Credit: Mathias Bothor

15.12.2016

Max Höhn - der Astrofriseur, der keiner ist

Am Anfang des Jahres schaut man besonders gern in die Sterne. Max Höhn, Autor des Buchs "Der Astrofriseur", erzählt wie man zwischen Tierkreiszeichen, Häusern und Aszendenten lernt, die Empathie vors Ego zu stellen...

imSalon: Wann wurden Sternzeichen für Dich als Friseur interessant?

Max Höhn: Dazu gibt es eine kleine Geschichte. Ich stand kurz vor der Gesellenprüfung, quasi vollgepumpt mit Fachwissen, und gönnte mir einen Haarschnitt in einem hippen Salon. Der Friseur fragte mich nach meinem Sternzeichen und erzählte was von "stur" und so. Ich dachte "so ein Quatsch!" und habe ihm erzählt, dass ich auch Friseur bin.

"Na wäre das nichts für dich? Frag doch mal deine Kunden nach dem Sternzeichen", gab mir dieser Friseur mit auf den Weg und das ging mir irgendwie nicht mehr aus dem Kopf. Irgendwann fing ich an, Menschen nach ihren Sternzeichen zu fragen und stellte fest, dass ich viel schneller Zugang zu ihnen fand.

imSalon: Was meinst Du mit "Zugang"?

MH: Oft frage ich Kunden nach ihren Wünschen und es kommt sowas wie "Ich bin mir nicht sicher, vielleicht Spitzenschneiden". Wenn du kreativ arbeitest, arbeitest du nicht mit dem Wort "Spitzenschneiden", sondern mit dem Wort "vielleicht". Um da weiter zu kommen, brauchst du eine engere Verbindung und hier bringt mich die Frage "Was bist du für ein Sternzeichen?" schnell weiter. Man kommt leichter ins Gespräch und ich zeige ihnen, dass ich mich für sie interessiere. Ich kann sie besser verstehen.

imSalon: Wieviel "Astrofriseure" gibt es?

MH: Weiß ich nicht, ich kenne nur mich (lacht). Ich finde auch nicht, dass ich ein Astrofriseur bin. Das hört sich zu reduziert an, denn die Astrologie ist nur ein Werkzeug. Ich treffe oft Kollegen, die mein Buch gelesen haben und gut finden, aber nur wenige lassen sich auf die Erfahrung ein, ihre Gäste auch nach dem Sternzeichen zu fragen. Ich würde mich freuen, wenn das mehr machen würden.

"Ich konnte nicht arbeiten, aber ich konnte schreiben"

imSalon: Wie bist Du darauf gekommen, ein Buch über Sternzeichen und Frisuren zu schreiben?

MH: Ich habe schon lange einen Verlag, für den ich Drehbücher schreibe. Dieser kam auf mich zu und sagte: Schreib uns doch das Buch "Der Astrofriseur". Erst fand ich die Idee nicht so gut, weil es sich so reduziert und dogmatisch anhört. Ich habe fünf Jahre gebraucht, um die Idee gut zu finden, fand dann aber keine Zeit zum Schreiben. Kurz darauf bekam ich einen Burnout - ich konnte nicht arbeiten, nicht fernsehen, nicht auf den Computer schauen. Aber was ging: Ich konnte schreiben - einem Bleistift hinterherschauen, das ging. Also legte ich los und so ist dieses Buch recht schnell entstanden.

imSalon: Du hast zwischendurch auch als Schauspieler gearbeitet. Warum bist Du wieder zum Friseurberuf zurückgekehrt?

MH: Was ich wirklich wollte, war das Glück in meinem Leben zu verankern. Jede Stunde ein positives Feedback zu bekommen gibt mir definitiv mehr, als wenn ich auf der Bühne stehe und jeden Abend dasselbe spiele. Haareschneiden macht mich am glücklichsten.

imSalon: Wie bist Du dann zur Schauspielerei gekommen?

