Credit: Zur Verfügung gestellt von Martin Spork

16.06.2017

Martin Spork: Barberstuhl statt U-Boot und Marine

Der Barber Hype flacht ab und trotzdem setzt er drauf. Er will nicht die Nische, er will die Mitte und Barbiere verstärket in die Ausbildung.

Fakten:

  • gelernter Stahlschiffsbauer | U-Boot-Fahrer bei der Marine
  • 1-jährige Ausbildung Pivot Point, Meisterprüfung
  • 1 Salon | 300 m2 | Eröffnung 2010
  • 11 Mitarbeiter | 3 Meister | 4 Gesellinnen | 4 Azubis
  • Martin Spork BARBIER: 3 Plätze | HAARMANUFAKTUR: 12 Plätze

www.friseur-euskirchen.de

imSalon: Ihr seid bewusst am Stadtrand, weniger Hektik, mehr Parkplätze. Wie wirkt sich das auf eure Kunden aus?
Martin Spork: Total entspannt, viele kommen her, weil Sie ihre Ruhe haben wollen. Hier fühlt man sich wie auf einer Insel.

Auf eurer Insel gibt es eine Oase für Frauen und eine für Männer. Du bist überzeugt davon, dass beides auch unter ein Dach gehört.
Als ich 2007 anfing mich für den Friseurberuf zu interessieren, begann der Hype um die Barbershops gerade erst. Ich habe es immer vermisst, dass man beim Friseur auf die Bedürfnisse der Männer eingeht. Duschen nach dem Friseurbesuch wegen quälender Schnitthaare, muss das sein? Deshalb: nochmaliges Nachpflegen, Bartformen und Bartpflege, Nassrasur, hier besteht Bedarf.

Wo hast Du das alles gelernt?
Mein Grundwissen: Wie schärfe und pflege ich ein Rasiermesser, Rasieren mit dem Messer, Herrenhaarschnitte habe ich mir von dem Vater und Großvater eines meiner Ausbilder beibringen lassen. Ich hatte mich für eine einjährige Friseurausbildung bei Pivot Point entschieden. Während meiner Ausbildung habe ich mich oft gefragt: "Wann geht es hier eigentlich mal um uns Männer?". Im Friseurberuf ist das Bewusstsein ja sehr stark auf Frauen ausgerichtet: Föhntechniken, Färbetechniken, Pflegeprodukte …

Rasierseminare sind auch bei Kunden gefragt...

Können eure Auszubildenden das alles auch von Dir lernen? 
Klar, wenn Sie daran Interesse haben, zeige ich es ihnen. Rasierseminare sind allerdings nicht nur bei meinen Auszubildenden gefragt, sondern auch bei meinen Kunden. Die nächsten beiden Termine sind ausverkauft.

Wie findest Du das duale Ausbildungssystem?
Sehr gut, allerdings sollten die Lerninhalte erweitert werden. Bartformen, Nassrasur, Herrenhaarschnitt, dafür sollte man sich genauso qualifizieren können, wie für Coloration, Haarverlängerung oder Nageldesign.

"Frauen und Männer gehören beim Friseur unter ein Dach."

Gibt es in deinem Barbershop ein Verbotsschild für Frauen?
Auf keinen Fall! Ich finde Frauen und Männer gehören beim Friseur unter ein Dach. Sie sollen nur nicht wild gemixt nebeneinandersitzen. Während der Beratung und Bedienung sollten Frauen und Männer ihren eigenen Bereich haben. Bei uns ist der Barbershop gut einsehbar. Ohne Frauen würde mein Salon nicht funktionieren, denn die sind es doch, die die Männer zu mir schicken.

Sind Männer die besseren Barbiere?
Auf keinen Fall. Ich habe tolle Kolleginnen an meiner Seite, die beweisen, dass auch Frauen tolle Barbiere sein können.

