiterzugeben. „One-(Wo)-Man“-Betriebe sichern nicht die Zukunft unseres Handwerks. Hier ist es wichtig, dass Betriebe, die ausbilden, besser unterstützt werden, z.B. durch eine allgemeine Ausbildungsumlage. Eine weitere Überlegung kann sein, die Ausbildung auch an Friseurschulen auszulagern, um sicherzustellen, dass wir durchgängig das Ausbildungsniveau anheben.
Was macht einen erfolgreichen Salonunternehmer für den „Salon der Zukunft“ aus?
HH: Erfolgreiche SalonunternehmerInnen müssen bereit sein, das individuelle Salonkonzept regelmäßig zu hinterfragen, um auf Veränderungen im Markt sowie auf individuelle Kundenwünsche zu reagieren. Zentrale Aspekte sind dabei Nachhaltigkeit, Authentizität und auch Spezialisierung auf bestimmte Dienstleistungen. Ein Salon, der sich durch persönliches Auftreten und echte Zuwendung zu seinen Kunden und auch Spezialisierung auszeichnet, hat die besten Chancen, sich in der Zukunft zu behaupten. Immer vorausgesetzt, dass er über eine sinnvolle und rentable Preispolitik verfügt.
Was wünschen Sie sich von Industriepartnern und der Politik, um weiterhin erfolgreich ausbilden zu können?
HH: Von der Politik wünschen wir uns allgemein mehr Anerkennung und Respekt für das Berufsbild der Friseure. Eine überbordende Bürokratie und Restriktionen, die die Weiterentwicklung des Unternehmens behindern, sollten überdacht werden, ebenso wie die Prüfungsanforderungen, die oft nicht mehr zeitgemäß sind. Zudem brauchen wir ein faires Wettbewerbsumfeld mit einer Vereinheitlichung der Steuergesetze.
Von unseren Industriepartnern erhoffen wir uns noch mehr Angebote für Auszubildende sowie die Etablierung von Ausbildungszentren in Zusammenarbeit mit dem Staat. Nur so können wir sicherstellen, dass wir auch in Zukunft qualitativ hochwertige Fachkräfte ausbilden und im Salonbetrieb erfolgreich bleiben.
Danke, Heike Hilbig und weiterhin viel Erfolg mit Deinem weitsichtigen Mitarbeiter-Management.
Am 27.1.2025 kämpfen wir gemeinsam für die Zukunft der Friseurinnen und Friseure, seid dabei beim ► Zukunftskongress! Heike Hilber könnt ihr persönlich treffen in der Kao-Lounge im großen Saal der Bolle Festsäle.
Mehr Infos, Tickets und Programm
Alle weiteren Infos zum Zukunftskongress sowie das Programm findet ihr hier
► Zukunftskongress 2025
Unterstützer und Partner Zukunftskongress 2025
Ein besonderer Dank geht an unsere Unterstützer und Partner in einer großen Sache für das Friseur-Handwerk:
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