MH: Dass ich Schauspieler werden will, war schon als Kind klar. Ich bin mit einer Film-Oma aufgewachsen, da gab es gar keine anderen Überlegungen, da stand fest: Ich werde Schauspieler und will zum Film. Mit 15 Jahren hatte ich die Schule geschmissen, war aber für eine Schauspielschule noch zu jung. Meine Mutter hat mich zu einer Berufsberatung geschleppt und der Test dort ergab Berufe wie Schauspieler, Friseur oder Koch. Alles Service-Sachen, die ja Stieren liegen.

imSalon: Und in Genf fing dann alles an..?

MH: Einen Teil meiner Ausbildung habe ich bei Alexandré de Paris gemacht. Er klatschte manchmal ganz zart in die Hände, er musste nichts sagen und man wusste genau, was als nächstes passieren wird. Es gab dort Regeln, wie man vor dem Gast stehen soll, dass man die Hände nicht vor dem Körper hat und nicht auf einem Bein stehen darf. Es gab ganz einfache Höflichkeitsformeln, die von einer ganz tiefen Wertschätzung geprägt waren. Es ging immer um die Sache und nie um das eigene Ego.

imSalon: Wie kamst Du dann zurück nach Deutschland?

MH: Der andere Teil meiner Lehre war in Boppard am Rhein. Dort gab es einen ganz anderen Drill. Hier hab ich nicht nur mein Friseurhandwerk gelernt, sondern auch mal Tapeten abgerissen und Fußleisten angebracht. Damals hab ich mich da wahnsinnig drüber geärgert und dachte, dass ich das nie brauchen werde, aber im Nachhinein war das alles genau richtig.

imSalon: Wie siehst Du die Friseurausbildung heute?

MH: Ich bin der Meinung, einen Mensch in drei Jahren auf das Leben in einer Berufswelt vorzubereiten, das ist was total Geiles. Das ist eine so tiefe Verantwortung, die man da eingeht. So wie die Gesetze im Moment in Deutschland sind, das Nichthandeln der Innung und die Einflüsse der Gewerkschaft, verhindern, aus meiner Sicht, so viele wirklich wichtige Erfahrungen. Berufsausbildungen werden gekürzt, Berufe zusammengelegt, Meisterprüfung ohne Berufserfahrung zugelassen, viel zu früh fangen junge Menschen an zu studieren. In den Salons hat sich daher leider auch einiges verändert. Oft finden sich zusammengewürfelt lauter kleine Egos. Da geht es nicht mehr darum, das große Ganze und das Beste für den Gast zu erreichen

imSalon: Wie findest Du heute Regeln für Dich im Leben und im Berufsalltag?

MH: Regeln machen das Leben ganz klar leichter. Fängt an mit kleinen "Tablettregeln": Wie serviere ich ein Getränk. Jeder weiß, das sieht immer so aus, darüber musst du dir keine Gedanken mehr machen. Klare Regeln lassen mir Freiraum für Kreativität.

imSalon: Welche Sternzeichen mögen Veränderungen und welche eher nicht?

MH: Der Krebs mag meistens weniger Veränderung und dann nur, wenn er sich sicher fühlt. Der Stier hasst Veränderung - manchmal mögen sie zwar das Gefühl der Veränderung, aber wollen am nächsten Morgen nicht damit aufwachen, das ist wirklich schwierig. Die Jungfrau liebt Veränderung, wenn sie über den Intellekt läuft. Ein Schütze kommt zum Friseur und sagt "Schneid' mir ne Glatze, ich hab meine Kopfhaut noch nie gesehen." Der Löwe liebt lange Haare oder es muss wild sein. Es gibt Regeln, die kann man wunderbar anwenden. Aber nicht immer natürlich.

"Der Schütze kommt zum Friseur und sagt: Schneid' mir ne Glatze, ich hab' meine Kopfhaut noch nie gesehn"

imSalon: Weißt Du immer in welcher Mondphase sich welches Sternzeichen im Moment befindet?