Wie muss die Einrichtung aussehen, damit sich Männer wohl fühlen?
Da wir in einer alten Tuchfabrik sind, fasziniert allein schon die Architektur des Gebäudes. Viel Stahl und Holz gefällt den Männern sicherlich gut. Wenn man sich genauer umsieht, ist es bei uns wie in einer Wohnung eingerichtet, eben so, dass sich alle wohl fühlen können. Ein Mix aus unterschiedlichen Materialien und Ecken, die einen eher männlich, die anderen haben einen weiblichen Touch.

Herr Esser (Präsident Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks, Anm.) sagte vor Kurzem im Interview der Frankfurter Rundschau: "Barber Shops bieten meist nur 4-5 Haarschnitte in einem bestimmten Stil, da ist für mich keiner dabei." Kannst du das nachvollziehen?
Ich denke, das Problem ist, dass sich Barbiere oft zu stereotyp darstellen. Viele denken sofort an tätowierte, bärtige Männer und sich ähnelnde Haarschnitte. Das ist natürlich vielen Männern zu speziell und nicht in der Mitte.

Wie sieht die Mitte für dich aus?
Jeder Mann muss sich wiederfinden können. Gutes Beispiel war für mich der Messeauftritt von Glynt mit Graham Hill in Düsseldorf. Glynt hat sich mit den Produkten nicht in die "Retro Barber Backsteinecke" gedrängt, sondern hat sich sehr klar, aufgeräumt und modern unter einem Dach mit allen anderen präsentiert. Das ist für mich der richtige Move. Raus aus der Nische. Ich möchte als Barbier keine Sonderstellung, sondern in der Mitte des Friseurhandwerks integriert werden. 

Welches Produkt gefällt dir besonders gut?
Ich bin kein Freund von Lieblingsprodukten, denn ich möchte ja für jeden das Passende finden. Aber es gibt den Allrounder "Face and Beard Balm" von Graham Hill! Das richtige Produkt für alle Menschen, die sich stylen oder rasieren.

"Schön, wenn vom Hype bleibt, dass die Dienstleistung Mann mehr bietet, als Haare schneiden für 15 Euro."

Wie siehst du die Zukunft für die Barbershops?
Der Hype wird abflachen, hat aber das Bewusstsein für die Dienstleistung am Mann sicherlich nachhaltig verstärkt. Die Szene wird klein bleiben. Am Rand wird weiterhin Vieles funktionieren, Pediküre, Kosmetik, Waxing... Wäre doch schön, wenn von dem Hype wenigstens so viel bleibt, dass die Dienstleistung für den Mann im Friseursalon mehr bietet, als schnelles Haare schneiden für 15 Euro.

Wie wichtig ist für euch Onlinemarketing?
Sehr wichtig! Gerade auf Grund der Tatsache, dass wir keine Laufkundschaft haben, ist das die schönste Möglichkeit auf uns aufmerksam zu machen. Auf alles, was wir online machen, bekommen wir positives Feedback. Werbung in der Zeitung habe ich auch mal versucht, das war sehr teuer und brachte nichts. Onlinemarketing hat bei uns Bestand.

Wer kümmert sich darum?
Bei Facebook ist meine Frau sehr aktiv und hat dafür ein gutes Händchen. Instagram habe ich angefangen und beschlossen, das gebe ich besser an einen Mitarbeiter ab.

Friseur ist ein schöner Beruf weil...
wir zu den glücklichsten Arbeitern gehören. Wir können uns kreativ ausleben, haben jeden Tag mehrere Projekte und Erfolgserlebnisse. Bei uns bleibt abends keine Arbeit liegen.

In Zukunft muss der Friseur...
lernen sich selbst wertzuschätzen.

Martin, es hat viel Spaß gemacht mit dir über die Barberszene zu sprechen, obwohl du auf den ersten Blick gar nicht aussiehst wie ein Barbier.
(Lacht.) Es gibt sicherlich Kollegen, die würden mich auch nicht als Barbier bezeichnen. Aber du siehst: Barbiere müssen nicht unbedingt tätowiert sein und hinter verschlossener Tür ihr Männerding machen. 

Vielen Dank für das Gespräch, weiterhin viel Erfolg!