MH: Nee, das wäre mir zu esoterisch. Ich gehöre auch nicht zu denen, die sagen, im Jungfrau- oder Löwe-Mond wächst dein Haar schneller. Klar, das kann schon sein. Ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, das es so war. Aber ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, wenn Du an einem besonderen Mond einen Friseur mit Liebeskummer hast, dann ist das immer noch ein Friseur mit Liebeskummer. Du wirst dann wahrscheinlich nicht den besten Haarschnitt deines Lebens bekommen. Unsere Arbeit ist organisch und das ist auch gut so!

imSalon: Was bringt es Friseuren Dein Buch zu lesen?

MH: Ich hoffe ein Augenzwinkern, einen anderen Blick auf den Beruf, der hoffentlich nicht zu esoterisch oder dogmatisch rüberkommt. Es wäre schön, wenn die Friseure verstehen, das Astrologie ein Werkzeug sein kann, den Kunden besser zu verstehen, ihm Interesse zu zeigen und mehr mit Empathie und weniger Ego zu arbeiten.

imSalon: Du hast Dich im Salon für Joico entschieden. Was gefällt Dir an der Marke?

MH: Ich kenne Joico schon seit den 90ern aus Los Angeles. In den USA ist Joico ja die drittgrößte Marke, ich verstehe gar nicht, warum in Deutschland nicht mehr damit gearbeitet wird. Vielleicht liegt es daran, dass die Produkte etwas teurer sind?. Aber manchmal lohnt es sich mehr Geld auszugeben. Joico hat die besten Farben, die ich kenne. Zur mir kommen viele Menschen, die beim Film arbeiten und für die eine Rolle braune Haare brauchen und für die nächste blonde Haare. Da leidet das Haar natürlich, aber mit den Joico Farben habe ich dennoch ein gutes Gefühl.

imSalon: "Haarschnitt heute wie immer?" Würdest Du sagen, das ist aus Prinzip eine falscher Frage?

MH: Ich finde das total idiotisch so etwas nicht sagen zu dürfen. Alles was ein Dogma darstellt ist totaler Quatsch. Ich finde es auch wichtig, dass der Friseur das akzeptiert, wenn einer nur Spitzenschneiden möchte. Das ist die Kunst, zu erspüren, was der Kunde will.

Hierzu biete ich ein Mal im Jahr einen Workshop in meinem Salon an. Dabei geht es darum, mit dem ersten Satz des Gastes zu arbeiten, Empathie zu entwickeln, Empathie in den Vordergrund zu stellen und nicht das Ego. Friseure besitzen oft die Gabe sehr gut Empathie entwickeln zu können, aber wir müssen auch lernen unsere Arbeit nicht persönlich zu nehmen.

imSalon: Wie viel Zeit nimmst Du Dir für einen Gast?

MH: Wir haben klar unsere festen Zeiten. Für einen Haarschnitt plane ich 1,5 Stunden ein. Kommt der Kunde sechs mal im Jahr, zahlt er ab dem 6. Haarschnitt einen Treuepreis und ich plane auch weniger Zeit ein. Wenn ich mir so oft ausführlich Zeit genommen habe, kenne ich Haar und Kundin so gut, dass ich mit gutem Gewissen sagen kann, dass ich für eine perfekte Arbeit weniger lange brauche.

imSalon: Was macht Deinen Erfolg aus?

MH: Dass ich immer das mache, worauf ich Lust habe und wovon ich überzeugt bin. Die Male in meinem Leben, wo ich das nicht getan habe, ist es auch nicht so gut gegangen.

imSalon: Deine Wünsche fürs neue Jahr?

MH: Ich wünsche mir definitiv mehr Mitarbeiter. Mein Terminbuch ist so voll, ich könnte gut noch drei gute, professionelle Leute gebrauchen.

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Photocredit SalonbildTom Tomcyk | www.himbeertoni.de